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Intimitaet und Verlangen

Intimitaet und Verlangen

Titel: Intimitaet und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schnarch
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beiden der Partner mit starkem Verlangen. Seiner Meinung nach wollte Connie keinen Sex. Connie war die Partnerin mit dem schwachen Verlangen. Sie hielt Brett für sexbesessen.
    Bretts und Connies Positionen hatten sich im Laufe der Zeit polarisiert, und die Spannungen zwischen ihnen waren immer stärker geworden. Brett beklagte sich bitterlich darüber, dass er seine wunderschöne Frau nicht berühren dürfe. Er fand es unfair, dass es zwischen ihnen nur zum Sex komme, wenn sie dies wolle. Wo blieben da seine Wünsche und Bedürfnisse? Brett fand, Connie halte beim Sex »den Daumen drauf« und kontrolliere ihn auf diese Weise. Er meinte außerdem, in ihrer Beziehung »laufe« generell nur das, was sie wolle, und das gelte keineswegs nur für Sex.
    Connie bezeichnete Brett als rücksichtslos, weil er sie ständig zum Sex zu drängen versuche. Seinen Vorwurf, sie dominiere die Beziehung, bezeichnete sie als Unsinn. Falls es tatsächlich so sei, dass immer nur geschehe, was sie wolle, wie könne es dann sein, dass sie sich ständig gedrängt fühle, Dinge so zu tun, wie er es wolle? Connie erklärte, Brett sei genauso wie viele andere Männer: Ihm gehe es nur um Sex.
    Brett und Connie hatten schon einmal versucht, ihre Probleme mit Hilfe eines psychologischen Beraters zu lösen, doch das war fehlgeschlagen. Nun fürchteten sie, es werde ihnen mit mir wieder so ergehen. Connie sorgte sich, ich könnte meinen, mit ihr sei irgendetwas nicht in Ordnung. Brett betrachtete mich mit Argusaugen, um auch nur das geringste Anzeichen dafür zu entdecken, dass er unfair behandelt würde. Es ist schwierig, nicht defensiv zu reagieren, wenn man glaubt, man werde als »sexuell unzulänglich« oder gar »sexfeindlich« beurteilt.  
    Sex ist keine »natürliche Funktion«
    Es ist völlig normal, dass man sich nicht gut fühlt, wenn sexuelle Wünsche ausbleiben. Wahrscheinlich halten Sie Sex für eine natürliche Funktion. Die meisten Menschen glauben, sexuelles Verlangen stelle sich bei gesunden Menschen, die einander lieben, automatisch ein. Und tatsächlich liegt es nahe, dies für eine gesunde und aufgeklärte Einstellung zu halten – für einen Ausdruck des gesunden Menschenverstandes.
    Doch wenn Sie glauben, sexuelles Verlangen melde sich »natürlich«, handeln Sie sich damit eine Menge Probleme ein: Es kann Sie unter Druck setzen, ständige Leistungsfähigkeit auf diesem Gebiet unter Beweis zu stellen. Vielleicht verlieren Sie auch den Mut oder fühlen sich sogar minderwertig, unzulänglich oder »krank«. Zudem bringt das Gefühl der Unzulänglichkeit Sie dazu, sich mit Ihren sexuellen Problemen entweder gar nicht zu beschäftigen, oder Ihre Bemühungen sind aufgrund Ihrer Haltung vermutlich zum Scheitern verurteilt.
    Wenn Sie Sex für eine »natürliche Funktion« halten, macht Ihnen die Rolle des »Partners mit dem schwächeren Verlangen« sicher keine Freude. Sie sehen sich dann als »denjenigen, der das Problem hat«. Und Ihr verlangensstärkerer Partner sieht Sie wahrscheinlich genauso. Sie fühlen sich »defekt« und unzulänglich. Niemand möchte der Partner mit dem schwächeren sexuellen Verlangen sein.
    Allerdings ist es auch nicht gerade spaßig, der Partner mit dem stärkeren Verlangen zu sein. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man ihn für den »gesunden« und den faktischen »Sex-Experten« in der Beziehung halten. Alles sieht danach aus, als hätte der verlangensstärkere Partner »kein Problem«. Weil der andere Partner so sehr in sein Gefühl, unzulänglich zu sein, verstrickt ist, bekommt er gar nicht mit, dass sich der verlangensstärkere Partner oft genauso fühlt wie er: Denn wenn Sie liebevoll, attraktiv und sexy sind, welchen Grund könnte Ihr Partner dann haben, Sie nicht völlig selbstverständlich zu wollen?
    Sieht man das sexuelle Verlangen als einen natürlichen biologischen Trieb an, schafft man noch ein anderes Problem: Es ist schwierig, selbst Sex zu wollen, wenn man das Gefühl hat, der Partner wolle nur »seine körperlichen Bedürfnisse befriedigen« – etwa so, wie man sich kratzt, wenn’s einen juckt. Zu glauben, Sex sei eine »natürliche Funktion«, hat aber noch weitere negative Auswirkungen: Diese Auffassung erzeugt nämlich solche Probleme geradezu,

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