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Irrungen, Wirrungen

Irrungen, Wirrungen

Titel: Irrungen, Wirrungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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es. Aber wenn dann die Bowle kommt und wieder leer is und wieder kommt, dann quietscht und johlt sie. Keine Idee von Anstand. Aber wo soll es auch herkommen? Sie war immer bloß bei kleinen Leuten, draußen auf der Chaussee nach Tegel, wo kein Mensch recht hinkommt und bloß mal Artillerie vorbeifährt. Und Artillerie... Nu ja... Sie glauben gar nich, wie verschieden das alles ist. Und nun hat sie der Serge da rausgenommen und will was aus ihr machen. Ja, du meine Güte, so geht das nicht, oder wenigstens nicht so flink; gut Ding will Weile haben. Aber da sind ja noch Erdbeeren. Ei, das ist nett. Kommen Sie, Kleine, wir wollen welche pflücken (wenn nur das verdammte Bücken nicht wär), und wenn wir eine recht große finden, dann wollen wir sie mitnehmen. Die steck ich ihm dann in den Mund, und dann freut er sich. Denn Sie müssen wissen, er ist ein Mann wie 'n Kind und eigentlich der Beste.«
    Lene, die wohl merkte, daß es sich um Balafré handelte, tat ein paar Fragen und frug unter anderm auch wieder, warum die Herren eigentlich die sonderbaren Namen hätten. Sie habe schon früher danach gefragt, aber nie was gehört, was der Rede wert gewesen wäre.
    »Jott«, sagte die Königin, »es soll so was sein und soll keiner was merken und is doch alles bloß Ziererei. Denn erstens kümmert sich keiner drum, und wenn sich einer drum kümmert, is es auch noch so. Und warum auch? Wen soll es denn schaden? Sie haben sich alle nichts vorzuwerfen, und einer ist wie der andre.«
    Lene sah vor sich hin und schwieg.
    »Und eigentlich, Kind, und Sie werden das auch noch sehn, eigentlich is es alles bloß langweilig. Eine Weile geht es, und ich will nichts dagegen sagen und will's auch nicht abschwören. Aber die Länge hat die Last. So von fuffzehn an und noch nich mal eingesegnet. Wahrhaftig, je bälder man wieder raus ist, desto besser. Ich kaufe mir denn (denn das Geld krieg ich) 'ne Dest'lation und weiß auch schon wo, und denn heirat ich mir einen Witmann und weiß auch schon wen. Und er will auch. Denn das muß ich Ihnen sagen, ich bin für Ordnung und Anständigkeit und die Kinder orntlich erziehn, und ob es seine sind oder meine, is janz egal... Und wie is es denn eigentlich mit Ihnen?«
    Lene sagte kein Wort.
    »Jott, Kind, Sie verfärben sich ja; Sie sind woll am Ende mit
hier
dabei« (und sie wies aufs Herz) »und tun alles aus Liebe? Ja, Kind,
denn
is es schlimm, denn gibt es 'nen Kladderadatsch.«
     
    Johanna folgte mit Margot. Sie blieben absichtlich etwas zurück und brachen sich Birkenreiser ab, wie wenn sie vorhätten, einen Kranz daraus zu flechten. »Wie gefällt sie dir denn?« sagte Margot. »Ich meine die von Gaston.«
    »Gefallen? gar nich. Das fehlt auch noch, daß solche mitspielen und in Mode kommen! Sieh doch nur, wie ihr die Handschuh sitzen. Und mit dem Hut is auch nicht viel. Er dürfte sie gar nicht so gehn lassen. Und sie muß auch dumm sein, sie spricht ja kein Wort.«
    »Nein«, sagte Margot, »dumm ist sie nicht; sie hat's bloß noch nich weg. Und daß sie sich gleich an die gute Dicke ranmacht, das is doch auch klug genug.«
    »Ach, die gute Dicke. Geh mir mit der. Die denkt, sie is es. Aber es is gar nichts mit ihr. Ich will ihr sonst nichts nachsagen, aber falsch ist sie, falsch wie Galgenholz.«
    »Nein, Johanna, falsch is sie nu grade nich. Und sie hat dir auch öfter aus der Patsche geholfen. Du weißt schon, was ich meine.«
    »Gott, warum? Weil sie selber mit drinsaß und weil sie sich ewig ziert und wichtig tut. Wer so dick ist, ist nie gut.«
    »Jott, Johanna, was du nur redst. Umgekehrt is es, die Dicken sind immer gut.«
    »Na meinetwegen. Aber das kannst du nicht bestreiten, daß sie 'ne lächerliche Figur macht. Sieh doch nur, wie sie dahinwatschelt; wie 'ne Fettente. Und immer bis oben ran zu, bloß weil sie sich sonst vor anständigen Leuten gar nicht sehen lassen kann. Und, Margot, das laß ich mir nicht nehmen, ein bißchen schlanke Figur ist doch die Hauptsache. Wir sind doch noch keine Türken. Und warum wollte sie nicht mit auf den Kirchhof? Weil sie sich jrault? I bewahre, sie denkt nich dran, bloß weil sie sich wieder eingeknallt hat und es vor Hitze nicht aushalten kann. Und is eigentlich nich mal so furchtbar heiß heute.«
     
    So gingen die Gespräche, bis sich die beiden Paare schließlich wieder vereinigten und auf einen mit Moos bewachsenen Grabenrand setzten.
    Isabeau sah öfter nach der Uhr; der Zeiger wollte nicht recht vom Fleck.
    Als es aber halb zwölf

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