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Dark Moon

Dark Moon

Titel: Dark Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Knightley
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    D as Reh lag mit ausgestreckten Läufen am Straßenrand des Marine Drive, nicht weit entfernt vom Gleneagles-Golfplatz, auf dem an diesem frühen Morgen einige alte Männer in karierten Hosen ihren Abschlag an der Driving Range verbesserten. Nur die Sprinkleranlage zischte und tickte gegen die Stille an.
    Es war ein Wapiti, vermutlich erst in diesem Frühjahr zur Welt gekommen. Sein Fell war gefleckt wie das aller Jungtiere. Seine sanften braunen Augen schienen in einem Schreckmoment erstarrt zu sein. Unwillkürlich zuckte ich zurück, als mein Blick auf die klaffende Halswunde fiel. Es gab keinen Zweifel: Irgendein Tierquäler musste ihm die Kehle durchgeschnitten haben.
    Mark hatte sich schon zu dem Tier hinabgebeugt und untersuchte es genauer. »Das versteh ich einfach nicht«, murmelte er. »Hier müsste überall Blut sein, aber auf dem Rasen ist nicht der geringste Fleck.« Er kniete sich neben das Tier hin. »Und da!« Er zeigte auf eine Wunde in der Flanke. »Jemand hat vorher auf das Reh geschossen.«
    Ich konnte kein Wort sagen, mich schauderte. Der Wind rauschte in den Bäumen. Eine Schar Krähen flog krächzend auf.
    »Lydia?«, fragte Mark. Er stand auf und wollte mich in den Arm nehmen. Ich schüttelte den Kopf, hob abwehrend die Hand und ging wieder zurück zu meinem Auto, das ich keine fünf Meter entfernt in einer Parkbucht abgestellt hatte.
    Mark holte mich ein und nahm meine Hand. »Es ist alles gut, Lydia. Ich rufe die Forstverwaltung an, die wird sich um das Tier kümmern.«
    Es war lächerlich. Wieso brachte mich der Anblick dieses Rehs zum Heulen? Schließlich lebe ich in Kanada, und da schleicht fast jeder mit einem Jagdgewehr im Wald herum, mein Vater eingeschlossen. Das gehört zur Folklore British Columbias wie Ahornsirup und getrockneter Lachs. Allerdings begann die Jagdsaison erst in zwei Monaten. Also musste jemand das arme Kitz aus purer Grausamkeit getötet haben.
    Ich versuchte zu lächeln, als Mark mir die Tränen aus den Augen wischte und einen Kuss gab. Dabei fiel ihm eine Locke ins Gesicht und streifte meine Wange.
    Aus diesem Grund liebte ich Mark Dupont: Er war einfach immer für mich da und blieb auch in schwierigen Situationen ruhig. Hoch aufgeschossen wie er war, bewegte er sich geschmeidig, fast lässig. Das machte ihn zum perfekten Point Guard der Basketballmannschaft unserer Schule, obwohl er mit seinen breiten Schultern und der sonnengebräunten Haut mehr Ähnlichkeit mit einem Surfer hatte. Und in gewisser Weise war er auch mein Point Guard.
    Ich setzte mich in mein Auto und legte die zitternden Hände auf das Lenkrad, während Mark eine Nummer in sein Telefon tippte.
    Wir waren auf dem Weg nach Point Atkinson gewesen, um noch einige Kleinigkeiten aus der Water Lane zu holen, bevor die neue Besitzerin in die Numme r 5113 einzog. Mark war in diesem Haus aufgewachsen. Nun hatten es seine Eltern verkaufen müssen, und auch wenn er es mir gegenüber nicht zugab, wusste ich, dass ihm der Verlust ganz schön zu schaffen machte. Jetzt hausten die Duponts in einem schäbigen Apartment in der Douglas Street von Horseshoe Bay.
    Es dauerte nur zehn Minuten, bis ein Polizeiauto neben uns in der Parkbucht hielt und zwei Beamte ausstiegen. Ich kletterte aus meinem Käfer.
    »Haben Sie uns gerufen?«, fragte die Polizistin. Sie war klein und ziemlich kräftig gebaut. Obwohl sie nicht viel größer war als ich, hatte ich instinktiv Respekt vor ihr. Der Kollege, ein drahtiger Mann mit grauen Schläfen, gehörte offenbar zur ruhigeren Sorte.
    »Mein Freund«, sagte ich und zeigte auf Mark, der noch bei dem toten Reh stand. Die beiden Polizisten streiften sich eilig blaue Latexhandschuhe über, während die Frau einen schwarzen Sack aus dem Kofferraum holte.
    »Haben Sie das Tier bewegt?«, fragte ihn der Officer.
    »Nein«, erwiderte Mark. »Alles ist noch genau so, wie wir es vorgefunden haben.«
    Die Frau machte mit einer Digitalkamera Fotos aus allen nur denkbaren Blickwinkeln und schoss noch einige Bilder von der Umgebung. Dann drehten die beiden Officer das tote Tier auf die andere Seite.
    »Es liegt noch nicht lange hier«, sagte die Frau. »Keine Fraßspuren.«
    »Wilderer?«, fragte Mark.
    Der Polizist nickte.
    »Das ist nicht der erste Fall«, stellte Mark fest.
    Die Beamtin hob eine Augenbraue, als hätte ihr ein Schlaumeier wie er an diesem Morgen gerade noch gefehlt. »Wie kommen Sie darauf?«
    Mark zeigte auf die Kamera. »Ich gehe selber manchmal mit meinem Vater

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