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Ismael

Ismael

Titel: Ismael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Quinn
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Gorilla von einer halben Tonne auf den Rücksitz eines Autos, in das er gar nicht rein will? Und fuhr ein Auto mit einem Gorilla von einer halben Tonne auf dem Rücksitz überhaupt noch?
    Man sieht, ich gehöre zu denen, die eins nach dem andern tun. Ich improvisiere. Irgendwie würde ich Ismael schon auf den
    Rücksitz meines Wagens bugsieren, und dann würde ich weitersehen. Wie man ein Problem angehen muß, weiß man meiner Erfahrung nach erst, wenn man es hat.
    2
    Die Werkstatt rief am Montagmorgen um neun an, um mir zu sagen, was dem Auto fehlte. Der Ventilator war infolge von Überbeanspruchung ausgefallen; dazu war es gekommen, weil das ganze Kühlsystem kaputt war. Es mußte eine Menge gemacht werden, und es würde um die sechshundert Dollar kosten. Stöhnend gab ich grünes Licht. Der Wagen sollte gegen zwei Uhr fertig sein, man würde mich dann anrufen. Ich sagte, sie brauchten nicht anzurufen, ich würde den Wagen abholen, sobald ich könnte. In Wirklichkeit hatte ich ihn bereits abgeschrieben. Ich konnte mir die Reparatur nicht leisten, und wahrscheinlich konnte ich Ismael in dem blöden Karren sowieso nicht transportieren.
    Ich mietete also einen Kleinlaster.
    Man fragt sich, warum ich daran nicht gleich gedacht habe. Die Antwort ist, daß ich eben nicht daran gedacht habe. Ich bin eben ein bißchen beschränkt. Ich habe meine festen Gewohnheiten, und Fahrten in gemieteten Kleinlastern gehören nicht dazu.
    Zwei Stunden später fuhr ich auf das Gelände des Jahrmarkts und sagte: »Scheiße.«
    Der Jahrmarkt war weg.
    Irgend etwas - vielleicht eine böse Vorahnung - ließ mich aussteigen. Ich sah mich um. Unvorstellbar, daß auf dem kleinen Platz neunzehn Karussells, vierundzwanzig Vergnügungsbuden und ein Schaustellerzelt gestanden hatten. Ich überlegte, wie ich den Platz, wo Ismaels Käfig gestanden hatte, ohne Hilfe finden sollte. Aber meine Beine erinnerten sich noch an den Weg, und meine Augen taten den Rest, denn es gab noch einige sichtbare Spuren: Die Decken, die ich Ismael gekauft hatte, lagen auf einem unordentlichen Haufen zusammen mit anderen Dingen, die ich erkannte: einige Bücher, der Zeichenblock, auf dem noch die Karten und Zeichnungen zu sehen waren, mit denen Ismael die Geschichten Kains und Abels und der Nehmer und Lasser veranschaulicht hatte, und das eingerollte und mit einem Gummi zusammengehaltene Plakat.
    Verwirrt nahm ich eine Sache nach der anderen in die Hand. Da tauchte der alte Mann auf, den ich bestochen hatte. Grinsend hielt er eine große Plastiktüte hoch, um mir zu zeigen, was er hier tat: Er räumte den Müll auf, den die Schausteller kiloweise zurückgelassen hatten. Als er den Haufen bemerkte, vor dem ich stand, sah er mich an und sagte: »Es war eine Lungenentzündung.«
    »Was?«
    »Eine Lungenentzündung hat ihn geholt - deinen Affenfreund.«
    Ich starrte ihn verständnislos an und hatte keine Ahnung, wovon er redete.
    »Der Tierarzt kam am Samstagabend und gab ihm jede Menge Spritzen, aber es war zu spät. Heute morgen, meiner Schätzung nach so gegen sieben oder acht, ging er hinüber.«
    »Soll das heißen, er ist ... tot?«
    »Richtig, Kollege.«
    Und ich, Egoist, der ich war, hatte nur gemerkt, daß Ismael irgendwie erschöpft war.
    Ich sah mich auf dem tristen Platz um. Ich fühlte mich vollkommen leer.
    Der Alte wartete, offenbar interessiert, was der Affennarr als nächstes tun oder sagen würde.
    »Was hat man mit ihm gemacht?« »Eh?«
    »Was hat man mit ihm gemacht?«
    »Ach so. Wahrscheinlich die County verständigt. Ihn dorthin gebracht, wo Tiere verbrannt werden, die auf der Straße überfahren worden sind. Du verstehst schon.«
    »Ja. Danke.«
    »Bitte.«
    »Kann ich das hier mitnehmen?«
    Er sah mich mit einem Blick an, dem ich entnahm, daß ihm etwas ähnlich Verrücktes bisher noch nicht untergekommen war, aber er sagte nur: »Sicher, warum nicht? Kommt doch sonst eh nur auf den Müll.«
    Die Decken ließ ich natürlich da, aber den Rest nahm ich mit. Es paßte alles unter einen Arm.
    3
    Was sollte ich tun? Eine Weile mit niedergeschlagenen Augen vor dem County-Krematorium stehen, wo überfahrene Tiere verbrannt werden? Jemand anders hätte vielleicht etwas anderes getan, wahrscheinlich etwas Besseres. Ich fuhr nach Hause.
    Fuhr nach Hause, gab den Laster ab, holte meinen Wagen aus der Werkstatt und kehrte in meine Wohnung zurück. Sie war auf neue Art leer; es war eine Art gesteigerte Leere.
    Auf einem kleinen Beistelltisch stand das Telefon,

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