Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
anlegen, der etwa ... noch einen Monat oder ein wenig länger draufbleiben sollte. Ich setze voraus, daß die Wunde gut heilt und keine allergischen Reaktionen auftreten. Ihr Mann scheint in ganz guter Verfassung zu sein, körperlich einwandfrei in Form.»
«Ja, nur daß manchmal eine Schraube locker ist», sagte Cathy mit einem gereizten Unterton in ihrer müden Stimme.
«Schön», sagte Sir Charles. «Sie sehen also, daß Ihr Mann in guten Händen ist. Ich werde Sie jetzt fünf Minuten allein lassen. Dann sollte er ausruhen, und Sie sehen auch aus, als könnten Sie etwas Ruhe gebrauchen.» Der Chirurg verließ das Zimmer mit Bette Davis im Gefolge.
Cathy trat näher ans Bett und war jetzt nur noch besorgte Ehefrau. Ryan sagte sich vielleicht schon zum tausendstenmal, wie glücklich er sich schätzen konnte, sie zu haben. Caroline Ryan hatte ein kleines rundes Gesicht, kurzes strohblondes Haar und die hübschesten blauen Augen von der Welt. Hinter diesen Augen steckte eine Intelligenz, die der seinen mindestens gewachsen war, ein Mensch, den er so liebte, wie ein Mann eine Frau nur lieben kann. Er würde nie begreifen, wie er es geschafft hatte, sie zu erobern. Mit seinem struppigen Bart und seinem viereckigen Kinn nahm er sich neben ihr aus wie ein Waldläufer.
«Schatz», sagte er leise.
«Oh, Jack.» Sie versuchte ihn zu umarmen, aber der Gips - den er nicht mal sehen konnte - kam ihr in die Quere. «Jack, warum zum Teufel hast du das getan?»
Er hatte sich bereits eine Antwort auf diese Frage zurechtgelegt. «Es ist alles vorbei, und ich bin noch am Leben, okay? Wie geht es Sally?»
«Ich glaube, sie schläft jetzt endlich. Sie ist unten, ein Polizist ist bei ihr.» Cathy sah wirklich todmüde aus. «Wie sieht es wohl in ihrem Innern aus? Mein Gott, sie hat zugesehen, wie du um ein Haar getötet wurdest. Wir sind beide fast vor Angst gestorben.» Jack sah, daß ihre porzellanblauen Augen rotgerändert waren, und ihr Haar sah schrecklich aus. Nun ja, sie konnte sowieso nie viel aus ihrem Haar machen. Die OP-Masken ruinierten es immerzu.
«Ja, ich weiß. Aber es sieht so aus, als würde ich mich eine ganze Weile nicht mehr auf diese Art und Weise betätigen können», grunzte er. «Es sieht übrigens so aus, als würde ich mich eine Weile überhaupt nicht mehr betätigen können.» Das rief ein Lächeln hervor. Es tat gut, sie lächeln zu sehen.
«Um so besser. Du mußt mit deinen Kräften haushalten. Vielleicht wird dir dies eine Lehre sein - und erzähl mir nichts von all den Hotelbetten, die nun brachliegen werden.» Sie drückte seine Hand. Ihr Lächeln wurde schelmisch. «In ein paar Wochen werden wir uns sicher etwas einfallen lassen. Wie sehe ich aus?»
«Zum Weglaufen.» Jack lachte leise. «Ich nehme an, dieser Arzt ist eine Kapazität?»
Er sah, wie sie sich etwas entspannte. «Das kann man wohl sagen. Sir Charles Scott ist einer der besten Orthopäden der Welt. Er hat Professor Knowles ausgebildet - und er hat ein Meisterstück an dir vollbracht. Mein Gott, du kannst von Glück sagen, daß du noch einen linken Arm hast.»
2
Ryan wachte um fünf nach halb sieben auf. Er wußte es, weil im Radio ein Discjockey die Zeit ansagte. Jack wäre froh gewesen, sich einfach wieder vom Schlaf übermannen zu lassen. Er machte die Augen zu und versuchte zu entspannen, aber es hatte keinen Sinn. Die Maschine war sehr früh von Dulles Airport gestartet, kaum drei Stunden, nachdem sie aufgestanden waren. Er hatte im Flugzeug nicht geschlafen - er konnte das einfach nicht -, aber Fliegen strengte ihn an, und er war kurz nach der Ankunft im Hotel ins Bett gegangen. Wie lange hatte er dann bewußtlos im Krankenhaus gelegen? Zu lange, wurde ihm klar. Er war gründlich ausgeschlafen. Er mußte anfangen, der Wirklichkeit wieder ins Auge zu sehen. Er lag in einem anderen Zimmer, und ...
Das Wichtigste zuerst. Ryan versuchte, seine Finger zu bewegen, die aus einem Gipsverband hervorstanden, als hätte der Chirurg sie vergessen. Es dauerte mehrere Sekunden, bis sie seinem zentralen Nervensystem gehorchten. Er atmete langsam aus und schloß die Augen, um Gott dafür zu danken. Ungefähr dort, wo sein Ellbogen war, kam eine Metallschiene herunter und vereinte sich mit dem Gips, der, wie Ryan nun sah, an seinem Hals anfing und diagonal bis zur Taille lief. Der Chirurg hatte davon gesprochen, daß sie die Schulter ruhigstellen müßten, und, dachte Ryan düster, es war kein Witz gewesen. Seine Schulter schmerzte
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