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James Bond 14 - Octopussy (German Edition)

James Bond 14 - Octopussy (German Edition)

Titel: James Bond 14 - Octopussy (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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ins Badezimmer. Dort zog er sich aus und duschte. Dann trank er schnell hintereinander zwei Whiskys, während er mit gespitzten Ohren den gedämpften Klängen des Orchesters lauschte und darauf wartete, dass das Konzert zu Ende war. Als es um zwanzig Uhr so weit war (begleitet von Senders fachmännischem Kommentar: »Borodins
Fürst Igor
, Tanz Nummer siebzehn, wenn ich nicht irre.«), sagte er zu Sender, der seinem Stationsleiter gerade Bericht erstattet hatte: »Ich werde noch mal einen Blick riskieren. Diese große Blondine mit dem Cello hat es mir angetan.«
    »Die ist mir gar nicht aufgefallen«, erwiderte Sender desinteressiert und ging in die Küche. Um Tee zu machen, nahm Bond an. Oder Horlick’s. Bond zog seine Kutte über, ging wieder in seine Schussposition und senkte das Zielfernrohr auf den Eingang des Ministeriums. Ja, da gingen die Musikerinnen. Aber sie wirkten jetzt nicht mehr fröhlich, sondern erschöpft. Und dort kam sie, zwar weniger lebhaft, aber sie hatte noch immer diesen herrlich sorglosen Gang. Bond sah den wehenden goldenen Haaren und dem hellbraunen Regenmantel nach, bis sie in der Dunkelheit der Wilhelmstraße verschwunden war. Wo lebte sie? In irgendeinem schäbigen Zimmer in einem der Vororte? Oder in einer der privilegierten Wohnungen in der abscheulichen Stalinallee?
    Bond zog sich vom Fenster zurück. Die junge Frau musste ganz in der Nähe wohnen. War sie verheiratet? Hatte sie einen Freund? Zum Teufel damit! Sie war nicht für ihn bestimmt.
    Der nächste Tag und die anschließende abendliche Wache verliefen fast genauso wie am Tag zuvor. James Bond hatte zwei weitere kurze Rendezvous mit dem Mädchen. Die restliche Zeit wartete er ab und spürte, wie die Anspannung immer weiter zunahm und am dritten und letzten Tag wie ein dichter Nebel in dem kleinen Zimmer hing.
    James Bond hatte sich für den dritten Tag ein fast wahnsinniges Programm aus Museen, Kunstgalerien, dem Zoo und einem Kinobesuch vorgenommen. Doch er nahm kaum wahr, was er sah. Seine Gedanken waren entweder bei der blonden Frau oder diesen vier schwarzen Rechtecken, dem schwarzen Gewehrlauf und dem unbekannten Mann dahinter – dem Mann, den er am heutigen Abend töten würde.
    Nachdem Bond pünktlich um siebzehn Uhr in die Wohnung zurückkehrt war, hatte er nur knapp einem Streit mit Captain Sender aus dem Weg gehen können, weil er sich vor dem Überziehen der lächerlichen Kutte, die inzwischen nach seinem Schweiß stank, einen Whisky eingeschenkt hatte. Captain Sender hatte ihn davon abhalten wollen, und nachdem es ihm misslungen war, damit gedroht, den Stationsleiter anzurufen und Bonds Verstoß gegen die Vorschriften zu melden.
    »Hören Sie, mein Freund«, sagte Bond erschöpft. »Ich bin derjenige, der heute Abend einen Mord begehen soll. Nicht Sie. Ich. Also seien Sie so nett und sparen Sie sich Ihre Ermahnungen. Wenn die Sache vorbei ist, können Sie Tanqueray sagen, was Sie wollen. Denken Sie, mir gefällt dieser Job? Eine Doppelnull zu haben und all das? Ich wäre überglücklich, wenn Sie dafür sorgen, dass ich aus der Doppelnullabteilung fliege. Dann könnte ich mich niederlassen und mir als gewöhnlicher Angestellter ein gemütliches Aktennest schaffen. Verstanden?« Bond kippte seinen Whisky herunter, griff nach seinem Krimi, bei dem er gerade an einer furchtbar spannenden Stelle war, und warf sich auf das Bett.
    Captain Sender marschierte mit eisigem Schweigen in die Küche, wo er sich den Geräuschen nach seine unvermeidliche Tasse Tee machte.
    Bond spürte, wie der Whisky die angespannten Nerven in seinem Magen schmelzen ließ. Also dann, Liselotte, wie zum Teufel willst du aus diesem Schlamassel herauskommen?
    Es war genau fünf nach sechs, als Sender auf seiner Position aufgeregt zu reden begann. »Bond, da hinten bewegt sich jemand. Jetzt ist er stehen geblieben – warten Sie, nein, er schleicht sich weiter. Da ist ein Stück Mauer. Dort kann er von der Gegenseite nicht gesehen werden. Aber vor ihm liegen viele Meter Gestrüpp. Himmel! Er läuft durch die Sträucher. Und sie bewegen sich. Hoffentlich denken die anderen, dass es nur der Wind ist. Jetzt ist er durch und duckt sich. Irgendeine Reaktion?«
    »Nein«, sagte Bond angespannt. »Sprechen Sie weiter. Wie weit noch bis zur Grenze?«
    »Höchstens fünfzig Meter.« Captain Senders Stimme war vor Aufregung ganz heiser. »Hauptsächlich Schutt, aber ein paar Meter davon sind freies Feld. Dann ein größerer Mauerrest direkt am Bürgersteig.

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