Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum
Vorwort
Dies ist ein Buch über Michelle Obama, die erste dunkelhäutige First Lady der USA. Die erste Amerikanerin, die von Sklaven abstammt und zur Hausherrin in dem Weißen Haus wurde, das Sklavenhände vor mehr als 200 Jahren errichtet hatten. Deshalb hat ihr Lebensweg für die meisten Amerikaner eine noch größere Symbolkraft als die Karriere ihres Mannes. Ungewöhnlich, ja, märchenhaft sind beider Biografien. Barack Obama stieg vom Sohn eines schwarzen Gaststudenten aus Afrika und einer weißen Kaufmannstochter zum ersten afroamerikanischen Präsidenten der USA auf. Michelle stammt aus einem bescheidenen schwarzen Arbeiterhaushalt in Chicago, studierte an den besten Universitäten des Landes, wurde Rechtsanwältin, Großverdienerin und schließlich eine Königin der Herzen, wohnhaft an Amerikas vornehmster Adresse. Ihre Erfolge belegen, wie lebendig der amerikanische Traum ist.
Michelles Lebensweg verlief aber keineswegs harmonisch und folgerichtig. Er ist voller Konflikte und Brüche. Eben das weckt die Neugier und macht ihre Biografie so interessant. Deshalb ist dies auch ein Buch über die Hindernisse und Vorurteile, die Beziehungsgeflechte und verborgenen Mechanismen, die über Karriere und Scheitern im zeitgenössischen Amerika entscheiden – und ebenso ein Buch über die Reaktionen der Bürger und der Medien, wenn ihnen das reale Gesellschaftsbild im Spiegel vorgehalten wird.
Der Autor hat Michelle zweieinhalb Jahre aus der Nähe beobachtet. Er hat sie als Kandidatenfrau im Wahlkampf erlebt, sowohl als Solorednerin als auch gemeinsam mit ihrem Mann. Er hat ihren Einzug ins Weiße Haus verfolgt und die First Lady zu verschiedenen Auftritten begleitet. Er hat zudem die Orte ihrer Kindheit in Chicago aufgesucht und sich auf die Spurensuche in Hyde Park begeben, der Umgebung der Universität, wo sie ihre beiden Töchter zur Welt brachte und ihr eine atemberaubende Karriere als Managerin öffentlicher Hilfsprojekte gelang. Er hat die Archive der Stadtverwaltung von Chicago genutzt und ihre Bachelor-Arbeit in Princeton, die so viele Kontroversen auslöste, aber meist nur in zusammenhanglosen Schlagworten zitiert wird, in vollem Umfang einsehen können.
Als einer der wenigen deutschen Amerika-Korrespondenten, die einen «White House Pass» bekommen, hatte er privilegierten Zugang zum Weißen Haus. Dafür schuldet der Autor den Pressebetreuern des Präsidenten und der First Lady Dank. Auch diese Arbeitserleichterung stößt freilich an Grenzen. Michelle Obama pflegt einen restriktiven Umgang mit den Medien. Das ist unter anderem eine Reaktion auf schmerzliche Erfahrungen im Wahlkampf. Zu manchen Irritationen hat sie selbst beigetragen: In den zahlenmäßig überschaubaren Interviews, die sie während dieser Zeit gab, hat sie zwar wichtige Einblicke in ihr Leben gewährt, sich zum Teil aber auch widersprüchlich über prägende Erfahrungen geäußert. Zu Gesprächen für Buchprojekte stellt sie sich nicht zur Verfügung. Wiederholte Interviewanfragen seit 2007 wurden zwar nie abgelehnt, aber bis zum Redaktionsschluss dieses Buches auch nicht erfüllt. Da ging es dem Autor nicht besser und nicht schlechter als anderen Michelle-Biografinnen und – Biografen. Es ist jedoch auch fraglich, wie viel sie in einem solchen Gespräch zur Aufklärung von Widersprüchen und Missverständnissen beitragen würde. Die Interviews, die sie in den ersten Monaten als First Lady dem ABC-Frühstücks fernsehen «Good Morning America», dem Pentagon-Kanal und dem «Time»-Magazin gab, tragen nichts Neues zum Verständnis ihrer Person bei.
Ein besonderer Dank gilt Kolleginnen und Kollegen des White House Press Corps, US-Journalistinnen wie Pamela Gentry (BET.com und HuffingtonPost.com) oder Gabriel Piemonte («Hyde Park Herald») sowie Carl Sferrazza Anthony, dem wohl besten Kenner der Geschichte aller First Ladies der USA, nicht zu vergessen die Mitarbeiterinnen der National First Ladies’ Library in Canton, Ohio. Der Austausch über ihre Beobachtungen und Erfahrungen mit Michelle haben dabei geholfen, hinter die Kulissen der sorgfältig gepflegten Werbeoberfläche zu blicken und mehr von dem Menschen Michelle zu erfahren.
Dies noch zum Sprachgebrauch: Wie schon in der Biografie «Barack Obama. Der schwarze Kennedy» folgt der Autor im verminten Gelände der politischen Terminologie für Minderheiten den in den USA üblichen Begriffen und ihren deutschen Entsprechungen. Michelle Obama ist also keine «Farbige», sondern
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