James Bond 14 - Octopussy (German Edition)
ihn an die verchromten Zierleisten an amerikanischen Autos. Er spazierte zum Kurfürstendamm, trank einen Espresso im Café Marquardt, und beobachtete übellaunig die folgsamen Fußgängerschlangen, die auf Grün warteten, während der funkelnde Autostrom an der belebten Kreuzung seine gefährliche Quadrille tanzte. Draußen war es kalt, und der scharfe Wind aus der russischen Steppe peitschte gegen die Röcke der Frauen und die Regenmäntel der vorbeieilenden Männer mit den typischen Aktentaschen unter dem Arm. Die Infrarotwandheizkörper im Café verliehen den Cafégästen einen rötlichen Schimmer. Wie üblich tranken sie eine Tasse Kaffee und zehn Gläser Leitungswasser, lasen die ausliegenden Zeitungen und Zeitschriften oder beugten sich ernsthaft über Geschäftspapiere. Da sich Bond von seinem Auftrag ablenken wollte, überlegte er, wie er den Nachmittag verbringen konnte. Letztendlich lief es auf zwei Möglichkeiten hinaus: ein Besuch des respektabel aussehenden Sandsteingebäudes in der Clausewitzstraße, das allen Concierges und Taxifahrern der Stadt bekannt war, oder ein Ausflug an den Wannsee und ein strammer Spaziergang durch den Grunewald. Die Tugend gewann. Bond bezahlte seinen Kaffee, ging in die Kälte hinaus und nahm ein Taxi zum Bahnhof Zoo.
Die hübschen jungen Bäume rund um den See waren bereits herbstlich angehaucht, und zwischen den grünen Blättern blitzte gelegentlich Gold auf. Bond spazierte zwei Stunden lang über die blätterbedeckten Wege, dann setzte er sich in ein Restaurant mit Wintergarten und Ausblick auf den See. Dort genoss er ein frühes Abendessen, bestehend aus einer doppelten Portion Matjeshering mit Zwiebeln und Sahnesauce sowie zwei »Molle mit Korn«, einem doppelten Schnaps mit Löwenbräu vom Fass. Gestärkt und ermutigt nahm er die S-Bahn zurück in die Stadt.
Vor dem Haus bastelte ein unscheinbarer junger Mann am Motor eines schwarzen Opel Kapitän herum. Er zog seinen Kopf nicht unter der Motorhaube hervor, als Bond an ihm vorbei zum Eingang ging und klingelte.
Captain Sender konnte sein Misstrauen zerstreuen. Es handelte sich um einen »Freund« – einen Unteroffizier aus der Transportabteilung von Station W. B. Er war dabei, ein paar üble Motorprobleme am Opel zu beheben. Er war jeden Abend bereit, zwischen sechs und sieben eine Reihe von Fehlzündungen zu produzieren, wenn Sender ihm per Sprechfunkgerät ein Signal gab. Das würde eine gewisse Tarnung für Bonds Schüsse darstellen. Ansonsten könnte jemand aus der Nachbarschaft die Polizei rufen, und das würde eine Menge unangenehmer Erklärungen nach sich ziehen. Ihr Versteck befand sich im amerikanischen Sektor, und auch wenn ihre amerikanischen »Freunde« Station W. B. für diese Operation ihre Freigabe erteilt hatten, waren diese »Freunde« natürlich dennoch darauf erpicht, dass die Sache sauber und ohne Nachspiel ablief.
Bond war von der Idee mit dem Auto angemessen beeindruckt, genauso wie von den fachmännischen Vorbereitungen, die man für ihn im Wohnzimmer getroffen hatte. Hinter dem Kopfende seines hohen Betts war ein Gestell aus Holz und Metall errichtet worden, das ihm eine perfekte Schussposition ermöglichte. Es lehnte an der breiten Fensterbank. Daneben lag die Winchester. Die Spitze ihrer Mündung berührte leicht den Vorhang. Das Holz und alle Metallteile des Gewehrs inklusive des Zielfernrohrs waren in einem matten Schwarz lackiert worden, und auf dem Bett lag – ausgebreitet wie finstere Schlafkleidung – eine hüftlange Kutte aus schwarzem Samt mit Kapuze. Diese hatte breite Schlitze für Augen und Mund. Sie erinnerte Bond an alte Bilder der Spanischen Inquisition oder an die anonymen Scharfrichter an der Guillotine während der Französischen Revolution. Auf Captain Senders Bett befand sich eine ähnliche Kutte, und auf seiner Seite des Fensterbretts lagen eine Nachtsichtbrille und das Mikrofon für das Sprechfunkgerät.
Captain Senders Gesicht wirkte angespannt und besorgt. Er sagte, dass es keine Neuigkeiten von der Station gebe und damit, soweit sie wussten, auch keine Veränderung der Situation. Ob Bond etwas zu essen wolle? Oder eine Tasse Tee? Vielleicht ein Beruhigungsmittel – im Badezimmer gebe es eine Auswahl davon?
Bond zwang sich zu einem fröhlichen, entspannten Gesichtsausdruck und sagte: »Nein danke.« Dann erzählte er Sender mit falscher Ungezwungenheit von seinem Tag. Währenddessen spürte er, wie eine Arterie in der Nähe seines Solarplexus zu pochen
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