Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerry Cotton - 0592 - Ein Bettler macht kein Testament

Jerry Cotton - 0592 - Ein Bettler macht kein Testament

Titel: Jerry Cotton - 0592 - Ein Bettler macht kein Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
war das Motiv Rosebuds für seinen privaten Rachefeldzug. Wir wußten zwar, daß er die Verräter seines Bruders zur Strecke bringen wollte. Aber konnten wir es verantworten, das der Presse mitzuteilen? Die drei bisherigen Opfer waren angesehene Bürger gewesen, deren Familienangehörige offenbar nichts über ihre Vergangenheit wußten. Daß sie ermordet worden waren, war schon schlimm genug.
    »Ein Fehltritt vor über zehn Jahren, gesühnt durch eine Strafe, die selbst das Gesetz nicht dafür vorsieht, ich finde, das reicht«, sagte Mr. High. »Es ist völlig unnötig, daß eine ganze Familie nachträglich in den Schmutz gezogen wird. Die schmutzige Wäsche wollen wir den Gerichtsverhandlungen überlassen.«
    ***
    Der große Mann vor dem alten Haus in der 2 Ist Street zog den Hut noch tiefer in die Stirn. Dann vergrub er die Hände wieder in die Taschen seines regendurchweichten Trenchcoats und ging entschlossen auf den Eingang zu.
    Die Tür war unverschlossen. Der Mann befand sich in einem schmuddligen Hausflur, der durch eine schwache Glühbirne notdürftig erhellt wurde. Einen Fahrstuhl gab es nicht. Schwerfällig stieg der Mann die Treppe hoch, wobei jede der hölzernen Stufen knarrte und quietschte, als gelte es, ein Konzert zu veranstalten.
    Im 2. Stock blieb der Mann im Trenchcoat stehen. Hier war das Licht noch trüber als unten. Auf Zehenspitzen bewegte er sich vorwärts, konnte aber nicht vermeiden, daß hin und wieder eine Diele knarrte. Dann stand er vor einer Tür. Ein Blechschild besagte, wer hier wohnte: Jake L. Edwards.
    Der Mann nahm die rechte Hand aus der Tasche und klopfte. Die linke hielt er weiterhin verborgen. Wer auch immer ihm die Tür öffnen würde, er sollte nicht sehen, daß der Besucher in der linken Hand einen Revolver hielt.
    Nach dem zweiten Klopfen — einen Klingelknopf gab es nicht — ertönten schlurfende Schritte. Ein Schlüssel wurde herumgedreht. Dann öffnete sich die Tür. Ein alter Mann stand da, gebeugt und mit tiefen Falten im-Gesicht.
    »Sie sind Tinettos Bruder, nicht wahr? Kommen Sie herein! Ich habe auf Sie gewartet.«
    Rosebuds Hand schloß sich fester um den Revolver. »Woher wissen Sie das?« krächzte er heiser. »Sie sind doch Jake Edwards, oder?«
    Der Alte nickte. »So ist es. Aber treten Sie doch näher, wenn Sie schon mal hier sind!«
    Mißtrauisch blickte Rosebud den Gang entlang, den er gekommen war. Nichts rührte sich dort. Dann spähte er an dem Alten vorbei ins Zimmer. Aber auch dort war nichts Verdächtiges zu erkennen.
    Drohend sagte er: »Wenn Sie irgendwelche faulen Tricks versuchen sollten…«
    »Bringen Sie mich um, das wollten Sie doch sagen, nicht wahr? Ich habe keine Angst vor Ihnen, Ernie.«
    Rosebud zuckte zusammen, als er mit seinem richtigen Vornamen angesprochen wurde. »Denn ich habe drei Stunden Zeit gehabt, um mich auf Ihren Besuch einzustellen. Sie sind ohnehin hier, um mich umzubringen.«
    »Sie scheinen gut informiert zu sein, Edwards. Nun, um so besser«, sagte Rosebud hart. Er stieß den Alten beiseite und trat ins Zimmer, den Revolver schußbereit in der Linken. Dann schloß er sorgfältig die Tür.
    »Setzen Sie sich hin!« herrschte er Edwards an. Die Situation verwirrte ihn. Rosebud hatte alles erwartet, nur nicht einen Mann, der in aller Seelenruhe auf sein Kommen gewartet hatte. Und der dazu offensichtlich noch nicht einmal die Polizei alarmiert hatte.
    Irgend etwas war an dieser Geschichte faul. Er hatte aus Furcht vor Entdeckung keinen Drohbrief geschrieben, jetzt da das FBI ihm auf den Fersen war. Aber der Verräter konnte sich natürlich durch den Tod seiner früheren Komplicen einen Reim auf die Geschichte machen. Aber woher, zum Teufel, wußte dieser Kerl, daß er Johnnys Bruder war?
    Edwards ließ sich auf einem Stuhl nieder. Rosebud nahm auf der Tischkante Platz. Sein Revolver zeigte genau auf den Magen des Alten, der jedoch nicht sonderlich beeindruckt zu sein schien. Wütend betrachtete Rosebud das Gesicht seines Gegenübers, um wenigstens die Spur einer Furcht darin zu entdecken. Bei näherem Hinsehen stellte er fest, daß Edwards gar nicht so alt war, wie er aussah. Er mochte in Rosebuds Alter sein. Aber in seinem Leben mußte es eine Tragödie gegeben haben, die ihn über Nacht zum Greis machte.
    Und dann sah er es. Die Augen. Sie waren groß und auf eine seltsame Weise schön, aber sie waren leer. Jegliches Leben war in ihnen erloschen.
    Jake Edwards war blind.
    Erregt starrte Rosebud in das Gesicht. Sein Atem

Weitere Kostenlose Bücher