Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
Herodias und Jesu verhasster »Fuchs«, Antipas, nach Rom, um diese Entscheidung rückgängig machen zu lassen und ihr eigenes Königreich zu erwirken. Aber Agrippa erhob falsche Beschuldigungen gegen sie und behauptete, sie planten eine Rebellion. Caligula setzte Antipas, den Mörder Johannes’ des Täufers, ab – er starb später in Lyon – und übergab sein gesamtes Territorium Herodes Agrippa.
Der neue König besuchte sein Königreich nur selten und blieb lieber in der Nähe Caligulas, dessen mörderische Überspanntheiten ihn bald vom Liebling Roms zum Unterdrücker machten. Da ihm der militärische Ruhm seiner Vorgänger fehlte, versuchte er, sein Ansehen mit der Anordnung zu verbessern, dass sein Standbild im ganzen Reich verehrt werden sollte – auch im Allerheiligsten des jüdischen Tempels. Jerusalem weigerte sich; die Juden bereiteten einen Aufstand vor und schickten Delegationen zum Statthalter von Syrien, die ihm erklärten, bevor sie ein solches Sakrileg duldeten, »müsse er zuvor das ganze Volk der Juden opfern«. In Alexandria brachen ethnische Unruhen zwischen Griechen und Juden aus. Als die beiden Parteien Delegationen zu Caligula schickten, reklamierten die Griechen, dass die Juden das einzige Volk seien, das Caligulas Standbild nicht anbete.
Glücklicherweise war König Agrippa noch in Rom und stand dem zunehmend unberechenbaren Caligula näher denn je. Als der Kaiser einen Feldzug nach Gallien unternahm, gehörte der jüdische König zu seinem Gefolge. Aber statt zu kämpfen erklärte Caligula seinen Sieg über das Meer und sammelte Muscheln für seinen Triumphzug.
Caligula wies Petronius, den Statthalter von Syrien, an, seine Befehle durchzusetzen und Jerusalem zu bezwingen. Jüdische Delegationen, angeführt von Herodierprinzen, baten Petronius, seine Haltung zu ändern, aber er zögerte, weil ihm klar war, dass die Umsetzung des Befehls Krieg, eine Weigerung aber seinen Tod bedeutete. König Herodes Agrippa, der verschwenderische Opportunist, erwies sich plötzlich als überraschender Fürsprecher der Juden und schrieb Caligula mutig einen der erstaunlichsten Briefe, die je für Jerusalem geschrieben wurden:
Ich bin, wie du weißt, ein geborener Jude, Jerusalem ist meine Vaterstadt, in welcher sich der heiligste Tempel des höchsten Gottes befindet … Dieser Tempel, Cajus, hat von seinem Anfange an, nie eine durch Hände verfertigte bildliche Gestalt aufgenommen, weil er der Sitz und die Behausung des wahren Gottes ist … Agrippa, dein Großvater, hat diesen Tempel besucht und verehret, und Augustus … auch durch das tägliche Opfer … ich vertausche alles gegen das eine, daß die väterlichen Gebräuche unverletzt bleiben. Was würden die Mitgenossen meines Volkes, was würden alle übrigen Menschen sagen? Eins von beiden wird nicht zu vermeiden seyn, entweder sie werden mich vor einen Verräther meines Volkes halten, oder glauben, daß ich dein Freund nicht mehr sey. [70]
Auch wenn die mit Bravour vorgebrachte, krasse Gegenüberstellung von »Tod oder Freiheit« übertrieben ist, war es doch gewagt, Caligula diesen Brief zu schreiben – aber offenbar rettete die Intervention des Königs Jerusalem.
Bei einem Festmahl dankte Caligula König Agrippa für die Hilfe, die er vor seinem Aufstieg zum Kaiser von ihm erhalten hatte, und bot ihm an, ihm einen Wunsch zu erfüllen. Der König bat ihn, sein Standbild nicht im Tempel aufzustellen, und Caligula willigte ein.
Herodes Agrippa und Kaiser Claudius: Ermordung, Ruhm und Würmer
Nachdem Caligula Ende 37 n.Chr. von einer rätselhaften Krankheit genesen war, wurde er zunehmend unausgeglichener. In den folgenden Jahren beging er, wie die Quellen behaupten, mit drei seiner Schwestern Inzest, verkuppelte sie mit anderen Männern und ernannte sein Pferd zum Konsul. Der Wahrheitsgehalt dieser Skandale ist schwer abzuschätzen, aber sein Verhalten befremdete und erschreckte sicher einen Großteil der römischen Elite. Er heiratete seine Schwester, und als sie schwanger wurde, riss er ihr angeblich das Kind aus dem Leib. Wenn er seine Mätressen küsste, überlegte er: »Dieser schöne Kopf wird fallen, sobald ich es befehle«, und den Konsuln sagte er, dass »ich euch beiden auf einen Wink von mir den Kopf abhauen lassen kann«. Sein Lieblingsspruch war: »Hätte doch das römische Volk nur einen Hals«, aber unklugerweise reizte er auch seine machohafte Prätorianergarde mit deftigen Losungsworten wie »Priapus«. So konnte es nicht
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