Julia Extra Band 357
reißen.“
„Das ist mir schon aufgefallen“, meinte sie amüsiert.
Mit verschränkten Armen starrte Neo Zephyr an. „Hast du nichts Besseres zu tun, als hier rumzustehen und zu klatschen, Partner ?“
„Willst du bestreiten, dass du schon einen Heilplan für Miss Baker und ihr Leiden aufgestellt hast?“
„So weit ist meine Recherche noch nicht gediehen.“
Cass schlug das Herz bis in den Hals. Dieses „noch nicht“ gefiel ihr nicht. „Du hast mich überredet, die Sicherheitsmaßnahmen auf meinem Grundstück zu verstärken. Bilde dir nicht ein, ich würde zustimmen, an einem dieser Anti-Phobie-Seminare teilzunehmen.“ Noch heute konnte sie die seelischen Narben vorweisen, die das zurückgelassen hatte.
„Also hast du das schon versucht“, vermutete Neo richtig. Als sie nur knapp nickte, fragte er weiter: „Und? Hat es geholfen?“
„Wie du weißt, weigere ich mich noch immer, Fremden meine Haustür zu öffnen.“
„Das ist nur vernünftige Vorsicht“, lautete Zephyrs Kommentar.
Cass lächelte ihn dankbar an. Wenige Menschen versuchten ihr das Gefühl zu geben, normal zu sein. „Anders“ war noch die gnädigste Charakterisierung. „Gebrochen“, „dumm“, „schwach“, „unverantwortlich“ dagegen hatte sie sehr viel öfter gehört.
„Ich will eine genaue Auflistung der Therapien, die du in der Vergangenheit durchlaufen hast.“
„Das soll ein Witz sein, oder?“
„Neos Sinn für Humor ist nicht besonders ausgeprägt.“ Zephyr schüttelte mitleidig den Kopf.
Mit grimmiger Miene funkelte Neo den Freund an. „Ich zeige dir gleich, wie wenig Sinn für Humor ich habe.“
Mit einem theatralischen Seufzer stieß Zephyr sich vom Tisch ab. „Jetzt droht er mir sogar. Dann gehe ich jetzt wohl besser.“ Er sah zu Cass. „Es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Miss Baker.“
„Cass, bitte.“
Er grinste. „Es war mir sogar ein echtes Vergnügen, Cass.“ Auf dem Weg nach draußen blinzelte er Neo zu. „Viel Spaß an deinem freien Tag.“
Neo bedankte sich mit einer groben Geste. Cass schnappte nach Luft und begann dann zu lachen.
„Ich bin nicht empört, sondern amüsiert, falls dir der Unterschied nicht aufgefallen ist“, sagte sie, als sie und Neo wieder allein waren. „Es hat Spaß gemacht zu beobachten, wie ihr miteinander umgeht. Da tritt eine Seite an dir zutage, die du sonst nie zeigst.“
„Nämlich?“
„Geben und Nehmen. Du willst Dinge über mich wissen oder hast sie schon in Erfahrung gebracht, die ich normalerweise niemandem mitteile.“
„Und das heißt jetzt, du willst ebenfalls persönliche Dinge über mich wissen.“
„Genau.“
„Du bist ein unerbittlicher Verhandlungspartner, Cassandra.“
„Scheint so. Ich habe es sogar geschafft, dass du dir freinimmst, obwohl das gar nicht meine Absicht war.“
„Da wir gerade davon reden … der restliche Vormittag liegt zur freien Verfügung vor uns.“
„Willst du mir etwa die Zeit vertreiben?“
„Genau das hatte ich geplant.“
„Das ist nicht nötig. Ich habe meinen MP3-Spieler und einen Notizblock mitgebracht, der Raum hier ist wunderbar still, es gibt keine Ablenkung … nun, ausgenommen dein Geschäftspartner.“
„Er hat mir damals die erste deiner CDs geschenkt. Eigentlich hat er mir alle deine CDs geschenkt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nie auf den Namen des Künstlers geachtet habe, auch wenn ich die Musik tagtäglich gehört habe.“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ich nicht wissen wollte, wer die Musik erschaffen hat, die mir so gefällt.“
Er zuckte ungelenk mit den Schultern. Es war ihm offensichtlich peinlich. Cass legte die Finger auf seinen Arm. „He, ich weiß ja auch nicht, wer mein Haus entworfen und gebaut hat. Ich wette, du schon.“
„Stand im Sicherheitsbericht.“
„Dann muss ich das wohl überlesen haben.“
„Legst du es darauf an, dass ich mir weniger idiotisch vorkomme?“
„Auf jeden Fall, denn du bist alles andere als das. Funktioniert es wenigstens?“
„Ja.“
„So, du hast dir also den Vormittag freigenommen.“ Wirklich fassen konnte sie es noch immer nicht. Aber er konnte die Pause brauchen. Und diese Freizeit würde sie ihm nicht durch ihre Angst ruinieren.
Er nickte. „Ich hatte vor, es auszunutzen, dass du mir zur Verfügung stehst. Ich dachte, wir könnten zusammen nach einem Klavier suchen.“
„Ich verstehe.“ Sie kaute an ihrer Lippe, überlegte, ob sie es schaffen
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