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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ruhig. Zufrieden öffnete Malwine die Türe einer kleinen Kammer, trat ein und schloss den Schrank auf. Unter alten Lumpen zog sie eine große Tonflasche heraus, die sie mit Petroleum gefüllt hatte. Dieses goss sie am Anfang des Korridors, in dem Lore und Fridolin mit ihren Kindern und Begleitern untergebracht worden waren, und auf der Treppe aus. Als sie im Erdgeschoss angekommen war, zog sie ein Taschentuch hervor, tränkte es mit dem Rest aus der Flasche und entzündete es an ihrer Lampe. Die Flamme schoss so rasch empor, dass sie sich die Hand verbrannte und das Tuch fallen ließ.
    Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen schob sie das Tuch mit dem Fuß nach vorne in die erste Petroleumpfütze und sah zu, wie das Feuer sich ausbreitete und über die Treppe nach oben schoss.
    »Jetzt seid ihr tot«, murmelte sie und merkte erst dann, dass der am Boden schleifende Saum ihres Kleides Petroleum aufgesaugt und Feuer gefangen hatte. Erschrocken versuchte sie, die Flammen auszuklopfen, und versengte sich dabei die Hände. Mit brennendem Rock rannte sie den Flur entlang, um zu der letzten offenen Tür zu gelangen, geriet aber an die falsche und rüttelte verzweifelt am Griff.
    Ihr Kleid brannte inzwischen lichterloh, und sie spürte, wie die Flammen sich in ihr Fleisch fraßen. Als sie sich umdrehte, um die rettende Tür zu erreichen, versperrte das Feuer ihr den Weg. Da erinnerte sie sich an die Weissagung der alten Miene und schrie so laut um Hilfe, als wolle sie die Flammen mit der Kraft ihrer Stimme ersticken. Im nächsten Moment bekam sie keine Luft mehr und brach zusammen. Ehe sie ohnmächtig wurde, fuhr ihr noch durch den Kopf, dass ihre Feinde gerade das gleiche Schicksal erlitten.

IX.
    L ore hätte nicht zu sagen vermocht, was sie geweckt hatte: der Ruf eines Vogels, ein Knacken im alten Gebälk oder der Wind, der an den Fensterläden rüttelte. Doch sie schoss hoch und blickte verwirrt um sich. Neben ihr lag Fridolin im tiefsten Schlummer, und sie wollte sich bereits wieder hinlegen, als Rauch in ihre Nase drang.
    Mit einem Satz war sie aus dem Bett, tastete sich zur Tür vor und öffnete diese. Mit einem wilden Aufschrei prallte sie zurück, denn der vordere Teil des Flurs brannte, und die Flammen schlugen immer höher.
    Fridolin schreckte hoch. »Was ist los?«, fragte er, dann sah auch er das Feuer. »Malwine! Lore, ich hätte auf dich hören sollen!« Er warf die Zudecke zurück, eilte ans Fenster und schrie wütend auf. »Verdammt, die sind vergittert!«
    Lore rannte auf den Flur hinaus, trommelte mit den Fäusten an die Türen, hinter denen Kowalczyk, Nele und Agathe schliefen, und stürmte dann in das Zimmer ihrer Kinder.
    »Aufwachen, schnell!«, rief sie und zerrte beide aus den Betten.
    Als sie mit Doro und Wolfi auf dem Arm auf den Flur trat, sah sie Kowalczyk in einem monströsen Nachthemd aus seiner Kammer eilen. »Heilige Maria Mutter Gottes, es brennt!«
    »Wir müssen raus!« Lore wollte zur Treppe, doch der Kammerdiener ihres Mannes hielt sie fest.
    »Da Sie kommen nicht durch. Wir müssen durch Fenster!«
    »Die sind vergittert!« Fridolin brüllte seine Panik hinaus. Er hatte die Gitterstäbe in der Schlafkammer herausreißen wollen, doch diese saßen fest. Nun stürmte er in das Kinderzimmer, um es dort zu versuchen. Obwohl Kowalczyk ihm half, zerrten sie vergebens an den Stangen.
    Jetzt stürzten auch Nele und Agathe kreischend aus ihrer Kammer. Das Feuer kam näher und näher, und allen war klar, dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb, bis der Rauch sie ohnmächtig werden ließe. Fridolin eilte in die Kammer zurück und holte Schals und Tücher. »Wickelt euch etwas um den Mund!«
    Lore kümmerte sich erst um die Kinder, die vor Schreck vollkommen verstummt waren, bevor sie sich selbst ein Tuch vor den Mund band.
    Inzwischen waren Fridolin und sein Kammerdiener bei zwei weiteren Fenstern gescheitert, und Lore hört ihren Mann fluchen wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
    »Wir werden alle sterben«, flüsterte Nele mit schreckensbleicher Miene.
    »Vielleicht finden wir weiter hinten ein Fenster, das nicht vergittert ist«, schlug Fridolin vor.
    Lore schüttelte den Kopf. »Es sind alle Fenster vergittert, aber …« Da fiel ihr etwas ein, und sie winkte den anderen, ihr zu folgen. »Vor zwölf Jahren hatte Malwine mich im letzten Zimmer auf diesem Flur eingesperrt, und dort war eine der Stangen lose. Gebe Gott, dass das Gitter mittlerweile nicht repariert worden ist.« Sie rannte voraus,

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