Kaiserkrieger 2: Der Verrat
als gutes Omen ansah. Der andere Mann war deutlich älter, ging sicher bereits auf die 50 zu und trug ebenso wie Arbogast eine vollständige Rüstung. Er musste ebenso wie der Germane ein hoher Militär sein.
Aus den Augenwinkeln sah Rheinberg, wie Africanus sich auf seine Knie niederließ. Er tat es ihm sofort nach. Kaum hatten ihre Knie den Boden berührt, als bereits die eher sanfte Stimme des Kaisers erklang.
»Erhebt Euch. Für Formalitäten haben wir später Zeit. Arbogast, dies sind unsere Gäste?«
»Es scheint so, mein Imperator.«
»Dann bietet ihnen Sitzplätze an.«
Aus dem Hintergrund erschienen Diener und schoben Sitzschemel heran. Wie aus dem Nichts standen dann Weinkaraffen und Schüsseln mit einfachen Speisen auf den eilends danebengestellten Tischlein. Arbogast, der von dem Ausmaß an Gastfreundlichkeit offenbar nicht vollends begeistert erschien, knurrte etwas und deutete eine einladende Handbewegung an, sobald sich Rheinberg und Africanus erhoben hatten.
»Ihr habt meinen getreuen General Arbogast bereits kennengelernt«, stellte der Kaiser ihn erneut vor, als sie sich alle gesetzt hatten. »Dies hier ist Malobaudes, König der Franken und ein weiterer höchst geschätzter Ratgeber in militärischen wie auch zivilen Fragen.«
Rheinberg deutete gegenüber dem älteren Mann mit dem gewichtigen Leibesumfang eine Verbeugung an, die dieser schweigend zur Kenntnis nahm. Der Kapitän fühlte sich denkbar unsicher. Er hatte einmal an einer Audienz bei Kaiser Wilhelm II. teilgenommen, zusammen mit 28 weiteren jungen Marineoffizieren. Es war eine nur sehr kurze Begegnung gewesen, doch das höfische Zeremoniell war vom Kaiser für seine Lieblingssoldaten auf das Allernotwendigste reduziert worden. Wilhelm hatte sich in Marineuniform gezeigt und versucht, seine Besucher mehr wie Kameraden und weniger wie Untertanen zu behandeln. Wenn Rheinberg sich richtig erinnerte, war ihm das alles wie eine schlechte Operette vorgekommen, obgleich das Schauspiel bei manchen seiner Kameraden die Wirkung nicht verfehlt hatte. Aber es gab einen Unterschied zwischen Wilhelm und Gratian: Wo der eine vom Krieg träumte und das Militärische mit seinen Zeremonien, seinen Pomp und seinen Glanz verehrte, führte der andere seit seiner Jugend einen endlosen Krieg um die Sicherheit seines Reiches, lebte mehr in Feldlagern als in kaiserlichen Residenzen und stand unter der beständigen Erwartung seines Volkes, selbst gegen jede Bedrohung von größerer Bedeutung vorzugehen. So sehr auch der Kaiserhof West- wie Ostroms in Friedenszeiten von höfischem Zeremoniell beinahe orientalischer Ausmaße dominiert wurde, so sehr waren römische Kaiser aber zugleich Pragmatiker und hatten es gelernt, auf diese Dinge zu verzichten, wenn es notwendig war. Marc Aurel, der berühmte Philosophenkaiser, hatte die letzten Jahre seiner Regentschaft nur auf Kriegszügen verbracht, und dies hatte nicht zuletzt zu seinen stoischen Überzeugungen beigetragen. So jung Gratian auch sein mochte, so sehr war er bereits durch das Leben als Feldherr geprägt worden.
Africanus übernahm es dann, sich selbst sowie Rheinberg vorzustellen. Sie hatten beide vereinbart, dass zu Beginn der Trierarch derjenige sein würde, der die bisherige Geschichte der Ankunft der Saarbrücken schildern würde, da der Imperator möglicherweise einem seiner Soldaten erst einmal mehr Glauben schenken würde. Africanus hielt seine Schilderung knapp, folgte streng den Fakten und verzichtete auf unnötige Ausschmückungen. Auch gab er kein Urteil über die charakterlichen Eigenschaften der Ankömmlinge ab, um gar nicht erst in den Verdacht zu kommen, den Kaiser und dessen Einschätzung ungebührlich beeinflussen zu wollen.
Gratian zeigte mit keiner Miene, wie der Vortrag bei ihm ankam. Sein Gesicht war ein Bild konzentrierter Aufmerksamkeit und es war ihm nicht anzusehen, ob er die Schilderungen des Trierarchen für glaubwürdig hielt. Arbogasts Züge hingegen verdunkelten sich mit jeder fortschreitenden Minute. Der Veteran schien von dieser Geschichte herzlich wenig zu halten, wenngleich Rheinberg nicht ersehen konnte, was er für einen Grund dafür hatte – entweder hielt er Africanus selbst für fragwürdig oder er meinte, er sei ungebührlich beeinflusst worden. Rheinberg musste sich immer wieder vor Augen halten, dass Magie und Zauberei in dieser Zeit für absolut real gehalten wurden und ein entsprechender Vorwurf sehr schnell einen Gerichtsprozess und ein tödliches Urteil
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