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Kapitalismus Forever

Kapitalismus Forever

Titel: Kapitalismus Forever Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Pohrt
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hasst und ihren Hass auskosten wird, wenn die Zeit für das Altersmatriarchat gekommen ist.
    Klar, es ist bitter für die Frau, einen Mann nehmen zu müssen, den sie nicht will. Das kommt aber auch ohne Zwangsheirat vor. Nämlich dann, wenn der Mann, den sie will, sie nicht will. Liebeskummer war früher ein häufiges Selbstmordmotiv.
    Die Pointe bei der Geschichte: In der Türkei ist das Thema noch beliebter und populärer als hier. Es liefert den Stoff für eine sensationell erfolgreiche Telenovela, die im ganzen Land für Gesprächsstoff sorgt. Das Publikum leidet mit dem perfekt besetzten schönen jungen Mädchen und verabscheut den ebenso perfekt besetzten viel älteren und ekelerregenden Mann. Vermutlich würde die Serie auch in Deutschland ein Erfolg, in ganz Nahost wird sie es bestimmt.
    Schade, dass es bei uns Herz & Schmerz-Ge­schich­ten von vergleichbarer Qualität nicht mehr gibt. Vielleicht sollte man das Jus primae noctis wieder einführen, nur damit man noch einmal den moralischen Triumph genießen kann, der sich bei der Abschaffung dieses Unrechts einstellt. Herrliche Zeiten, als Revolutionäre vor so einfach lösbaren Aufgaben gestanden haben. Aber diese Zeiten sind vorbei, nicht nur hier, auch in Ägypten. Bestimmt bricht in den arabischen Län­dern nicht das Reich der Freiheit an. Vielmehr sind dort ein paar Nachhutgefechte im Gange, die hier schon abgeschlossen wurden. Und das Ende vom Lied wird der Kapitalismus sein, ob er sich nun christlich, islamisch, konfuzianisch oder sonstwie nennt.
    Natürlich kann man einerseits sagen, dass durch Revolutionen alles nur noch schlimmer geworden ist. Die Französische Revolution hat der Menschheit den Nationalismus und die allgemeine Wehrpflicht gebracht. Letztere hat es möglich gemacht, dass die Gemetzel in den beiden Weltkriegen alle vorangegangenen in den Schatten stellten. Und ohne Demokratie kein NS-Regime. Anderseits: Niemand weiß, was uns geblüht hätte ohne die Französische Revolution.
    Auf jeden Fall kann man von Menschen nicht verlangen, dass sie sich mit der Despotie und den Folterkellern eines Mubarak-Regimes abfinden sollen. Sie haben das volle Recht, es mit Gewalt zu stürzen, ohne zu bedenken, was nachher kommt. Und vielleicht kommt es bei ihnen ja nicht so schlimm, wie es bei uns gekommen ist.

Alle Wege führen zum Kapitalismus
    Die kommunistische Gesellschaft wird also nicht das Resultat der Revolutionen in den arabischen Ländern sein. Warum sollten die Leute dort etwas schaffen, was bislang noch keinem gelungen ist? Und wenn nicht hier und nicht dort, wo dann? Vielleicht nirgends? Unabhängig von Zeit und Ort: Gibt es überhaupt eine Alternative zum Kapitalismus?
    Ebenso gut könnte man fragen, ob es eine Alternative zum irdischen Leben gibt. Ich sehe keine, aber ich habe nichts gegen Leute, die daran glauben. Vielleicht brauchen sie das. Vielleicht braucht das der Kapitalismus.
    Es ist doch so: Auf dieser Welt kann man nichts Gutes tun, ohne dass es zum Gedeihen des Kapitalismus beiträgt. Und wenn man was Schlechtes tut, nützt es ihm auch.
    Das ist kein Bonmot, sondern Lebenserfahrung. Wir haben damals, in der Protestbewegung, als unbezahlte und übermotivierte Hilfskräfte des heimischen Kapitals der BRD-Gesellschaft den längst fälligen Modernisierungsschub verpasst. Wir haben das »Bildungsnotstandsland Bundesrepublik« (eine Paro­le aus den Anfängen der Protestbewegung) vor dem Abstieg in die Drittklassigkeit bewahrt. Es war eine nationale Schande, dass Deutschland bei den prozentualen Bildungsausgaben auf dem Niveau von Uganda lag, wie uns vorgerechnet wurde. Wir haben die Scharte ausgewetzt.
    Uns ist es zu verdanken, dass heute an den Universitäten ein Fach namens Bildungsökonomie gelehrt wird. Die Fachleute können, so sagen sie, sogar eine Bildungsrendite berechnen. Wir haben damals dafür gesorgt, dass Milliarden in den Ausbau der Unis flossen und die Professorenzahl sich innerhalb kurzer Zeit vervielfacht hat.
    Ziemlich drollig das Ganze, wenn man so zurückblickt. Es bestätigt sich die Regel: »Der Mensch denkt, Gott lenkt.« Nehmen wir die Zeichenkette »Gott« als Platzhalter für je nach Belieben Kapital, Wert, Geschichte, Vorsehung, Schicksal – es stimmt immer.
    Und wie trickreich! Die Kraft des Glaubens an eine Revolution und die Begeisterung für sie der Stärkung des Kapitals dienstbar zu machen, das ist schon beinahe diabolisch.
    Die Frauenemanzipation hat Deutschland die höchste Beschäftigungsquote

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