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Kapitalismus Forever

Kapitalismus Forever

Titel: Kapitalismus Forever Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Pohrt
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Fortschritt wollen alle. Den wollen sie sogar bewahren. Und sie mögen es als pietätlos empfinden, an die Kosten dieses Fortschritts erinnert zu werden, aber Zynismus ist das leider nicht, nur eine Tatsachenfeststellung.

Noch eine Weltuntergangssekte: Verzweifelte Marxisten
    Jetzt noch mal ganz ernst und ohne Blödelei die Frage: Was bedeutet es denn nun, wenn ein Schirrmacher von der FAZ einer Sahra Wagenknecht von der Linkspartei Avancen macht und wenn die Zeit »Alternativen zum Kapitalismus« sucht?
    Ganz einfach: Es bedeutet, dass die Meinungsführer fühlen, was ich weiß: Es gibt keine Alternative zum Kapitalismus. Sie schwatzen darüber, weil es nur Geschwätz ist. Wie würden die Zeitungen wohl aussehen, wenn das Kapital tatsächlich bedroht wäre, wenn ein kommunistischer Umsturz auch nur als vage Möglichkeit am Horizont erschiene? Dann würde pausenlos »Die freie Gesellschaft und ihre Feinde« gedudelt, die Presse schösse aus allen Rohren.
    Mit solchen Formulierungen handelt man sich nur Ärger ein. Wenn sie »kommunistischer Umsturz« hören, denken manche Leute sofort an die Partei, die immer Recht hat. Aber kommunistische Parteien sind heute nostalgische Traditionsvereine, eigentlich Folklore. Vor denen braucht sich niemand fürchten. Vielleicht erbarmen sich die Artenschützer dieser KPs, oder sie kommen ins Weltkulturerbe der UNESCO.
    Jedenfalls wer­den sie nie wieder eine Massenbasis haben, weil es die Massen einfach nicht mehr gibt. Das Indus­trieproletariat ist heute in der BRD eine Minderheit, nicht umsonst heißt das Ding, worin wir leben, »Dienstleistungsgesellschaft«.
    Andere Leute sind richtig gemein. Sie fassen mit der vollen Patschhand in die offene Wunde und fragen, was denn ein kommunistischer Umsturz eigentlich wäre. Genau das weiß ich nämlich auch nicht, und sie haben es gerochen. Ich weiß nur, was keiner ist. Aber wenn ich mal einen zu sehen bekäme, also so ein Ding, was ich nicht kenne, nämlich den kommunistischen Umsturz, dann, glaube ich, wäre es eine Offenbarung.
    Stellen wir es uns wie bei Bildern vor. Könnte man, wenn man die Mona Lisa noch nie gesehen hat, sagen und beschreiben, wie das Bild aussehen muss? Unmöglich. Aber wenn man das Bild siehst, dann weiß man: Das ist es. Ähnlich bei aller wirklichen Kunst: Man sieht, hört, liest etwas, was man sich nie ausgemalt hatte, worauf man selbst nie gekommen wäre – und man versteht es sofort.
    Das ist übrigens ein weiterer Grund, warum ich Marxisten wie Robert Kurz – der aus Marx einen Unheilspropheten macht, und der wie alle Sektenpriester ein baldiges Eintreten der geweissagten Katastrophe verkündet, ohne sich auf ein Datum festzulegen – für Totengräber der Revolution halte, harmlose Totengräber, denn die Leiche modert seit vielen Jahren im Grab. Wenn man erst mal zehn Jahre fulltime Marx büffeln muss, um gegen die bestehende Gesellschaft rebellieren zu wollen, wird die Rebellion nie stattfinden. Wer kann sich denn diesen Luxus leisten?
    Und wenn er es kann, hat er sich nach zehn Jahren im Büffeln eingerichtet und büffelt einfach weiter. Was dabei rauskommt, hat man in Konkret (12/2011) nachlesen können. Das Blatt hatte eine Expertenkommission zusammengetrommelt und druckte nun Auszüge aus dem »Streitgespräch über den Kapitalismus in der Krise mit Thomas Ebermann, Michael Heinrich, Robert Kurz und Joseph Vogl.« Gremliza löcherte die Runde mit der Frage, wie man sich den großen Kladderadatsch denn vorzustellen hätte, ob die Versorgung mit Lebensmitteln zusammen­bräche etc. Das hätte mich auch interessiert, aber die Wirtschaftsweisen schwiegen eisern. Mit solchen Trivialitäten geben sich Marxisten nicht ab. Stattdessen klang es so: »Der Kapitalismus, und da würde ich auch Robert Kurz recht geben, ist ein gerichteter Prozess.« Ich weiß nicht, wen dies sinnfreie akademische Geschwätz aufrütteln soll, mir fallen dabei die Augen zu.
    Betrachten wir lieber die Tatsachen: Seit das Kapital existiert, stolpert es von einer Krise in die nächste. Dabei gedeiht es prächtig, Untergänge wirken aufs Kapital wie ein Jungbrunnen. Immer dann, wenn man meint, es sei am Verenden, ist es gerade dabei, neue Kräfte zu sammeln.
    Wunderbar, dieses Kapital, einfach wunderbar. Sein einziger Daseinszweck besteht darin, sich zu vermehren – wie das Leben selbst. Und wie das Leben selbst schöpft es aus der Vergänglichkeit alles Irdischen seine ewige Kraft. Alles geht und ging irgendwann zu Bruch, wann

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