Katrin mit der großen Klappe
„Und Olga macht natürlich auch
mit...“
„Ja“, sagte Olga, dankbar
dafür, daß Leonore es ihr so leicht machte, sich wieder an die Freundinnen
anzuschließen.
„Dann sind wir drei!“ stellte
Silvy fest. „Und was ist mit dir, Ruth?“
„Ich möchte lieber nicht“,
sagte Ruth zaghaft.
„Aber warum denn nicht?“
„Es ist immer so furchtbar voll
dort, und die großen Jungen rasen herum und werfen einen hin, im vorigen Jahr
habe ich mir mal den Knöchel verstaucht.“
„Angsthase!“ sagte Silvy
verächtlich.
„Damit ihr es gleich wißt, ich
mache auch nicht mit“, ließ sich Katrin vernehmen, „mir ist das Ganze zu
popelig.“
Die anderen starrten sie
verblüfft an.
Silvy war die erste, die sich
von ihrem Staunen erholte.
„Unser schöner Eislaufplatz!?“
rief sie. „Jetzt hört sich aber alles auf! Bei dir piept’s wohl!“
Katrin warf ihr schulterlanges
schwarzes Haar in den Nacken. „Hat sich was mit schönem Eislaufplatz!“ sagte
sie verächtlich. „Schön wäre er vielleicht, wenn er leer wäre. Aber was sich da
alles rumtreibt! Von den großen Jungen will ich gar nicht reden, aber auch
sonst... nein, meine Lieben, das ist nichts für mich.“
„Du bildest dir wohl ein, du
bist was Besseres als andere Leute!“
„Schon möglich“, erklärte
Katrin hochnäsig und fügte im gleichen Atemzug, um der Empörung der anderen
zuvorzukommen, hinzu: „Bitte, nehmt das nicht gleich persönlich, Freunde! Ihr
seid mir alle lieb und wert, aber Tatsache ist, daß ich Besseres gewohnt bin!“
Leonore lachte. „Sieh mal einer an! Möchtest du uns das nicht näher erklären?“
„Mit dem größten Vergnügen!“
Katrin hatte ihren Apfel und ihr Frühstücksbrot verzehrt, fuhr sich mit dem
Handrücken über den Mund und wischte die Hand dann an der Hose ab.
„Deine Manieren“, sagte Ruth,
„sind jedenfalls alles andere als einzigartig.“
Katrin ließ sich dadurch nicht
unsicher machen. „Wirklich feine Leute“, erklärte sie, „können sich alles
erlauben. Wußtest du das nicht?“
„Darum läufst du immer in alten
Hosen und schlampigen Pullovern herum, wie?“ fragte Olga, die, so schnell
beleidigt sie selber war, die Empfindlichkeit ihrer Mitmenschen durchaus nicht
schonte.
„Genau“, gab Katrin ungerührt
zurück, „ich bin nicht blöd genug, um mich für euch herauszuputzen... oder etwa
gar für die Schule oder für das Mohrchen!“
„Du wolltest uns erzählen,
Katrin, was dir an unserem Eislaufplatz mißfällt“, erinnerte Leonore.
Katrin pustete sich den dichten
Pony aus der Stirn. „Mißfallen, das ist nun nicht gerade der richtige Ausdruck.
Ich würde mich nicht wohl dort fühlen, das ist alles. Daß es euch Spaß macht, verstehe
ich durchaus. Ich will euch das Vergnügen nicht verderben. Nur... wenn ihr wie
ich bei einer Eislaufmeisterin gelernt hättet, dann würdet ihr von selber
verstehen, was ich meine.“
„Kann schon sein“, sagte Silvy
schnippisch. „Aber da wir das nun mal nicht gewohnt sind, solltest du es uns
doch näher erklären!“
„Wie denn?“ Katrin sah geradezu
verzweifelt eine ihrer Freundinnen nach der anderen an. „Erklärt ihr doch mal
einem Walfisch, wie ein Reh aussieht!“
Außer Silvy lachten alle
herzlich. Silvy ließ sich jedoch nicht abspeisen. „Bitte, versuch’s immerhin.
Schließlich haben wir ein bißchen mehr Hirnmasse als die Walfische.“
„Bist du sicher?“ fragte Katrin
und rutschte rasch ein Stückchen beiseite, um einem Knuff auszuweichen. Sie
legte die Arme um die Schultern von Leonore und Olga. „Im letzten Winter“,
sagte sie mit träumerischem Augenaufschlag, „war ich mit meinen Eltern in
Scuols-Tarasp. Das ist ein berühmter Kurort im Engadin. Meine Eltern haben dort
Bäder genommen, und ich bin Ski gefahren... aber das tut ja nichts zur Sache...
und Schlittschuh gelaufen.“
„Und?“ fragte Ruth.
„Der größte Teil des
Eislaufplatzes liegt unter freiem Himmel, einem knallblauen Winterhimmel. Man
sieht die schneeweißen bizarren Gipfel der Alpen...“
„Hoffentlich ist sie auch im
nächsten Aufsatz so poetisch“, flüsterte Olga Leonore zu. „Das würde dem
Mohrchen gefallen!“
Katrin fuhr in ihrer
Beschreibung fort, als wenn sie die Zwischenbemerkung gar nicht gehört hätte
„...und am Rande des Platzes flattern die bunten internationalen Fahnen! Ja,
ich weiß, das alles interessiert euch nicht! Aber was sagt ihr, wenn ich euch
jetzt erzähle, daß auf dem einen Eisplatz, der
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