Kein bisschen Liebe
die Karten gelegt habe, werden die Kunden schon kommen. Die Leute sind verzweifelt. Alle haben Probleme, brauchen Hilfe. Und ich brauche Geld.«
»Na, dann viel Glück in deinem neuen Metier. Ich gehe dann mal.«
»Immer bist du in Eile. Nie haben wir Zeit zum Reden.«
»Reden worüber?«
»Reden halt. Über alles.«
»Red nicht so viel.«
Sie sah mich an aus ihrer Einsamkeit, und ich spürte, wie sie mir sagte: ›Bleib noch ein wenig.‹ Aber nein. Ich küsste sie flüchtig auf die Wange und ging.
Ruhig, Tiger, nichts Neues
Ich bin es gewöhnt, dass all meine Liebesgeschichten aufregend und erschütternd verlaufen. Liebe mit Knalleffekt. Tiefe Spuren. Das Ende in der Psychiatrie. Ich begriff das jetzt, nach sechs Monaten allein. Praktisch allein, meine ich.
Ich kann nicht mit einer pflegeleichten, nüchternen Frau zusammenleben. Nein. Ich brauche leidenschaftliche, verrückte Frauen. Mit Feuer im Unterleib. So eine Frau ist heikel, liberal, vorurteilsfrei und unberechenbar. Reines Feuer. Ich muss sie an die kurze Leine nehmen und darf nicht lockerlassen. Sie bäumt sich auf, versucht, mich durch die Luft zu wirbeln. Aber ich behalte die Kontrolle. Mit der Reitpeitsche, die Zügel straff. Ohne einen Zentimeter nachzugeben. Bis sie müde wird und erkennt, dass ich der Reiter bin. Dann fängt sie an, von einer Familie und von Kindern zu träumen, und will, dass ich sie schwängere. Genau das gefällt mir. Zähmen und pervertieren. Die Frauen an meine Peitsche und an meine Küsse zu gewöhnen.
Bei unterwürfigen Frauen fühle ich mich unwohl. Ich werde wütend, aggressiv. Geistige Mattheit und Trägheit überkommen mich. Mein Sexualtrieb lässt nach, und ich beginne zu altern.
Jetzt versuche ich, alles zu rationalisieren. Wenn ich zu einem gewissen Maß an Vernunft finde, gelingt es mir vielleicht, besser zu leben. Mit weniger Erschütterungen und mehr Mattheit. Es ist schwierig. Fast unmöglich. Vielleicht versuche ich es in der nächsten Inkarnation noch einmal.
Ich dachte an all diese Sachen und pflanzte dabei einige Samen jamaikanisches Gras. Ein paar deutsche Journalisten hatten sie mir als Geschenk mitgebracht. Sie versicherten, auf Kuba würde das eine gute Ernte geben. »Das Zeug ist geruchsintensiv und sehr stark, pass auf. Kubanisches Kraut, das aus Baracoa, ist zu schwach«, sagten sie. Sie sind Kenner der Materie. In zwei Monaten sollte die erste Ernte fällig sein.
Da war ich also, versteckte das Gras in ein paar Beeten zwischen kleinen japanischen Bambussträuchern und anderen unschuldigen Blümchen. Und dabei sagte ich mir: ›Ruhig, Tiger, es gibt nichts Neues unter der Sonne. Verlier nicht die Geduld.‹ Außerdem befühlte ich mit der Zunge eine Zahnfüllung, von der mir am Vorabend ein Stück abgebrochen war. Keine Ahnung, wie. Jetzt ist da ein Loch, und die Zungenspitze sucht ein ums andere Mal diesen Ort. Ganz schöner Mist, einen Zahnarzt suchen zu müssen, der Material hat und gut arbeitet.
Da rief Miriam an. Sie wirkte etwas angespannt. Am Sonntag hatten wir eine heftige Auseinandersetzung gehabt. Es vergingen vier Tage, ohne dass ich sie anrief. Es war mir gleich, ob wir wieder zusammenkamen oder nicht. Ich glaube, ich bin in einer von meinen Buddhistischer-Mönch-Phasen. Ich ertrage nicht viele Leute um mich. Zwei Menschen, die zusammen sind und sich streiten, richten mehr Schaden an als eine aufgepeitschte Menge.
»Warum rufst du mich nicht an? Ich hab so Lust, dich zu sehen.«
»Ich auch.«
»Am Sonntag hast du dich aufgeführt wie ein Tier. Du kannst ganz schön aggressiv werden.«
»Und du hypersensibel.«
»Nein, nur …«
»Nix nur, Miriam. Du bist daran gewöhnt, dass du diesen Nichtsnutz von deinem Schwarzen an der Nase herumführen kannst, und glaubst, alle Männer wären gleich. Hast du jetzt Zeit?«
»Ja.«
»Dann beeil dich.«
Ich legte auf. Eine Stunde später war sie da.
»Bist du geflogen?«
»Im 195er.«
Wir küssten uns. Wir leckten uns ab. Ich zog sie aus, und wir redeten nicht weiter. Ich legte Musik auf, damit die Nachbarn sie nicht schreien hörten. Wir gefallen uns zu sehr, und wir machen es von Mal zu Mal zärtlicher. Sie hat einen Orgasmus nach dem anderen. Ich muss ihr nur was ins Ohr flüstern. Sie hat mir gesagt, dass sie bei ihrem Mann erst ganz am Ende kommt. Ich kann das kaum glauben. Ihr Mann hat einen fünfundzwanzig Zentimeter langen Schwanz. Meiner ist nur achtzehn Zentimeter. Sie hat beide gemessen. Sie sagt, meiner sei dicker, und
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