Kein Öl, Moses
lachen. Andererseits legen sie Wert auf Niveau, nämlich darauf, daß ihr Lachen Niveau hat. Also nehmen sie ihr Lachen als Beweis dafür, daß das, worüber sie gelacht haben, eine Satire war. Ein Musterfall für dieses Verfahren ist Charlie Chaplin. Viele Jahre lang hat er dem Publikum die scheinbar primitivsten Slapstick-Possen geboten, in die man - eben ihrer Primitivität wegen - alles mögliche hineindeuten konnte. Und tatsächlich betrachtete ihn die Welt als einen großen satirischen Philosophen, der den Kampf des kleinen Mannes gegen die übermächtige Gesellschaft dadurch zum Ausdruck brachte, daß er ins Wasser plumpste oder an einem Kanalgitter hängenblieb. Man jubelte ihm zu, und seine Filme waren monatelang ausverkauft. Dann wurde er älter und produzierte wirkliche wunderbare Satiren. Damit verlor er sein Publikum.«
»Und fand seine eigene Wahrheit.«
»Die Wahrheit lockt niemanden ins Kino. Und dem Schriftsteller droht eine ganz ähnliche Gefahr. Sobald er ein bestimmtes Niveau überschreitet, sinkt seine Beliebtheit ab und seine Bücher werden nicht mehr gekauft.«
»Läßt sich das vermeiden?«
»Ja. Indem man mittelmäßig schreibt. Indem man unter sein Niveau geht.«
»Wollen Sie damit sagen, daß der Schriftsteller sich an das Niveau seiner Leser angleichen, also zu ihnen herabsteigen muß?«
»Durchaus nicht. Er kann sie ignorieren und in seiner Einsamkeit schaffen, die der Engländer als >splendid isolation < bezeichnet. Allerdings wird er sich da sehr elend fühlen.«
»Und wenn der Schriftsteller zum Niveau der Masse herabsteigt?«
»Dann fühlt er sich noch elender.«
»Und wie bewältigen Sie diesen Zwiespalt?«
»Ich bin kein Schriftsteller. Ich bin ein Humorist.«
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