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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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humpelte, wurde er sofort bedient, die Kellner im Restaurant lasen ihm seine Wünsche von den Augen ab, die Angestellten öffentlicher Dienste umsorgten ihn mit der Hilfsbereitschaft einer Privatkrankenschwester. Jedermann hatte das Bedürfnis, den Dank der Nation oder wenigstens einen kleinen Teil davon an ihn abzustatten, jedermann empfand es als persönliche Beleidigung, wenn er für etwas Gekauftes oder Geleistetes zahlen wollte.
    Nach einiger Zeit hatte sich Ing. Glick an diesen Zustand gewöhnt. Schwierigkeiten entstanden nur noch dann, wenn die Rede darauf kam, wo er sich seine Verletzung zugezogen hatte. Glick, ein ehrenwerter Charakter und der Lüge abhold, reagierte auf allzu detaillierte Fragen nach der syrischen oder ägyptischen Herkunft seiner Wunde in der Regel mit einem müden Lächeln, das ungefähr besagen wollte: »Es gibt Dinge, die ein Mann lieber vergißt.« Manchmal verstand er sich auch zu verbalen Abwehrversuchen wie: »Ach, lassen Sie doch« oder: »Wozu darüber reden«.
    Ende November tauschte er die Krücken gegen einen Stock aus, aber der weiße Gipsverband leuchtete in alter Pracht vom Knöchel aufwärts und verschaffte ihm beim Philharmonischen Konzert einen selbst für ihn überraschenden Empfang. Glick war erst knapp vor Beginn eingetroffen und humpelte den Mittelgang entlang, als das Publikum plötzlich wie ein Mann aufstand und ihm eine donnernde Ovation bereitete. Errötend ließ er diesen Ausbruch nationaler Begeisterung über sich ergehen und dankte mit einem Winken seiner freien Hand. Nach Schluß des Konzerts fand er sich von Autobesitzern umringt, die um die Ehre stritten, ihn nach Hause bringen zu dürfen. Nachdem der Gewinner ihn im Wagen verstaut hatte, streckte Glick sein Gipsbein aus und entdeckte auf dem Verband eine Aufschrift, die sein Sitznachbar in der Dunkelheit hingekritzelt haben mußte:
    »Das Volk steht tief in Ihrer Schuld. Wir danken Ihnen.« Allmählich begann die Erinnerung an den Hergang der Dinge in Glicks Gedächtnis zu verschwimmen. Als ein populärer Schlagersänger, der ihn in einer Hotelhalle sitzen sah, sich vor ihm aufpflanzte und gratis drei Lieder zum besten gab, konnte Glick nur mit Mühe ein Schluchzen unterdrücken und murmelte vor sich hin:
    »Es war die Mühe wert... und ich täte es wieder...«
    Auch für die Anschaffung von Eiern, die in jener Zeit zu den schwer erhältlichen Konsumgütern gehörten, sorgte der Gipsverband, indem er einen anonymen Spender auf den Plan rief. Jeden Montag läutete eine freundliche alte Dame an Ing. Glicks Türe, übergab ihm einen Korb voll frischer Eier und flüsterte unter Tränen:
    »Gott segne Sie, junger Mann!«
    Dann wandte sie sich ab und entzog sich mit raschen Schritten seinem Dank. Nur einmal blieb sie etwas länger stehen, nahm all ihren Mut zusammen und fragte:
    »Wo wurden Sie verwundet, mein lieber Junge?«
    Und Ing. Glick antwortete:
    »Am Kanal.«
    Damit war sowohl der Wahrheit wie den patriotischen Bedürfnissen der Spenderin Genüge getan.
    Ing. Glick erwägt, auch nach der endgültigen Heilung seines Knöchels den Gipsverband noch ein paar Monate lang zu tragen. Am liebsten behielte er ihn für alle Ewigkeit. Oder gar bis zum Abschluß eines Friedensvertrags.

Weihnachtsgedanken eines Israeli
    Für ein Land, das sich unglücklicherweise nicht nach dem Slogan »Make Love, not War« richten kann, weil es seit dem Tag seiner Gründung gezwungen ist, Kriege zu führen - für ein solches Land hat das Weihnachtsfest als Symbol des Friedens auf Erden ganz besondere Bedeutung. Wir Israeli beneiden alle, die dieses wunderschöne Fest feiern können. Leider gehören wir nicht zu ihnen, obwohl Jesus der Nazarener eigentlich zu uns gehört.
    Was mich persönlich betrifft, so erfolgte meine erste Begegnung mit dem Weihnachtsbaum vor langer Zeit in einem Land des Exils, wo ich auf die Welt gekommen und aufgewachsen bin: in Ungarn. Ich war der einzige jüdische Schüler in meiner Klasse und unternahm verzweifelte Anstrengungen, mich irgendwie ins Weihnachtsfest einzugliedern. Zum Beispiel machte ich mich erbötig, meinen christlichen Mitschülern behilflich zu sein, wenn sie ihre Weihnachtsbäume nach Hause trugen. Die Ablehnung, auf die ich stieß, war typisch für jene Zeit und entsprach zugleich dem stacheligen Charakter des Nadelbaums; sie erfolgte mit den höflichen Worten:
    »Bemüh dich nicht. Ihr Juden habt ja unseren Heiland gekreuzigt.«
    »Nein«, widersprach ich. »Ich nicht. Wirklich

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