Keiner kuesst so heiß wie du
bis er herauskam. Vielleicht litt er unter Kopfschmerzen und musste ausschlafen. Also drehte sie sich auf dem Absatz um und setzte sich an ihren Schreibtisch. Für gewöhnlich war sie morgens immer die Erste im Büro. Sie liebte es, sich in Ruhe auf den Arbeitstag vorzubereiten, bevor das Telefon zum ersten Mal klingelte.
Brooke las die E-Mails und sortierte die Post. Doch immer wieder wanderte ihr Blick zur geschlossenen Tür. War er immer noch so aufgewühlt, weil seine Mutter in Untersuchungshaft saß? Aber wer wäre das nicht? Vermutlich konnte er ein anständiges Frühstück mit frischem Kaffee gebrauchen.
Sie stand auf und ging wieder zur Tür. Dann holte sie tief Luft und hob den Arm – als die Tür aufsprang.
Beim Anblick von RJ vergaß sie prompt die förmliche Begrüßung, die sie im Geiste einstudiert hatte. Sie hatte damit gerechnet, ihn müde und verkatert vorzufinden, doch weit gefehlt. In dem tadellos sitzenden Anzug sah RJ aus wie aus dem Ei gepellt. Ganz der Geschäftsmann, den seine Konkurrenten so fürchteten.
„Morgen, Brooke.“ Seine Augen leuchteten vergnügt.
„Guten Morgen.“ Die Begrüßung kam wie aus der Pistole geschossen, viel zu laut und viel zu schnell. Irgendwie sah er heute noch atemberaubender aus als sonst. Vielleicht, weil sie nun wusste, wie aufregend und begehrenswert dieser Mann war. Sie riss sich zusammen und versuchte sich zu konzentrieren. „Haben Sie gut geschlafen?“
„Den Umständen entsprechend nicht schlecht.“ Lässig lehnte er sich gegen den Türrahmen und blickte sie an. „Nach unserem Kuss ist es mir allerdings nicht leichtgefallen, allein einzuschlafen.“ In seine blauen Augen trat ein verklärter Ausdruck, und seine gedämpfte Stimme ließ keinen Zweifel an der Zweideutigkeit seiner Bemerkung.
Brooke biss sich auf die Lippe, um nicht zu lächeln und ernst zu bleiben. „Für mich auch.“ Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Offenbar wollte er den gestrigen Abend gar nicht vergessen. „Ich freue mich, dass es Ihnen heute schon besser geht.“
„Ich habe mir Ihren Ratschlag zu Herzen genommen. Zweifel und Schwäche kann ich mir im Moment einfach nicht erlauben. Stattdessen werde ich meine Kraft sammeln, um zu kämpfen. Ich muss voranschreiten, Brooke.“
„Das ist die richtige Einstellung!“ Sie lächelte ebenso erfreut wie verlegen. Das war der RJ, den sie kannte und umschwärmte. „Was steht heute auf dem Programm?“
Er neigte den Kopf und sagte mit leiser Stimme: „Der erste Punkt auf der Liste ist ein Date, das Sie für heute Abend vorbereiten sollen.“
Brookes Herzschlag schien einen Moment lang auszusetzen. Meinte er sie, oder wollte er wirklich, dass sie irgendeine fremde Frau anrief und …
„Hätten Sie heute nach der Arbeit Zeit?“
„Ja … ja, habe ich“, stammelte sie. Unglaublich! Es war ja nicht gerade so, dass sie einen Ruf als Verführerin zu verteidigen hätte.
„Dann werde ich einen Tisch reservieren und Sie um halb acht abholen.“
„Großartig.“ In ihrem Kopf begann es zu rattern. Was sollte sie nur anziehen? Für ein Dinner waren ihre Lieblingskleider viel zu förmlich. Ihre dürftige Auswahl …
„Ansonsten habe ich jetzt gleich einen Termin, und in Ihrem Posteingang sind einige Aufgaben, die Sie erledigen müssten.“
„Großartig.“ Offenbar war dies das einzige Wort in ihrem Vokabular. „Dann bis später“, rief sie ihm hinterher, als er zum Aufzug ging.
Ein Date mit RJ. An diesem Abend. Und sie musste sich nicht einmal um die Reservierung kümmern! Trotzdem tat die Arbeit sich nicht von allein, und wie an jedem anderen Tag musste sie seine Korrespondenz durchsehen und seinen Terminplan koordinieren.
Plötzlich hatte sie das Gefühl, eine Spielfigur auf dem Feld des Leiterspiels zu sein. Drei Schritte vor und sie würde die Sprossen auf der Leiter zum Dinner mit RJ erklimmen. Und beim nächsten Wurf? Würde sie eine Fünf würfeln, wieder herunterfallen und gefeuert werden?
Da sie nicht wusste, wohin RJ sie ausführen würde, entschied Brooke sich für ein lässig-elegantes Outfit. Sie trug ein leichtes Kleid mit Blumenmuster und dazu einen feinen Kaschmirschal. Ihr Haar glänzte, ihr Gesicht war entspannt und, einmal abgesehen von den hochroten Wangen, sah sie eigentlich ziemlich gut aus.
Trotzdem sprang sie erschrocken auf, als es klingelte. Sie holte tief Luft und ging zur Tür.
„Hi.“ Sie hatte das Gefühl, unglaublich dämlich zu grinsen, als sie RJ sah, der groß, schlank und extrem
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