Keiner wie er (German Edition)
Colleges mit besseren Ergebnissen kompensieren.
Und so hielt Tina sich von den anderen Studenten fern, schloss keine Freundschaften, lehnte alle Avancen in dieser Richtung strikt ab und galt bald als arrogant und affektiert. Man ging ihr aus dem Weg. Alte Bekanntschaften aufleben zu lassen war unmöglich, denn während ihrer Kindheit in Gilman pflegte sie keine. Auch das erwies sich jetzt durchaus als Vorteil. Saß Tina nicht in den Vorlesungen, wurde ihre Zeit mit Lernen oder Arbeiten ausgefüllt.
So, wie es sein sollte.
Zunehmend bereitete ihr jedoch Vera Sorgen, besonders, als sich das Studium nach zwei Jahren seinem Ende zuneigte. Ihre Zukunftspläne führten Tina allesamt weit weg von der Heimat. Als alle Bemühungen versagten, lud sie ihre Mom nach dem Examen zu einem Urlaub in Florida ein.
Der Plan, so unausgegoren er sich auch darstellte, ging auf. Die Sonne schien Vera neuen Lebensmut zu verleihen. Nach drei Tagen gehörte beinahe die gesamte Melancholie der Vergangenheit an. Und als Mrs. Hunt dann auch noch zwei Tage vor ihrer Abreise einen Mann kennenlernte – Collin – begann Tina zu hoffen, die Probleme würden sich ganz von selbst lösen.
Zu Recht.
Vera schien wie ausgewechselt. Es gab keine schluchzende Szene, als Tina sich schließlich auf den Weg nach L.A. begab. Dort begann ihre Karriere nämlich. Und bereits nach zwei Monaten traf der erlösende Anruf ein.
Vera würde Collin heiraten und nach Miami übersiedeln.
Das ging beängstigend schnell, doch Tina war mittlerweile egoistisch genug, dem Schicksal dankbar zu sein. Nie hätte sie ihr Ziel rücksichtslos verfolgen können, wäre ihre Mutter allein in Gilman zurückgeblieben.
Die Hochzeit wurde im engsten Familienkreis abgehalten. Neben Tina nahmen nur noch Collins Töchter aus erster Ehe teil: Sue und Becky. Stockblöde und potthässlich, verfügten sie über so gut wie kein Benehmen, das diese Bezeichnung verdiente. Vera schien trotzdem mit ihnen auszukommen. Nur gegen deren Tochter hegten die Mädchen von Anfang an eine offensichtliche Abneigung.
Als Tina am nächsten Morgen zurück nach L.A. fliegen konnte, tat sie es nur allzu bereitwillig.
Wenige Stunden später stand sie in ihrem mickrigen Appartement. Nur das Notwendigste hatte sie angeschafft, keineswegs plante sie, hier länger wohnen zu bleiben.
Die Anstellung in der bekannten Werbefirma diente als Trittbrett und um sich ein kleines finanzielles Polster zu schaffen. Bald bewies Tina ihrem von ihr überaus begeisterten Chef – Mr. Parker – dass sie nicht nur hübsch aussah, sondern auch Köpfchen besaß. Besonders, wenn es um Marketing ging. Über Gebühr protegierte er die junge Frau und ließ sie die Karriereleiter in beängstigender Geschwindigkeit erklimmen. Dass sie zur Unterstützung einige Male mit ihm ins Bett ging, betrachtete Tina als angemessene Gegenleistung. Möglicherweise glaubte er, sie zu benutzen, aber in Wahrheit verhielt es sich genau gegensätzlich. Parker, einschließlich seines gesamten aufgeblasenen Unternehmens, stellte nicht mehr und nicht weniger als Tinas Sprungbrett an die Spitze dar.
Und die Rechnung ging auf.
Tatsächlich frei war sie erst, nachdem sie ein Jahr später Parkers Firma verließ und ihn damit um eine Topkraft und Geliebte ärmer machte. Seine Wut interessierte hierbei weniger.
Sex gehörte auch danach zu ihrem Leben. Doch existierten inzwischen einige Regeln, über die Tina nie im Einzelnen nachdachte, sie dennoch eisern beherzigte:
Es gab nie eine zweite Nacht mit dem gleichen Mann.
Tina entschied, was, wie, wo und wann ablief. Ließ der Anwärter sich nicht darauf ein, durfte er gehen.
Strikt wurden sympathische Männer gemieden, Womanizer gern akzeptiert – das ersparte einem viele Diskussionen. Tinas Entscheidung fiel anhand des Äußeren und dem möglichen Vorteil, den ihr der Kandidat brachte. Ob es sich um menschlichen Abfall handelte, spielte hierbei keine Rolle – der wurde sogar bevorzugt. Nie nannte Tina ihren Namen, nie entwickelte sie das geringste Gefühl und mied jeden Mann, der nur annähernd grüne Augen besaß. Egal, wie gut er aussah und wie unsympathisch er auftrat.
In der Zwischenzeit hatte Tina sich auf dem freien Markt einen äußerst guten Ruf erarbeitet. Was fehlte, besorgte die Mundpropaganda. Bald konnte sie durchaus wählerisch bei der Auftragsannahme vorgehen. Nur jene wurden akzeptiert, von denen sie sich neben dem Scheck noch weiteren Nutzen ausrechnete. Ihr Appartement wurde ersatzlos
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