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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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»Das sollte mir nicht schwerfallen.«
    »Well, ich versorge Euch an der Küste mit reichlichen Mitteln, so daß Ihr schnellstens nach Hause kommt. Ich betone aber ausdrücklich, daß ich es Euch zur Bedingung mache, daß Ihr sie auch heiratet.« Sie ging ganz dicht an ihn heran und zischte plötzlich wie eine Schlange. »Glaubt nicht, daß Ihr mich hintergehen könnt, wenn Ihr erst in Freiheit seid. Mein Arm wird bis in das deutsche Nest reichen, in dem Ihr wohnt. Ich werde Euch zugrunde richten, wenn Ihr nicht Wort haltet. Schwört, bei allem, was Euch heilig ist, schwört!«
    Eberstein hob verwundert die Rechte und leistete einen Eid, der eher einem Fluch gleichkam.

3
    Sie wurden gezerrt und getreten, geschunden und geschlagen. Die Sonne brannte auf das Geröll. Und sie mußten doch immer weiter, ohne Pause, ohne zu ruhen. Sie konnten sich kaum noch auf den Füßen halten. Aber wenn sie schwach wurden oder nicht mehr wollten und einfach aufgaben, dann trieben sie ein paar heftige Kolbenstöße weiter, die ihnen ihre Wächter vom Kamelrücken herab versetzten.
    Was einmal Schuhe und Stiefel gewesen, das waren nur noch Fetzen an den blutenden, von scharfkantigen Steinen zerschnittenen Füßen.
    Durch fünf bis sechs Ellen lange Seile waren die Gefangenen mit den Sattelgurten der trabenden Kamele verbunden. Das Ende dieser Seile schlang sich um ihre Handgelenke und war dort mit so großem Geschick verknotet, daß sich die Fesseln bei jedem Widerstand stets weiter zusammenzogen und immer tiefer in das Fleisch einschnitten.
    Zu essen hatten sie wenig bekommen. Sie spürten die wenigen Bissen kaum im Magen, und wenn irgendwo eine Quelle aus den Felsen des Atlasgebirges sprudelte, so war das nur eine vergnügliche Abwechslung für die Wächter, die sich volltranken und ihre Kamele saufen ließen, um sie dann, sobald sich die Gefangenen halb verdurstet am Wasser niedergeworfen hatten, weiter-zujagen — kaum, daß die Gequälten ihre aufgesprungenen Lippen genetzt hatten. Vor zehn Tagen bereits hatten sie das Tell [1] hinter sich gelassen, hatten die Gegend der Schotts und Salzsümpfe durchquert, waren an Hunderten von Duars 2 vorbeigekommen, von Arabern beschimpft und bespuckt worden und traten nun in den großen Atlas ein, den Gebirgszug, hinter dem sich die unermeßliche Sahara eröffnete, in der der Mensch verloren war wie ein Salzkorn im Sandhaufen.
    La ilaha ila Allahu wa Mohammad rasul al-mahdi! — Es ist kein Gott außer Allah, und Mohammed ist der Gesandte Gottes! —
    »Maldito«, fluchte Alfonso Jardin mit schwacher Stimme; es klang mehr wie ein Weinen. Der Kamelreiter, an dessen Tier er hing, hatte den Fluch vernommen. Wenn er auch nicht spanisch verstand, so war ihm zumindest aus der Betonung der Sinn des Wortes klar. Ein Kolbenschlag auf die Schulter des Spaniers war die Antwort, und »Jallah! — Jallah!« trieben die anderen Reiter grinsend ihre Tiere zu noch schnellerer Gangart an.
    Es ist erstaunlich, was der Mensch ertragen kann, dachte Michel Baum. Beinahe waren sie frei gewesen. Die Segel der »Medina« waren schon vom Wind gebläht, als plötzlich die Kanonen des Hafenforts donnerten und ihre Kugeln auf das Schiff schickten. Der Kapitän, Abu Hanufa al Dinaweri, hatte unter seiner braunen Haut die Farbe verloren. Der gelehrte Steuermann, Ihn Kuteiba, war auf die Knie gesunken und hatte zum Propheten und allen Kalifen um Rettung gefleht. Und der schurkische Abdallah war nirgends auf dem Schiff zu sehen gewesen. Michel Baum, der Pfeifer, stand am Heck und legte das Gewehr an. Aber die Wirkung der Kanonenschüsse auf die Mannschaften war frappierend. In diesem Augenblick erst hatten sie begriffen, daß ihr Kapitän eigenmächtig, ohne Befehl des Daj, in See gehen wollte. Sie konnten sich keinen Reim darauf machen, doch die Kanonen redeten eine deutliche Sprache. Es war gegen den Willen des Herrschers, daß die »Medina« den Hafen verließ; um das zu merken, brauchte man weder lesen noch schreiben zu können.
    Und die wilden Burschen reagierten dementsprechend. Im Nu hatten sie die Flüchtlinge niedergerissen und gebunden.
    Als ein Boot, mit Janitscharen bemannt, herankam, brauchten sie die wieder Eingefangenen nur noch einzuladen und an Land zu rudern, wo sie der Wesir des Daj, Hussejn, bereits erwartete. Die erste Tat des algerischen Paladins war, daß er die Nilpferdpeitsche schwang und sie den Flüchtigen ein paarmal über das Gesicht zog. Allerdings verschonte er die noch immer mit der

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