Kill Order
schwang in eine schattige Diele.
„Was tun Sie hier?“, fragte jemand in ihrem Rücken. Azizah fuhr herum. Ein Mann war zwischen den Büschen aufgetaucht. Er war nicht sehr alt, und er sah auch nicht wie ein Einheimischer aus.
"Guten Tag." Sie straffte ihre Schultern, plötzlich doch nervös. „Ich wohne unten im Dorf. Sind Sie Nicolá Martin?“
*
Nikolaj hatte die Frau schon vor zehn Minuten bemerkt, als sie das letzte Stück des Aufstiegs in Angriff genommen hatte. Es war einer der Vorteile des Anwesens, dass es nur einen Zugang gab, der von oben gut einsehbar war. Von unten konnte man das Haus dagegen erst ausmachen, wenn man direkt davor stand. „Ich habe Sie noch nie im Dorf gesehen“, sagte er.
„Das liegt daran, dass ich seit vier Jahren nicht mehr zu Hause lebe.“ Ihr Lächeln wirkte echt, aber vielleicht war sie einfach eine gute Schauspielerin. „Ich bin zu Besuch bei meinen Eltern.“ Sie sah ihm gerade ins Gesicht, das war ungewöhnlich und steigerte sein Misstrauen. „Mein Name ist Azizah Abourjeili.“ Nikolaj antwortete nicht, sondern betrachtete ihre Kleidung. Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Sehr europäisch. „Ich wollte mich vorstellen, schließlich sind wir so etwas wie Nachbarn.“
Er zögerte noch immer, unsicher, wie er reagieren sollte. Falls sie wirklich die war, für die sie sich ausgab, würde es Verwunderung erregen, wenn er sie wieder fortschickte, ohne sie wenigstens zu einem Tee einzuladen. Die Leute hier nahmen das Gebot der Gastfreundschaft ernst. Sie respektierten es, dass er ein zurückgezogenes Leben führte. Dennoch würden sie sich fragen, warum er das Gastrecht so grob verletzte. „Ich bin Nicolá Martin“, sagte er schließlich und streckte die Hand aus. „Freut mich, Sie kennen zu lernen.“
*
Auf der anderen Seite des Hauses lag eine Terrasse, etwas erhöht und von Akazien beschattet. Schiebetüren führten von der Küche nach draußen. Azizah wischte eine Handvoll Blütenblätter vom Tisch und beobachtete die Spatzen zwischen den Ästen.
Nicolá brachte ein Tablett mit einer Silberkanne, zwei dickwandigen Gläsern und einer Schale voller Datteln heraus. Sorgfältig stellte er alles auf dem Tisch ab. Azizah griff nach ihrem Glas. Gewürzduft stieg ihr in die Nase. „Sie haben es schön hier.“
„Ja“, murmelte Nicolá, „ich schätze die Ruhe hier oben.“
„Ich kenne das Anwesen von früher. Als Kinder haben wir manchmal hier gespielt. Seit wann wohnen Sie in dem Haus?“
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Sie dachte, dass er ein gut aussehender Mann war. Seine Haut war gebräunt, das Haar sandfarben mit von der Sonne vergoldeten Strähnen. Bartstoppeln bedeckten sein Kinn und die Wangen auf eine Weise, die ihr gefiel. Ihr Blick blieb an seiner Hand hängen. Ein merkwürdiges Muster überzog den Handrücken, eine Art Narbengeflecht wie von einem schweren Unfall. Schnell sah sie weg.
Nicolá schien es gar nicht zu bemerken. „Ich habe das Grundstück vor ein paar Jahren gekauft. Ich musste viel reparieren. Das Badezimmer ist zweihundert Jahren alt. Beim Umbau habe ich ein Mosaik entdeckt, das der Vorbesitzer einfach zugemauert hatte.“
Azizah lachte leise. „Hier leben einfache Bauern. Sie züchten Schafe und kümmern sich nicht um alte Mosaiken.“
„Selman Abourjeili ist Ihr Vater?“
„Kennen Sie ihn?“
Er nickte. „Was machen Sie, wenn Sie nicht Ihre Eltern besuchen?“
Sie streifte ihr Haar zurück, eine Geste, mit der sie ihre Nervosität zu überspielen versuchte. „Ich studiere Kunstgeschichte in Mailand. Ich bin nur ein oder zwei Mal im Jahr hier. Ich habe Ihre Bilder gesehen. Im Kloster.“
„Ach ja“, murmelte Nicolá.
„Sie sind großartig.“
„Finden Sie?“ Er machte eine vage Handbewegung. „Die Mönche mögen sie, deshalb habe ich sie ihnen geschenkt.“
„Stellen Sie Ihre Kunst auch aus?“
Nicolá schüttelte den Kopf.
„Aber das sollten Sie tun. Ihre Bilder würden sich bestimmt gut verkaufen.“ Die schmalen Lippen verzogen sich zu einem flüchtigen Lächeln. Sie fragte sich, was wirklich in seinem Kopf vorging. Nach der unfreundlichen Begrüßung behandelte er sie nun sehr höflich. Dennoch hatte sie das Gefühl, dass ihr etwas entging. „Was tun Sie denn beruflich, wenn Sie nicht malen?“
Sein Lächeln vertiefte sich, erreichte aber nicht die Augen. „Früher hatte ich eine Firma für Datenbanken. Ich habe sie verkauft.“
„In Beirut?“
„Nein,
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