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Klotz, Der Tod Und Das Absurde

Titel: Klotz, Der Tod Und Das Absurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
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er nach draußen gehen und nachsehen sollte.
Dann schaltete er das Autotelefon ein und wählte eins eins
    Null
    Die Schatten liefen davon. Vier. Drei oder vier. Bodo hatte sie
deutlich erkennen können, als sie hinter dem Bagger hervorgekommen waren. Na
ja, er hatte sie auf jeden Fall in ihrer Anzahl erfasst, in ihrer ungefähren
Anzahl. Das war schon was. Immerhin. Und dass der eine kleiner und dicker und
der andere länger und dünner war. Und ein anderer war besser gekleidet. Sah
zumindest irgendwie so aus. Und dass sie alle noch jünger waren, auf jeden Fall
jünger als er selbst. Das hatte er deutlich gesehen. Irgendwie.
    Bleiben Sie, wo Sie sind. Wir schicken einen Streifenwagen raus.

2006

17. Dezember
    Klotz stand oben am Burgberg und starrte hinunter auf den Weg,
den er gerade vom Hauptmarkt her nach oben genommen hatte. In Zukunft würde er
häufiger hierherkommen, dachte er, und gleichzeitig ärgerte er sich über seine
Kurzatmigkeit und dass er schon wieder schwitzte. Was war das überhaupt,
verdammt noch mal, für ein Winter? Außer dass seine Uhr eine Tageszeit von
sieben Uhr achtundfünfzig anzeigte, gab sie vor, dass es sich bei dem
anbrechenden Tag um den 17. Dezember handelte. Und das bei sechs Grad plus! So
hatte es die digitale Temperaturanzeige auf dem Hauptmarkt zumindest angegeben.
Kein Frost, kein Bibbern, nicht eine einzige Eisblume irgendwo. Sie sollte sich
schämen, diese bescheuerte Temperaturanzeige, und das Wetter gleich mit!
    Er blickte auf und schnaufte. Vor ihm lag ein unregelmäßiger, von
Wind und Wetter gezeichneter Sandsteinblock, und über diesem Fels thronte die
Nürnberger Burg. Rechts konnte er den Luginsland erkennen, einen viereckigen
Turm, von dessen Erkern aus man im Spätmittelalter das umliegende Land
beobachtet hatte und herannahende Feinde hatte ausmachen können. Links führte
der Weg an Mauern und Felsen vorbei zum Eingangsportal der Kaiserburg. Und wäre
er diesen Weg gegangen, durch den gotischen Bogen hindurch und weiter, nach
rechts, über eine kleine Treppe hinauf, vorbei am Sinwellturm, dem Bergfried
der Burg, und wäre er durch ein zweites Portal getreten, dann wäre er
schließlich an einer Aussichtsplattform angelangt, von der aus man ganz
Nürnberg und das umliegende Land hätte betrachten können. Wahrscheinlich hätte
er sich an die steinerne Brüstung gelehnt und hinabgesehen. Hätte die steil
aufragenden Türme der beiden Kirchen Sebald und Lorenz unterschieden. Sich
wieder einmal über die hohen, stark ansteigenden Dächer über den Chorgewölben
gewundert. Bei deren Anblick musste er irgendwie immer an die Höcker von
Kamelen denken oder an die stark ausladenden Hinterteile zweier betagter Damen,
die sich noch einmal in Schale geworfen hatten, um wie auf einer letzten Feier
jüngere Gäste zu beeindrucken und für sich einzunehmen. Zwischen den
kamelhaften Damen ragte etwas auf, was diesen beiden fehlte, etwas Rundes, was
ihn irgendwie an eine weibliche Brust erinnerte: Die mächtige Kuppel von Sankt
Elisabeth.
    Und wäre er auf das Plateau gegangen und hätte er weiter geschaut,
dann hätte er den modernen Rundturm der Nürnberger Versicherung nicht übersehen
können, ebenso wenig den massigen Bau der Bundesagentur für Arbeit, von dem aus
meist weniger gute Nachrichten in das gesamte Bundesgebiet entsandt wurden.
Irgendwie lustig, hätte er vermutlich gedacht, dass die Symbole von Sicherheit
und Vertrauen und die von Unwägbarkeit und Angst so nahe beieinanderlagen.
    Vielleicht hätte er weiter nach rechts gesehen und den steil
aufragenden Fernsehturm wahrgenommen, der in der Ferne wie eine Rakete dastand
und verheißungsvoll in regelmäßigen Abständen aufblinkte. Und obwohl er diese
Stadt, seine Stadt so sehr liebte, hätte
er angesichts ihrer architektonischen Zerrissenheit vielleicht Lust bekommen,
in diese Rakete einzusteigen, um sich in die Leere des Weltalls katapultieren
zu lassen, um die vielen Bombenlücken zu vergessen, die der letzte Krieg
gerissen hatte, und dieses Durcheinander aus Moderne, Gotik und Barock.
    Doch all dies tat er nicht. Tatsächlich nahm er die Zeitung, die er
sich eben auf dem Weg zur Burg aus einem der Zeitungsspender genommen hatte,
und legte sie in die verwaschene Kuhle eines Felsvorsprungs, der einer
Begrenzungsmauer der Burganlage vorgelagert war. Wie gemacht für mein
geschundenes Gesäß, dachte er kurz, indem er das Arrangement durch einen
dampfenden Pappbecher komplettierte. Nachdem er sich den speckigen

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