Knight 07 - Im Bann der Sehnsucht
Das Zebraholz braucht fünfzig Jahre, bis es ausgewachsen ist. Wenn zu viel davon gleich- zeitig geschlagen wird, können die Wälder sich nicht erholen.“
„Seine Seltenheit ist es, die es so wertvoll macht, Miss Far- raday.“ Jacks Worte klangen spöttisch, ihre Schelte ärgerte ihn. „Die besten Möbelmacher Londons werden gutes Geld dafür zahlen.“
„London?“, stieß sie hervor und stieß sich plötzlich von dem Balken ab. Mit großen Augen trat sie näher. „Ist das Ihr nächstes Ziel?“
Er nickte. „Warum fragen Sie?“
Sie sah ihn lange an, dann senkte sie den Kopf, als habe es ihr auf einmal die Sprache verschlagen.
Er hob die Brauen. „Stimmt etwas nicht, Miss Farraday?“
„Oh ... nein. Es ist nichts. Nur... ich habe mir so oft gewünscht, dorthin zu kommen.“
„Nach London?“, fragte er. „Wieso? Das Wetter ist kalt, und die Leute sind es ebenfalls.“
Erstaunt sah sie ihn an. „Nein, das sind sie nicht.“
„Natürlich sind sie das. Es ist ein elender Ort. Ich gehe nur dorthin, weil ich muss.“ Sein Tonfall klang gelangweilt, doch seine Worte waren ehrlicher, als es ihr vermutlich bewusst war.
„Warum müssen Sie?“, fragte sie.
„Natürlich um diese Bäume loszuwerden.“ Der Versuchung, sie ein wenig zu necken, konnte er nicht widerstehen, denn die Wahrheit konnte er ihr unmöglich sagen. „Wenn der Prinzregent einen Tisch aus Zebraholz bekommt, dann muss jede Gastgebe- rin der ton auch einen in ihrer Eingangshalle haben.“
Seine Worte entlockten Trahern ein leises Lachen, aber Miss Farraday wirkte nicht im Geringsten belustigt.
„Bestimmt sind die Leute nicht so schlimm, wie Sie behaup- ten.“
„Nein, in Wirklichkeit sind sie noch schlimmer“, meinte Jack. Es machte ihm Spaß, sie zu ärgern, und seine Augen glitzer- ten vor Vergnügen. „Wichtigtuerisch und oberflächlich. Vertrau-
en Sie mir. Ich kenne diese Leute so gut wie meine Westenta- sche. Mein älterer Bruder ist schließlich ein Duke. Trahern, was meinst du, vielleicht mag Hawkscliffes Duchess auch einen Tisch aus Zebraholz.“
„Berechne ihm den doppelten Preis.“
Jack lachte, zuckte dann aber zusammen, als ein Tropfen Ana- nassaft auf den Splitter in seiner Hand fiel. „Autsch.“
Stirnrunzelnd sah Miss Farraday ihn an und wirkte inzwi- schen etwas unsicher, ob es eine gute Idee gewesen war, ihn zum Tee einzuladen. „Was ist los?“
Er murmelte, es wäre nichts.
„Haben Sie sich verletzt?“
„Nur ein Splitter vom Aufladen des Holzes.“
„Lassen Sie mich das sehen.“ Sie ging zu ihm, nahm seine Hand und öffnete die Faust. Dann betrachtete sie den Splitter, der sich wie eine Nadel unter die Haut geschoben hatte, und sah ihn dann an. „Zebraholz, möchte ich wetten.“
„Nun, ich versuche, mit der Mode zu gehen.“
„Meiner Meinung nach verdienen Sie diesen Splitter. Trotz- dem werde ich Ihnen helfen, Lord Jack. Setzen Sie sich bitte.“
„Nein, danke. Es ist nichts. Ich werde mich auf meinem Schiff darum ...“
„Hinsetzen!“
Bei ihrem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ, zog er eine Braue hoch.
„Keine offenen Wunden im Regenwald“, erklärte sie. „Das ist ein Gesetz.“
„Offene Wunden?“, spottete er. „Das ist nur ein Kratzer.“
„Es ist ein großer Kratzer, und er geht tief. Vertrauen Sie mir. Wenn Sie sich nicht gleich darum kümmern ... Aber Sie wollen bestimmt gar nicht wissen, was dann so alles passieren kann.“
„Was kann denn passieren?“, fragte Trahern und erbleichte.
„Ich bin sicher, Sie wollen nicht, dass ich Ihnen das erzähle, meine Herren. Es ist ganz abscheulich.“
Erwartungsvoll sahen sie sie an.
Sie seufzte. „Selbst kleine Kratzer können sich im Regenwald schnell infizieren. Wenn Sie es unbedingt wissen wollen – es gibt ein kleines Insekt, das gern seine Eier in offenen Wunden ablegt. Danach hilft nur noch eine Amputation.“
Sofort setzte Jack sich auf den Stuhl, den sie ihm gezeigt hat- te, und streckte ihr seine Hand hin. „Ich gehöre ganz Ihnen,
meine Liebe. Ich hoffe nur, dass Sie nicht Ihre Machete benöti- gen.“
Sie lächelte ihm zu und ging dann fort, um ihren Nähkorb zu holen.
Eden fühlte, wie er sie mit seinem Raubtierblick beobachtete, doch noch immer schlug ihr Herz schneller – seit sie gehört hat- te, dass er mit seiner Mannschaft als Nächstes England ansteu- ern würde.
Gewiss war dies das Wunder, um das sie gebetet hatte. Jetzt musste sie nur noch den Mut finden, den berüchtigten Black
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