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Knuddelmuddel

Knuddelmuddel

Titel: Knuddelmuddel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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ein bisschen zu, wie sie das Gepäck auf das Band legen, und die Jacken ausziehen und den Gürtel abmachen und die Schuhe ausziehen. Eines Tages müssen wir hier noch strippen, sagt Tom. Ich habe mal einen Film aus den Fünfzigern gesehen, sage ich, da gingen die Leute einfach aufs Rollfeld. Alleine daran sah man, dass das ein alter Film war. Da konnte man noch in ein falsches Flugzeug einsteigen, so wie Marylin Monroe in Wie angelt man sich einen Millionär . Da will sie nach Atlanta fliegen und fliegt stattdessen nach Kansas City. Der Mann neben ihr sagt, wenn ich erst in Kansas City bin, dann ..., und sie sagt zu ihrem Sitznachbarn: Wer fliegt denn hier nach Kansas City? Und der Nachbar sagt, wir fliegen nach Kansas City, wieso fragen Sie? Und sie sagt, ach, ich hab nur mal so gefragt. Ja, das waren noch Zeiten.
    Dann wird der Flug nach London aufgerufen und Tom ist der nächste, der aus meinem Leben verschwindet. Er wird nach London fliegen und von dort nach Mumbai, und dort Fotos machen, für einen neuen Bildband.
    „Wir haben immer noch unsere Zukunft im Altersheim“, sage ich, als Tom mich drückt und mir einen Kuss gibt.
    „Denk trotzdem mal drüber nach, ob du nicht doch mal Claudio anrufst“, sagt Tom.
    Und dann ist er auch weg aus meinem Leben und alles wird wieder seinen normalen Gang gehen. Ich werde nach Hause fahren und mein normales Leben leben. Jeden Tag einen Galão im Café Covas. Kuchen einmal die Woche, weil man im Leben eine feste Struktur braucht, um nicht unterzugehen. Abends in der Bluesbar Musik machen. Montagabend frei. Einmal im Monat einen neuen Song lernen. Einmal im Monat Titanic sehen, wegen der Emotionen. Einmal im Monat mit Evelina im Chapito zu Abend essen und eine Clownveranstaltung sehen, damit ich mal rauskomme. Das ist doch ein schöner Rhythmus, damit kann ich leben.
    Mit diesen Gedanken stelle ich mich am Taxistand an. Es gibt natürlich auch einen Bus, aber ehe ich da jetzt große Faxen mache und dreimal umsteige, gönne ich mir einfach das Taxi. Die Schlange ist lang. Die Abfertigung schnell. Im Minutenrhythmus schießen die Taxen los und verteilen uns über Lissabon. Wo wollen wir bloß alle hin? Die Frau dort zum Beispiel. Eine ältere Dame – oops, das ist mir jetzt so rausgerutscht, ich sehe nochmal hin, die ältere Dame ist vielleicht in meinem Alter, nur erwachsener gekleidet und sie hat ein Set aus passenden Koffern, aus karierten Material, das macht natürlich gleich zehn Jahre älter – also diese Frau sieht müde aus. Ringe unter den Augen, das Haar mit Haarspray zu einer Perücke gestylt. Wo kommt sie her, wo will sie hin? Lebt sie in Lissabon, oder will sie die Stadt ansehen? Das Punk-Päarchen vor mir will sich die Stadt ansehen. Sie sind Deutsche, aus Sachsen, das ist nicht zu überhören. Sie wollen die Stadt sehen, jeden Tag in mindestens ein Museum gehen und sie haben Karten für die Oper. Das Punkpäarchen geht in die Oper? Sogar die beiden Punks gehen in die Oper. Nur ich war noch nie da und werde nie eine Oper live sehen.
    „Kein Gepäck?“, sagt der Taxifahrer.
    Oh, ich bin schon dran, das ging ja schnell.
    „Kein Gepäck“, sage ich und steige ein.
    Der Taxifahrer macht die Tür zu, geht um das Taxi, steigt ein, dreht sich zu mir um.
    „Rua Ferreira Borges“, sage ich. „Das ist in Campo de Ourique.“
    “Ich weiß, wo die Ferreira Borges ist”, sagt der Taxifahrer. „Ich fahre seit dreißig Jahren Taxi.“
    Das Taxi fährt los, ich lehne mich zurück. Am Rückspiegel hängt ein Rosenkranz und baumelt in jeder Kurve. Am Amaturenbrett ein Foto, eine Frau, zwei Kinder. Der Taxifahrer sieht meinen Blick. Er sieht kurz auf das Foto – er soll doch auf die Straße sehen. Er fädelt sich in die Circular ein, der Rosenkranz baumelt.
    „Im Mai haben wir unseren vierzigsten Hochzeitstag“, sagt der Taxifahrer als Antwort auf meinen Blick auf das Foto. Der Verkehr auf der Circular ist flüssig, aber kaum kommen wir Richtung Innenstadt wird er stockend.
    „Was ist da denn los?“, sage ich und zeige auf die Menschentraube auf dem Bürgersteig. Wir sind am Saldanha, das ist schon so gut wie in der Innenstadt. Der Verkehr ist dicht und langsam. Die Menschentraube steht um einen Mann.
    „Da macht jemand den Senhor do Adeus“, sagt der Taxifahrer.
    „Da macht jemand was?“, frage ich.
    „Da steht jemand als der Senhor do Adeus, sagen Sie bloß, Sie haben noch nie von ihm gehört?“, sagt der Taxifahrer.
    „Nein“, sage ich. „Wer soll das

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