König 01 - Königsmörder
wie vor. Asher ließ das Handgelenk des alten Mannes los und hockte sich hin. Schweiß rann ihm über den Rücken und klebte ihm das Haar auf dem Schädel fest. Er brauchte ein Bad. Und etwas zu essen. Sein leerer Magen knurrte allein bei dem Gedanken daran. Aber der verfluchte Darran hatte die Köchin weggeschickt. Er würde es riskieren müssen, ihren Zorn auf sich zu ziehen, und die Küche zu plündern – sobald er sich sicher sein konnte, dass Darran ihm nicht noch mehr Ärger machen würde als gewöhnlich, indem er starb.
Dann hob er den Blick, denn die Türen des Turms schwangen plötzlich auf. Es war Gar. Auf seinen eigenen beiden Füßen. Einen Schritt hinter ihm ging Conroyd Jarralt. Als sie Darran sahen, blieben sie stehen.
»Barl rette mich«, sagte Gar. Er sah aus und klang wie ein Mann, der seine letzte Hoffnung auf Glück verloren hatte. »Ist er…«
»Nein«, erwiderte Asher und rappelte sich vom Boden hoch. »Was habt Ihr hier zu suchen, Ihr solltet auf dem Weg zu Nix sein!«
»Ich bin hergekommen, um Darran zu erzählen, was geschehen ist.« Asher bedachte Jarralt mit einem anklagenden Blick, dann sagte er: »Hm, ich habe es ihm bereits erzählt. Könnt Ihr ihn zu Nix schaffen? Jetzt sofort?« Ohne Jarralt anzusehen, nickte Gar. »Mylord?«
In angespanntem Schweigen half Jarralt Asher, den benommenen alten Mann hinaus zu der wartenden Kutsche zu schaffen. Gar folgte ihnen und brachte es irgendwie fertig, sich aus eigener Kraft aufrecht zu halten.
»Braucht Ihr mich?«, fragte Asher, sobald Darran in den üppigen Samtkissen lehnte und Gar neben ihm eingestiegen war.
»Ja«, antwortete Gar.
»Fahrt auf dem Kutschbock mit«, sagte Jarralt schroff und stieg in die Kutsche. Asher biss sich auf die Zunge und gehorchte.
Die Königliche Krankenstube befand sich in einem Flügel, der vom Hauptgebäude des Palastes abzweigte und über eine eigene Einfahrt, einen Eingang und einen Innenhof verfügte, um Ungestörtheit und Ruhe zu gewährleisten. Willige Hände halfen Darran hinein. Die gleichen Menschen erboten sich, Gar zu helfen, wurden jedoch kalt zurückgewiesen. Da er nicht länger benötigt wurde, verabschiedete Jarralt sich mit kaum mehr als einer kor– rekten Verneigung. Gar nickte ihm mit ernster Miene dankend zu, Asher stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, und die Gehilfen der Krankenstube bemerkten kaum etwas. Ein Tragestuhl für den gebrechlichen alten Mann wurde gebracht, und man rief einige Diener, den Stuhl zu tragen. Ein zusätzlicher Pother, der hastig hinzugeholt worden war, warf einen Blick auf Darran und Gar, schnalzte mit der Zunge und geleitete sie zu der Person, von der er wusste, dass sie am besten mit schwierigen Patienten fertig wurde.
Asher, der sich dicht hinter Gar hielt, falls ein weiterer Zusammenbruch drohte, betete lautlos um Kraft. Bei den Gerüchen in diesem Haus drehte sich ihm alles im Kopf. Wenn er nicht möglichst bald hier herauskam, würden die räudigen Knochenflicker der Krankenstube noch einen weiteren Patienten am Hals haben. Nach einem kurzen Marsch durch schmale, stille Korridore fanden sie Nix in einer Art dreiseitigem Empfangsbereich, vollständig ausgestattet mit Schreibtisch, Stühlen und mehreren Topfpflanzen. In jeder Wand befand sich eine geschlossene Tür, und jede davon war in einer anderen Farbe gestrichen: blau, grün und dunkelrot. Der Königliche Pother stand vor der roten Tür und wusch sich in einer Schale, die einer seiner Gehilfen festhielt, die blutver– schmierten Hände, während er einem anderen Gehilfen Notizen diktierte. »…zweimal stündlich eine großzügige Mischung aus Urval, Ziegenfuß und Würgeeiter gründlich in die nicht genähten Wunden massieren«, sagte Nix mit vor Konzentration halb geschlossenen Augen. Dann griff er nach dem Handtuch, das über dem Unterarm des Gehilfen mit der Wasserschale hing, und schürzte die Lippen.
»Die genähten Wunden müssen alle vier Stunden mit pulverisiertem Grassel gepudert werden. In einer Stunde werden wir…« Als er sich plötzlich der Tatsache bewusst wurde, dass er ein größeres Publikum hatte, hielt er mit dem Trocknen seiner Hände inne und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Neuankömmlinge. Als er Darran in sich zusammengesunken in dem Tragestuhl hocken sah, warf er das Handtuch beiseite und trat zu ihm. »Nun?«, sagte Gar. Nix blickte von seiner vorsichtigen Untersuchung auf. »Er wird es schaffen.« »Und Durm?«
Nix wandte sich dem ersten Gehilfen zu.
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