Koenigsmoerder
wieder zurück.«
Die Tür schlug hinter ihr zu. Dathne betrachtete sie stirnrunzelnd, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem tief bewusstlosen Asher zu. Immer eins nach dem anderen: Zuerst musste sie ihn aus diesen grauenhaften, stinkenden Lumpen schälen. Sie hatte ihn bisher nur zweimal entkleidet, und beide Male war es eine Freude gewesen.
Jetzt jedoch...
Als sie das Ausmaß seiner Verletzungen sah, weinte sie ein wenig wegen der Dinge, die man ihm angetan hatte. Was er ertragen hatte. Und was ihm noch bevorstand, sobald das Bewusstsein zurückkehrte. Sie warf die schmutzigen, blutbefleckten Kleidungsstücke auf den Boden, bettete seinen Kopf bequemer auf die Kissen, breitete eine leichte Decke über ihm aus und wartete auf Veira.
397
Die Sonne war zur Gänze untergegangen, als die alte Frau mit ihrer Medizindose, einer Schale warmen Wassers und einem Beutel voller Lumpen ins Schlafzimmer zurückkehrte. Schnell und schweigend wuschen sie den Dreck, das getrocknete Blut und den verkrusteten Eiter von Ashers zerschundener Haut.
Dann strichen sie auf seine Wunden Salben und Öle. Jetzt war Dathne dankbar für die Grobelewurzel, denn sie mussten ihm gewiss Schmerzen zufügen. Doch während der ganzen Prozedur regte Asher sich kein einziges Mal.
Endlich war die unangenehme Aufgabe erledigt. Sauber und mit versorgten Wunden, bekleidet mit einem alten Nachthemd und eingehüllt in Decken, schlief Asher weiter.
Veira berührte sie am Arm. »Ich bin in der Küche, Kind«, flüsterte sie. »Ich könnte eine Tasse Tee gebrauchen.«
Dathne strich ein letztes Mal über Ashers Haar und folgte Veira aus dem Raum, ohne etwas zu sagen. In fortgesetztem Schweigen beobachtete sie, wie die alte Frau sie zu einem Stuhl winkte, weil sie keine Hilfe wollte, und den Kessel aufsetzte. Sie sah blass aus. Und sie bewegte sich langsam und unter Schmerzen, während sie Honig in ihre dampfenden Teetassen tröpfelte und Buttergebäck auf einen Teller gab.
»Das Wichtige ist«, erklärte sie, als sie endlich am Tisch Platz nahm, »dass wir ihn sicher hierherbekommen haben.«
Ja. Ja, das war wichtig. Das war alles. Dathne nippte vorsichtig an ihrem brühheißen Tee, wagte es aber nicht, nach einem Keks zu greifen. Ihr nervöser Magen verzieh ihr jetzt keinen Fehler. »Bitte, Veira. Erzähl mir, was passiert ist.
Rafel. Ist er...«
Veira nickte. »Ja. Er ist tot. Genauso, wie ich es geplant habe.«
»Es tut mir so leid.«
Veira, die in die Tiefen ihres Bechers starrte, schien sie nicht zu hören. »Rafel ist tot, Asher lebt, und der brave Matthias ist verschwunden. Ich frage mich, ob es das ist, was die Prophezeiung wollte.«
Matt war verschwunden?
»Ich weiß es nicht«, flüsterte Dathne. Dann beugte sie sich vor und legte eine Hand auf die Veiras. »Warum erzählst du mir
398
nicht alles, und ich werde sehen, ob ich nicht eine Antwort finden kann.«
Ohne den Blick zu heben, nickte Veira abermals, dann begann sie stockend zu sprechen.
»Er hat mich angelächelt«, flüsterte sie. »Als ich ihm den Trank gab und ihn bat zu trinken. Er hat gelächelt und mich auf die Wange geküsst und... mir für die Chance gedankt, einen solchen Dienst leisten zu dürfen. «Tränen benetzten ihre Wangen, doch sie beachtete sie nicht. »Ich habe ihn, so gut ich konnte, in den Armen gehalten, während das Gift ihm seinen Willen aufzwang. Ich dachte, ich hätte es schmerzlos gemacht, aber... am Ende hat er es gespürt. Es war nicht schlimm und hat nicht lange gedauert, aber ich habe ganz am Ende in seine Augen geblickt, und ich habe gesehen...« Sie schauderte und stieß bebend den Atem aus.
»Denk nicht darüber nach«, drängte Dathne sie. »Es ist jetzt vorüber, und er hat seinen Frieden. Was ist als Nächstes geschehen?«
Es klang unglaublich, wie etwas aus einem von Vev Gertsiks unwahrscheinlichen Romanen. Zirkelmitglieder, die sich in der Menge versteckten und sich an dem doranischen Glimmfeuer zu schaffen machten. Der in seinen Kapuzenumhang gehüllte Henker einer aus ihren eigenen Reihen, der den Kopf eines Mannes abschlug, dessen Herz bereits zu schlagen aufgehört hatte, damit sie den lebenden Asher in all dem Tumult und der Verwirrung fortschaffen konnten.
Feuer. Schrecken. Hysterie.
»Einen Moment lang dachte ich, wir würden es nicht überleben«, gestand Veira nach einem weiteren Schluck Tee. »Die Menschen haben geschrien. Getrampelt.
Ich konnte keinen Schritt weit sehen, und wenn ich gefallen wäre, wäre niemand
Weitere Kostenlose Bücher