Koerpersprache Der Erotik
tiefer, Zungenküsse verlieren an Bedeutung, Körperküsse sind »in«, auch an sehr intimen Stellen. Das hat die Gesellschaft für Rationale Psychologie in München in Untersuchungen festgestellt. Die neuen erotischen Kußzonen sind Hals, Nacken, Schenkel und Ohren beim Mann. Bauchnabel, Po und Achselhöhle bei der Frau.
Diplompsychologe NENNER ERTEL: »Natürlich küssen sich die meisten Menschen noch auf den Mund. Das ist auch am einfachsten. Aber in der Hitparade der sexuellen Kußwünsche wird deutlich, daß der ganze Körper eine erogene Zone ist. Der kreative Kuß ist deshalb der Kuß der Zukunft.«
KIM BASINGER, die blonde amerikanische Schauspielerin, über den Kuß: »Küsse sind das Aufregendste, was es für mich gibt, spannender als alles, was folgt.« Sie hat in dem Film » 9 1/2 Wochen « zusammen mit MICKEY ROURKE auf der Leinwand das kulinarische Küssen
eingeführt: Nach Einbruch der Dunkelheit öffnet Mickey die Tür des Kühlschranks. Eiskaltes Licht
streift Kim. Dann folgt eine der heißesten Szenen Mickey füttert Kim mit reifen Erdbeeren, der Saft läuft über ihr Kinn, tropft auf den Ansatz der Brust. Mickey bestreicht ihren ganzen Körper mit Honig. Dann küßt er sie -
überall. Auf seinen Lippen mischt sich der prickelnde Geschmack ihrer Haut mit der schweren Süße von Erdbeeren und Honig.
Das ist ein Fortschritt im Vergleich zu den Küssen des Westernhelden JOHN WAYNE. Die Psychologin JUDITH BEHR, die seine Filme begutachtet hat, meint: »Er steht in seiner ganzen hilflosen Größe neben einer viel zu kleinen Frau, und wenn nun auch der Dümmste kapiert hat, daß sie >will<, macht er immer noch nichts. Irgendwann reißt er die Frau mit einer zackigen Bewegung an sich und preßt seine Lippen auf ihre - und wie! Das sieht man vor allem an der Anspannung seiner Nackenmuskeln.
Dadurch entstehen hydraulische Werte, die durchaus Angst und Schrecken einjagen können. Und genau das soll ein Kuß ja eigentlich nicht! Aber im Film ist eben alles anders.«
Bei einem besonders leidenschaftlichen Kuß pressen die Akteure die Lippen mit einem Druck bis zu dreißig Pfund aufeinander. Das »Schönste«
dabei dürfte vermutlich die Szene sein, in der für beide alles überstanden ist.
Lassen wir den Filmkuß aber jetzt ganz schnell endgültig beiseite und wenden uns lieber der Wissenschaft zu: Deren Vertreter nämlich befürworten das Küssen voll und ganz, weil es mindestens so gesund ist wie ein Dauerlauf- nur eben viel schöner!
Beim Küssen werden neunundzwanzig Gesichtsmuskeln bewegt und pro Kuß wenigstens zwölf Kalorien verbraucht. Der Blutdruck steigt auf das Doppelte, die Nebennieren setzen das Streßhormon Adrenalin frei, die Bauchspeicheldrüse produziert Insulin.
Menschen, die häufig küssen, leiden seltener unter Magen-, Gallen-, Kreislaufbeschwerden. Sie sind ausgeglichener und fröhlicher. Offenbar verhindert Küssen auch Autounfälle, wenn man es nicht gerade während der Fahrt auf den Vordersitzen praktiziert.
Der Kuß schafft Vertrauen, beruhigt schlechte Nerven, beugt dem Streß vor und wirkt deshalb wie ein Schutzengel. Ich glaube, Sie sind mit mir einer Meinung, wenn ich begrüße, daß die Deutschen sich im Durchschnitt viermal täglich küssen.
Obwohl der Kuß allgemein beliebt und nahezu weltweit verbreitet ist, reden die meisten Menschen nicht gern darüber - eine Tatsache, die mir immer wieder auffällt. Über Sex zu sprechen, dazu können sich viele überwinden. Kommt die Rede aber aufs Küssen, dann geraten fast alle ganz schön ins Stottern. Inzwischen wurde mir auch klar, warum das so ist: Über Sex hat man seit seiner Enttabuisierung in den sechziger Jahren gelernt zu reden, kann offener mit ihm umgehen nach dem Entfernen des Deckmäntelchens der Intimität. Aber - Küssen ist und bleibt nun mal etwas sehr Intimes.
Schon SIGMUND FREUD hielt die Lippen für einen besonders
»sexualisierten Bereich« des Körpers. Zungenküsse sind deshalb nicht nur Vorspiel, sondern echter Sex - und sehr erregend.
»Ein guter Kuß«, schrieb eine Frau in den Fragebogen der amerikanischen Sexualforscherin SHERE HITE, »ist manchmal besser als Bumsen -
sofern es nicht einer von diesen Küssen ist, die sich wie ein toter Fisch anfühlen und nach ein paar Jahren Ehe an der Tagesordnung zu sein scheinen.«
Eine doch sehr ernüchternde Erkenntnis, wie ich meine! Ich komme noch mal auf die Gesellschaft für Rationale Psychologie zurück: »Das Ergebnis ist doch ziemlich
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