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Kokoschkins Reise

Kokoschkins Reise

Titel: Kokoschkins Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Schädlich
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Court Theatre.»
    «Was gibt es zu sehen?» fragte Kokoschkin.
    «Eine Show! Dazu spielt das Theatre Orchestra», sagte Frank.
    «Kommen Sie doch auch», sagte Lucy und sah Olga Noborra an.
    «Nun ja, warum nicht.»
    Kokoschkin wandte sich Olga zu: «Ich schließe mich Ihnen an.»
    «Das freut mich.»
    Lucy sagte: «Heute abend formell. Smoking für die Herren, festliches Abendkleid für die Damen.»
    «Ein schwarzer Anzug tut es auch», sagte Kokoschkin. «Wann geht das Spektakel los?»
    «Um zwanzig Uhr fünfundvierzig», sagte Frank.
    Olga Noborra sagte: «Zum Dinner komme ich heute nicht.»
    «Ja», sagte Kokoschkin. «Man kann später am Abendbüfett im Kings Court noch etwas bekommen. Bis dreiundzwanzig Uhr.»
    «Und dann die Uhr wieder um eine Stunde zurückstellen», sagte Lucy.
    Oakley sagte: «Herr Kokoschkin, Sie als Russe   … Was sagen Sie zur Pipeline Schroder Pjutn?»
    «Sie wissen, daß ich Amerikaner bin. Russisch-Amerikaner. Für russische Politik interessiere ich mich schon lange nicht mehr. Die Geschäfte deutscher Politiker interessieren mich auch nicht.»
    «Ich muß es jetzt sagen», sagte Lucy. «Bei Tisch soll man nicht von Politik reden. Das verdirbt den Appetit.»
    «Wo kämen wir da hin!» sagte Sachnowski. «Sie stammen aus einer anderen Zeit. Wir jedenfalls sitzen in der Küche, essen mit großem Appetit, und dabei reden wir über Politik.»
    «Ich lebe heute, junger Mann! Vielleicht ist es eine russische Sitte, bei Tisch über Politik zu reden. Noch dazu in der Küche!»
    Olga Noborra sagte: «Liebe Frau Lucy, jetzt politisieren Sie selbst, und wir sind noch beim Dessert.»
    «Mir ist der Appetit vergangen», sagte Lucy.
    «Beruhige dich», sagte Frank.
    Sachnowski sagte: «Wir haben bei Tisch schon immer über Politik geredet. Lesen Sie doch Turgenjew. Wir werden auch in Zukunft bei Tisch über Politik reden. Tak i budjet.»
    Lucy erhob sich, sagte, zu Sachnowski gewandt: «Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!» und verließ den Tisch. «Turgenjew!» murmelte sie.
    Frank erhob sich, sagte «Entschuldigen Sie uns» und folgte seiner Frau.
    Oakley sagte: «Was kümmern mich die verstaubten Ansichten alter Engländerinnen.» Er stand auf und ging.
    «Ich glaube, Frau Lucy hat heute zum erstenmal den Namen Turgenjew gehört», sagte Sachnowski. Er stand auf. «Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend im Theater.»
    Kokoschkin sagte zu Olga: «Darf ich Sie vor der Show zu einem Glas Champagner in die Veuve Cliquot Champagner Bar einladen?»
    «An Unternehmungslust fehlt es Ihnen ja nicht gerade, in Ihrem Alter.»
    «Um zwanzig Uhr?»
    «Einverstanden.»
    Olga stand vom Tisch auf und sagte: «Dann bis später.»
     
    Kokoschkin überlegte, was er nach diesem Lunch tun sollte.
    In Churchill’s Cigar Lounge saß mutterseelenallein ein Mann und rauchte seine Zigarre. Kokoschkin sagte im Vorbeigehen «Hallo!» und «Zigarettenraucher sind hier wahrscheinlich unwillkommen».
    «Unwillkommen sind sie nicht. Unwillkommen ist nur, daß Sie hier Zigaretten rauchen.»
    Kokoschkin setzte sich so, daß er die See sehen konnte. Der einsame Zigarrenraucher saß am Nachbartisch, mit dem Rücken zum Fenster.
    Kokoschkin sagte: «Ein hübscher Blick auf das, was vor uns liegt.»
    «Mit den Augen des Masters gesehen. Mein Blick geht eher zurück.»
    Kokoschkin nahm sein Zigarillo-Etui aus der Tasche. «Juan Clemente, aus der Dominikanischen Republik», sagte er.
    «Nobel, nobel.»
    «Eine Mini-Zigarre. Anfangs etwas scharf. Aber ich rauche nur noch selten.»
    «Sie sehen aus, als müßten Sie nicht mehr den Alltagsstürmen trotzen.»
    «Nett gesagt. Ich bin schon lange Emeritus. Sie sind jünger.»
    «Ich baue für meine Firma Fabrikanlagen in Entwicklungsländern. Joint Ventures.»
    «Da läßt sich etwas erzählen.»
    «Ich sage Ihnen   …»
     
    Olga, das dunkle Haar im Nacken gebunden, in langem, dunklem Abendkleid, betrat die Champagner Bar.
    Kokoschkin erhob sich, ging ihr entgegen, dachte: ‹Zauberhaft.› Er sagte: «Das Kleid steht Ihnen sehr gut.»
    «Sie sehen auch nicht schlecht aus im schwarzen Anzug.»
    Auf die Gefahr hin, von Olga belächelt zu werden, bestellte Kokoschkin zwei Gläser Veuve Clicquot La Grande Dame 1990.
     
    Im Royal Court Theatre setzten Olga und Kokoschkin sich auf dem Rang in die erste Reihe.
    Dem Conférencier schien seine Geschwätzigkeit zu gefallen. Er kündigte den Auftritt einer Geigerin an, die im Stil von Vanessa Mae auf einer elektrischen Violine

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