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Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
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wellte sich in schwachen Dünungen. Solche stille Tage aber hatten wir genug, als die »Kon-Tiki« mitten auf dem Pazifik trieb und das Meer nach allen Richtungen sich einförmig um die Erdkugel wölbte. Da konnten wir unbesorgt unsere Heimstatt verlassen und davonrudern, hinein in den blauen Raum zwischen Himmel und See. Wenn wir dann sahen, wie die Silhouette unseres Fahrzeuges immer kleiner und kleiner wurde und das Rahsegel schließlich zu einem winzigen, unbestimmbaren Viereck am Horizont zusammenschrumpfte, so beschlich uns da draußen manchmal das würgende Gefühl trostloser Verlassenheit. Endlos wölbte sich das Meer unter uns, blau wie der Himmel darüber. Und dort in der Ferne, wo beide zusammentrafen, floß das Blau des Himmels mit dem des Wassers zusammen. Beinahe hatten wir das Gefühl, im leeren Raum zu schweben. Die ganze Welt war leer und blau und kein einziger fester Punkt in ihr, außer der Tropensonne, die uns in den Nacken brannte, gelb und warm. Weit draußen am Horizont stand das Segel des einsamen Floßes und zog uns an wie ein magnetischer Punkt. Wir ruderten zurück und krochen an Bord. Hier fühlten wir uns daheim, in unserer eigenen Welt, und geborgen, auf sicherem und festem Boden. Drinnen in der  Hütte fanden wir Schatten, den Geruch von Bambus und von welken Palmenblättern. Die sonnenerfüllte, blaue Reinheit da draußen wurde nun durch die offene Hüttenwand begrenzt und gemildert. So waren wir es gewohnt. So war es gut. Wenigstens eine Zeitlang, bis die blaue Ferne uns erneut verlockte.
    Es war höchst eigentümlich, welch starke psychologische Wirkung die löcherige, kleine Bambushütte auf unser Gemüt hatte. Sie maß nicht mehr als acht mal vierzehn Fuß und war, um den Winddruck zu vermindern, so niedrig gebaut, daß wir unter ihrem First nicht aufrecht stehen konnten. Wände und Dach bestanden aus einem zusammengeknüpften, kräftigen Bambusgestänge und waren mit zähem Flechtwerk aus gespaltenem Bambus verschalt. Die grünen und gelben Sprossen und die Blattansätze, die vom Dachrand herunterhingen, gaben eine ganz andere Ruhe für das Auge als eine weiß bemalte Wand. Obwohl die Steuerbordlängswand zu einem Drittel offen war und auch Dach und Wände Sonne und Mond hereinließen, gab uns diese primitive Höhle doch ein weit größeres Sicherheitsgefühl, als weißgestrichene Schotten und verschalte Bullaugen es unter denselben Verhältnissen getan hätten. Wir versuchten, eine Erklärung für diese wunderliche Tatsache zu finden und kamen zu folgendem Ergebnis: Unser eigenes Bewußtsein war es schlechterdings nicht gewohnt, ein palmengedecktes Bambushaus mit der Vorstellung einer Seereise zu verbinden. Es bestand keine natürliche Harmonie zwischen dem großen, rollenden Meer und der kleinen, schattigen Palmenhütte, die zwischen den Wellen umherschwamm. Daher mußte entweder die Hütte inmitten des Meeres durchaus fehl am Platz erscheinen, oder die Wogen rund um die Hüttenwände mußten deplaciert wirken. Das zweite war denn auch der Fall, solange wir uns an Bord hielten. Vom Gummiboot aus gesehen, tauschten Wellen und Hütte ihre Rollen. Die Tatsache, daß die Balsastämme immer wie eine Möwe auf den Seen schaukelten und das Wasser am Heck durchließen, gab uns ein unerschütterliches Zutrauen zu dem trocken gelegenen Teil mitten auf dem Floß, wo die Hütte stand. Je länger die Reise dauerte, desto sicherer fühlten wir uns in unserer gemütlichen Höhle, und wir sahen auf die sich aufbäumenden Wogen, die an der Türöffnung vorbeitanzten, wie auf ein imponierendes Stück im Kino, das uns selber absolut nicht betraf. Wenngleich die offenstehende Wand nur fünf Fuß vom ungeschützten Floßrand entfernt war und nicht höher als eineinhalb Fuß über der Wasserlinie lag, so fühlten wir uns, als wären wir auf unserer Reise viele Meilen weit weg vom Meer entfernt. Augenblicklich waren wir in eine richtige Dschungelwohnung versetzt und geborgen vor den Gefahren des Ozeans, wenn wir nur durch die Tür hereinkrochen. Hier konnten wir uns auf den Rücken legen und in das merkwürdige Dach hinaufschauen, das sich wie Astwerk im Winde wiegte, und es uns bequem machen, während uns der Dschungelduft von rohem Holz, Bambus und welken Palmblättern umschmeichelte.
    Manchmal ruderten wir mit dem Gummiboot in die Dunkelheit hinaus, um unsere Behausung auch einmal nachts von draußen zu besehen. Kohlschwarze Wogen türmten sich um uns auf allen Seiten, und eine blinkende Myriade

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