Konny Reimann
Reisekosten.
Ich also hatte Familie Reimann gefunden, unsere Geschichte konnte beginnen.
Am nächsten Morgen saß ich mit meinem Kameramann Jens Lackmann, einem Tonmann und vier Kisten Equipment am Flughafen in Frankfurt. Dass wir in den nächsten vier Jahren 18 Mal gemeinsam nach Texas fliegen würden, darüber machten wir uns an diesem 7. Juli 2004 morgens um 8.30 Uhr keine Gedanken. Wir warteten auf „diese außergewöhnlichen“ Reimanns, die in wenigen Minuten mit der Maschine aus Hamburg landen würden, um dann gemeinsam mit uns weiter nach Dallas/Fort Worth zu fliegen.
„Ach du meine Güte – das glaubt uns doch kein Mensch.“ Diese Worte raunte ich meinem Kameramann zu, als ich Reimanns am Gate zum ersten Mal sah. Eine eigentlich ganz normale Familie, angeführt aber von einem kleinen Mann mit Cowboyhut, Schnauzbart, Wildweststiefeln, engen Jeans mit riesiger silberfarbener ovaler Gürtelschnalle, auf der „TEXAS“ prangte, und einem hellgrauen T-Shirt, auf dem uns in großen Buchstaben ebenfalls „TEXAS“ ins Auge sprang. Ich war sprachlos. Jeder Zuschauer würde doch denken: Na klar, da wandert eine Familie nach Texas aus – und die Redakteurin (Kölnerin!) von RTL schleppt diese Familie erst mal in einen Kölner Karnevalsladen und stattet die Auswanderer ihrem Ziel entsprechend aus! Aber – wer weiß, was Reimanns vor vier Jahren dachten, als sie uns das erste Mal sahen ...
Übrigens, dass Manuela ihrem Mann Konny erst auf dem einstündigen Kurzflug von Hamburg nach Frankfurt beichtete, dass nun ein Kölner Kamerateam die ersten fünf Tage ihres Abenteuers in Gainesville filmen würde, das habe ich erst sehr viel später erfahren.
Hier in Frankfurt am Flughafen startete also am 7. Juli 2004 Reimanns erster von inzwischen über 100 Drehtagen. Und gleich ein 20-Stunden-Drehtag: 11 Stunden Flug, die Ankunft am Flughafen in Dallas, die Abholung ihres in der Pampa untergestellten Wohnwagens nebst rotem Pick-up mit Kühlerschaden. Plötzlich standen Reimanns im Niemandsland. Auf dem staubigen Parkplatz einer abgelegenen Ranch zwischen Feldern und Kühen. Keine Adresse. Keine Telefonnummer. Eine Bullenhitze. Grillenzirpen.
Der Stress und die Aufregung der vergangenen Wochen machten sich bemerkbar. Reimanns waren fix und fertig. Konny verschwand im Motor, der röhrende Pick-up musste für die verschwitzte, todmüde Familie irgendwie ans Laufen gebracht werden. Manuela sorgte sich um die aus Deutschland mitgebrachte Schokolade, die im Handgepäck vor sich hin schmolz. Die Kamera lief. Über zwei Jahre lang hatten Reimanns diese eigentlich planlose Auswanderung geplant. Und wie fühlten sich frisch ausgewanderte Deutsche in Texas? Müde. Müde und doch irgendwie glücklich. Und überwältigt. Denn dieses 45 Grad heiße Texas war ab sofort ihr neues Zuhause. Deutschland lag hinter ihnen. Das Leben in Hamburg war abgeschlossen, vorbei. Hier wollten sie sich nun eine von Grund auf neue Existenz aufbauen. Wo würden sie wohnen, wann endlich wieder Geld verdienen, und auf welche Schule würden Janina und Jason in einigen Wochen gehen? Reimanns fingen in diesem Moment in Texas noch einmal ganz von vorne an. An die Kamera und die netten Kamerajungs hatte sich die Familie auf dem Flug gewöhnt. Und meine Fragen beantworteten sie aus dem Bauch heraus und mit dem Herzen. Völlig verschwitzt und müde verschwendeten Reimanns keinen Gedanken daran, ob sie denn vor der Kamera auch gut wirken und auch ja das Richtige sagen würden. Sie waren von Anfang an so, wie sie sind: eine Hamburger Handwerkerfamilie mit dem Herz am richtigen Fleck. Uneitel und echt. Und hier auf diesem staubigen Parkplatz begannen sie, uns ihre Geschichte zu erzählen. Die Geschichte von der Hamburger Auswandererfamilie, die einen wahrlich abenteuerlichen Neustart in Texas wagt. Wir waren mit unserer Kamera dabei. Und erlebten dieses Abenteuer gemeinsam mit den Reimanns.
„Reimanns – die schaffen das!“ Nein, das dachte ich nicht. Zumindest einen Tag lang. Ich fand es ziemlich blauäugig von Konny Reimann, mit seiner Familie nach Amerika auszuwandern, obwohl er gar kein Englisch sprach. Das war doch waghalsig, ohne Haus und ohne Job gleich mit der ganzen Familie im Gepäck total unvorbereitet nach Gainesville zu kommen. Und ich fragte mich, warum sich Reimanns als ersten Anlaufpunkt in ihrem neuen Leben in der Fremde ausgerechnet einen Campingplatz direkt an einem mehrspurigen Highway ausgesucht hatten. Hier donnerten
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