Das rosa Nilpferd
Das rosa Nilpferd
Ein Mann mit krausem, dunkelblondem Backenbart drängt sich durch die Menge auf dem Rummelplatz. Er lechzt nach einer der Currywürste, die verführerisch zu ihm herüberduften.
Gerade als er in die Wurst hineinbeißen will, haut ihm jemand herzhaft auf die Schulter und eine Stimme dröhnt: „Mööönsch, Charly! Du hier! Wir haben uns ja hundert Jahre nicht gesehen!“
Charly wischt sich den Senf aus dem Bart und klagt: „Mann, das ist meine erste Currywurst seit sieben Monaten, und du schlägst sie mir fast aus der Hand, Joe!“
„Sieben Monate? Etwa wegen der Sache mit den Automaten?“ Charly nickt und kaut. „Ich war in Santa Fu.* Gibt schlechtere Urlaubsorte.“
„Ich kenn den Laden“, sagt Joe, der in gewissen Kreisen auch als Spieler-Joe bekannt ist.
„Hattest du wenigstens Zimmer mit Meerblick und Vollpension?“, erkundigt sich Blüten-Schmidtchen, der jetzt grinsend hinter Joe auftaucht. Er ist keineswegs Blumenhändler, sondern ein gerissener Geldfälscher.
„Ihr Quatschköpfe. Ich bin froh, dass ich raus bin. Ich finde, wir sollten unser Wiedersehen feiern!“, schlägt Charly vor.
Wenig später fahren die drei auf der wilden Achterbahn. Danach haut Charly kraftvoll auf den Lukas, dass der Ring nur so nach oben schnalzt. Damit will er seinen Freunden zeigen, wie fit er nach seiner „Erholungspause“ ist.
Dann haben alle Durst. Sie trinken ein paar Bierchen. Recht beschwingt setzen sie ihren Rummelplatzbummel fort. Plötzlich bleibt Charly wie angewurzelt vor einer Schießbude stehen.
„Ich will das rosa Nilpferd!“, sagt er. „Es hat so hü-hü-hü-bsche blaue Augen. Die erinnern mich an meine Emma, hicks.“
Weil er nicht mehr so ganz zielsicher ist, verpulvert er sein ganzes Geld.
„Ich wwww-will das rosa Nilpferd!“, sagt er immer wieder.
„Na, dann hol dir’s schon!“, sagt Blüten-Schmidtchen großzügig und zahlt mit einem falschen Hunderter. Charly braucht fast fünfzig Schuss, ehe sich sein Traum erfüllt.
Endlich hält er das rosa Nilpferd in den Armen.
„Es ist voll waschbar, Sie können das Fell abziehen!“, sagt die Frau in der Schießbude. „Es hat im Bauch einen kleinen Reißverschluss“. Aber das hört der bierselige Charly schon gar nicht mehr.
„Mein Ni-ni-nilpferd mit den hü-hü-hüschen blauen Augen, hicks“, sagt er und lässt das rosa Kuscheltier nicht wieder los.
Überall, wo Charly auftaucht, ist jetzt auch das Nilpferd. Es scheint sein Leben ziemlich verändert zu haben. Denn plötzlich ist Charly überall bekannt.
„Das Nilpferd bringt mir Glück! Bestimmt auch im Spiel!“, behauptet er. „Los, Joe, zeig mir ein paar Kartentricks!“ Tatsächlich hat Charly eine Glückssträhne.
Zusammen mit Spieler-Joe und Blüten-Schmidtchen zieht er nun jeden Abend durch die Lokale und Spielhöllen der Stadt. Dabei gewinnt er eine ganze Menge Geld, kauft sich ein Auto und neue Kleider und schenkt dem Nilpferd einen Angora-Pullover für den Winter.
„Es sind wieder größere Mengen Falschgeld im Umlauf. Wir sollten die Augen offen halten, Zwiebel!“, sagt Kugelblitz eines Morgens, nachdem er den Polizeibericht gelesen hat. „Wie wär’s mit einem Kneipenbummel heute Abend?“ „Gerne!“, sagt Zwiebel. „Sie müssen bloß meiner Frau Bescheid sagen, dass es dienstlich ist, Chef. Sonst denkt sie, ich mach das zum Vergnügen!“ „Wird gemacht“, verspricht Kugelblitz.
Nach Dienstschluss suchen die beiden nacheinander drei Lokale auf, in denen in der vergangenen Woche Falschgeld aufgetaucht ist.
Im „Wilden Kakadu“ spielt eine Kartenrunde um Geld.
„Sagen Sie mal, der mit dem rosa Nilpferd. Ist das nicht der, na, helfen Sie mir schnell ...“, sagt Kugelblitz zu Zwiebel.
„Das ist Charly“, erinnert sich Zwiebel. „Ich denke, der sitzt noch im Gefängnis.“
„Scheint zu verlieren“, sagt Kugelblitz und bestellt noch ein Bier. Im Spiegel über der Theke kann er die Spielerrunde gut beobachten. Tatsächlich hat Charly Pech. Dreimal hintereinander verliert er. Der Geldhaufen vor ihm auf dem Tisch schmilzt wie Schnee in der Sonne.
Das scheint ihn aber gar nicht zu stören. Nach einer Weile steht er auf und sagt: „Pinki muss mal!“ Er geht mit dem Nilpferd zur Toilette.
„Pinki muss mal pinkeln“, lästern die anderen. Einer zeigt mit dem Finger an die Stirn und sagt:
„Seit Charly im Knast war, hat er einen Sprung in der Schüssel.“
Als Charly zurückkommt, spielt er fröhlich weiter. Er
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