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Kopernikus 5

Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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noch den Ein-Uhr-Fünfunddreißiger nach Atlanta erreichen und binnen eines halben Tages an der Schreibmaschine sitzen.
    Ich erhob mich und legte meine Hand auf seine Schulter. „Nehmen Sie sich die Sache nicht so zu Herzen, okay? Sie sind kein munteres Kücken mehr.“
    „Sicher.“ Er hatte mich eigentlich niemals so recht angesehen.
    Auf dem Weg zum U-Bahn-Terminal kam mir der Gedanke, daß ich nicht erst versuchen sollte, die Sache als eine ergreifende Lebensgeschichte zu verkaufen. Ich brauchte es bloß als Dichtung niederzuschreiben, und es ließe sich an Planet Stories oder eines dieser Schmierblätter verhökern.
    Der Fahrkartenautomat begann mit mir einen Streit wegen des Wechselns eines Hundert-Rubel-Scheins, und ich mußte mich auf die Suche nach einem Schaffner machen. Dann waren da noch Reparaturen im Gange, und so dauerte es zwanzig Minuten, bis wir Atlanta erreichten; ich mußte rennen, um meinen Anschluß nach Seattle noch zu erwischen.
    Raumbesiedelung. Zeitreise. Niemand würde 1924 so einen Quatsch schlucken.

 
Michael Bishop
Ein Ereignis im kalten Krieg
COLD WAR ORPHANS
     
    Gegen Ende August 1957 fuhr mich mein Vater-gleich nachdem er seinen Abschied bei der U.S. Luftwaffe genommen hatte – quer über das Land von Edwards Air Force Base in der Mojave-Wüste in die Kleinstadt Huerfano, Kansas, etwa fünfunddreißig oder vierzig Meilen südlich von Wichita. Hier ließ er mich in dem zugigen, viktorianischen Haus meiner Großtante Theodosia Moyer zurück, einer apfelgesichtigen Frau mit einer gewissen, im Mittleren Westen beinahe stereotypen Verrücktheit, und fuhr davon in Richtung Washington D.C., um von dort aus eine Position im Nationalen Beratungsausschuß für Aeronautik anzutreten. Alles, was er mir oder meiner Großtante (Doozie ging auf die sechzig zu, und ich war gerade zwölf) erzählte, war, daß er von Incirlik Air Force Base in der Nähe von Adana in der Türkei aus arbeiten würde; von diesem Stützpunkt aus würde er, innerhalb eines Beitrags des NBAA zum Internationalen Geophysikalischen Jahr, Wettererkundungsflüge fliegen. Weder Theodosia noch ich verstanden, weshalb er seinen Abschied als Captain hatte nehmen müssen, wenn er doch weiterhin Regierungsflugzeuge fliegen würde, aber unsere Fragen tat er mit ein paar wenig überzeugenden Hinweisen auf Kongreßfinanzierung und „Vertragsregelungen“ ab. Das Wichtigste für mich war allerdings, daß mein Vater mich in der Obhut einer Frau zurückließ, die ich kaum kannte, in einer Kleinstadt, wo die Einwohner und ihre Wertvorstellungen für mich ebenso fremdartig waren, wie die in Adana in der Türkei es wahrscheinlich für meinen Vater sein würden. Ich war schließlich ein kosmopolitischer Air Force-Bengel, und ich hatte das Gefühl, daß man mich hier auf wenig feierliche Weise zwischen Kleinstadtleuten und ihrem Tratsch abgeladen hatte.
    Bevor mein Vater abfuhr, nahm Theodosia ihn beim Arm und sagte: „Ich weiß jetzt, was du wirklich machen wirst, Wesley Ray.“ Wir standen zusammen neben der Einfahrt zu ihrem Haus, und das plumpe, eckige, rot-weiß lackierte ’55er Chevrolet-Kabrio, das uns von Kalifornien hierhergebracht hatte, war in der Augustsonne so heiß wie ein Backblech.
    „Was werde ich denn »wirklich machen’?“ fragte Wesley Ray Weir die Schwester seiner verstorbenen Mutter.
    „Für das FBI arbeiten“, stellte Doozie fest. „Deshalb bist du nicht mehr in der Air Force. Deshalb kannst du Malcolm nicht mitnehmen.“
    Mir war, als ob die Augen meines Vaters sich weiteten und sein Unterkiefer herabhing, aber abrupt befreite er seinen Arm aus dem Griff meiner Großtante und begann zu lachen. Doozies Haus stand am nordöstlichen Rand von Huerfano, ein großes, einzelnes Haus an einem baumlosen Hang, und das Lachen meines Vaters schallte hinaus über den Highway, der sich von Wichita herunter nach Missouri und Arkansas zog.
    „Was ist los?“ fragte Theodosia. „Kann ich hellsehen oder nicht?“
    „Ja, Madam“, antwortete Wesley Ray Weir immer noch glucksend. „Wenn du überhaupt etwas bist, dann eine Hellseherin.“ Zehn Minuten später war er donnernd auf dem Highway verschwunden, über dem noch immer sein Lachen hing, wie eine flirrende Fata Morgana. Er war fort.
    Er blieb auch fort, und zwar gründlich. Im September fing für mich die Schule an, und als der Monat halb vorbei war, hatte ich erst einmal von ihm gehört: eine Postkarte von den Propyläen, dem geheiligten Tor zur Akropolis in Athen;

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