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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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Vielleicht hatte sich JR Andy Warhols Rat zu sehr zu Herzen genommen: »Mitarbeiter sind die besten Affären.« Man muss sie nicht abholen und sie lassen sich von der Steuer absetzen. Beide Ehegatten arbeiteten bei ACMH und jeder wusste über die Affäre Bescheid, was JRs Glaubwürdigkeit im Unternehmen erheblich untergrub. Niemand erzählte es mir, aber mir fiel auf, dass die allgemeine Produktivität nachließ und der Teamgeist nicht mehr derselbe war. Ich lud C. in mein Anwesen auf Mallorca ein. Er würde in den Genuss der 24-Stunden-Einrichtungen und Serviceleistungen kommen: Pool, Whirlpool, Tennis, Billard, Medienraum, Küchenchef, Reinigungskräfte und eine Auswahl von vier Häusern und 14 Schlafzimmern, in denen er sich häuslich einrichten konnte. Die Kehrseite war, dass C. meinen nächtlichen Aktivitäten (ich ging selten vor dem Morgengrauen ins Bett), meinem Geschimpfe über die Auflösungserscheinungen meiner Familie und sehr wahrscheinlich einem großen Markteinbruch ausgesetzt war. Die perverse Ironie der JR-Ida-Affäre war, dass JR und D., C. gegenüber in Angriffslaune gerieten. C., der es leid war, gemobbt und gehörnt zu werden, kündigte. In seiner unendlichen Weisheit begann JR zudem, nicht nur mich, sondern auch meine wichtigsten Unterstützer zu mobben. Meine persönliche Assistentin Daniela wurde aus der Unternehmenszentrale verbannt und musste von meinem Homeoffice aus arbeiten, was meine Produktivität erheblich beeinträchtigte. Unser Chefhändler Guillermo provozierte wegen der ­»Affäre Heatherington« heftigste Auseinandersetzungen mit JR, verlor und machte sich zu anderen Ufern auf. Ullrich Angersbach, der über viele Jahre wahrscheinlich unser größter Vermögenswert war, war in die Isolation gedrängt und Monate zuvor in eine relativ banale operative Funktion abgeschoben worden. Er wäre der perfekte Finanzvorstand oder globale Marketingvorstand gewesen. Er hatte absolut das Zeug für eine Position im Verwaltungsrat, auch wenn er ein wenig pedantisch, habgierig und risikoscheu war. Alle, die mir gegenüber loyal waren oder mich unterstützten, wurden entweder gefeuert oder weggemobbt.
    Warum? JR wusste, dass das Unternehmen stark von meinen Fähigkeiten als Rainmaker abhing. Er glaubte tatsächlich, indem er mich schwächte, würde das Unternehmen diversifizierter und widerstandsfähiger werden. Er glaubte, andere würden die Lücke mit ihren Ergebnissen auffüllen. Da lag er völlig falsch. Er hatte immer noch nicht verstanden, wie die Hedgefondsindustrie funktionierte. Sie ist angefüllt mit rasiermesserscharf denkenden und handelnden Köpfen, und nicht mit Leuten, die die lemminghafte Mentalität von Geschäftsbanken haben. Erfolgreiche Hedgefondsmanager sind die brillantesten und intelligentesten Köpfe der Kapitalmärkte. Aus diesem Grund machen sie derart obszön viel Geld. Wenn Sie diese Geldmacher untergraben und zerstören, werden Sie zwar weniger von ihnen abhängig sein, aber Ihre Investmentrenditen werden den Bach runtergehen und Ihre Gewinne werden sich in Luft auflösen. Sie können ein Raumschiff einfach nicht von jedem x-beliebigen Ackerknecht steuern lassen. JRs großer Plan bestand darin, mich ins Marketing abzuschieben, meine wenigen verbleibenden Unterstützer zu feuern und seine Jasager das Geld verdienen zu lassen. Das grundlegende Pro­blem an diesem Plan war, dass die anderen Manager überhaupt nicht in der Lage waren, die Renditen zu erzielen, die ich seit zwei Jahrzehnten erzielte, und das vor allem in Bärenmärkten.
    Als die Fondsvolumen weiter zunahmen und der Ergebnisdruck stieg, fiel JR nichts weiter ein, als unfähige Schwachköpfe einzustellen, die keinen eigen­ständigen Gedanken entwickeln konnten und mit nutzlosen Konsensmeinungen vollgestopft waren. Auf dem Papier wirkten sie vielleicht noch halbwegs brauchbar, aber für die knallharte, umstrittene Hedgefondsindustrie waren sie ungeeignet. Leistungsschwache Manager, die ich aufgrund inakzeptabler Ergebnisse zuvor entlassen hatte, wurden von JR wieder eingestellt. Er maximierte die kurzfristigen Gewinne und die persönliche Loyalität zulasten der langfristigen Wirtschaftlichkeit und Profitabilität. Außerdem machte er einen klassischen Fehler: Indem man starke Leute schwächt, macht man Schwache nicht unbedingt stärker.
    Ein weiterer schwerer Fehler war JRs Vergütungsmodell. JR zahlte unseren Spitzenleuten eine erheblich geringere Vergütung als unsere Wettbewerber. Entweder war er schwer

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