Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld
einfach unglaublich!«, schrie er.
»Bitte sei nicht so laut. Oben schläft unsere Tochter.«
Leise vor sich hin fluchend, schnappte sich David die externe Festplatte seines Computers und stürmte aus dem Zimmer.
Carey folgte ihm nach oben, sie befürchtete, sie könnte es zu weit getrieben haben. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als David sich Lucys Zimmer näherte, plötzlich überfiel sie die Angst, dass David versuchen könnte, Lucy mitzunehmen. Aber als er an der Tür stehen blieb, tat er das nur, um einen Blick auf ihr schlafendes Kind zu werfen.
Sein Kopf war hochrot, und er kämpfte mit den Tränen, als er sich schwer atmend wieder abwandte und den Flur hinunter in das Schlafzimmer ging, das sie geteilt hatten. Er zerrte einen Koffer aus dem Schrank, warf ihn aufs Bett und begann, Sachen hineinzustopfen.
Zehn Minuten später war er weg.
Carey stand in der Tür, die von der Küche in die Garage führte, und lauschte, als David seinen Wagen anließ und rückwärts hinausfuhr. Sie hatte nicht gewusst, wie sie sich nach dieser Konfrontation fühlen würde. Sie hatte nicht gewusst, ob sie weinen oder wütend sein oder sich elend fühlen würde. Sie fühlte überhaupt nichts. Sie war wie betäubt. Sie hatte in dieser Auseinandersetzung mit ihm alle Empfindungen aufgebraucht.
Unwillkürlich kehrte sie zurück ins Arbeitszimmer und ging dort auf und ab, die Arme um sich geschlungen, wie um sich selbst Halt zu geben. Sie musste Kovac anrufen. Sie hatte ihm zwar gesagt, er solle nicht kommen, aber mit ziemlicher Sicherheit war er trotzdem da. Wenn er nicht in ihrem Vorgarten stand, dann saß er in seinem Auto ein Stück weiter die Straße hinunter. Es berührte sie, dass er sich Sorgen um sie machte. Es gab ihr das Gefühl, nicht ganz so allein zu sein.
Als Polizist war Kovac durch nichts so leicht zu erschüttern. Carey konnte sich nicht einmal vorstellen, irgendjemand anderem zu erzählen, was David die ganze Zeit über getrieben hatte. Nicht einmal ihrer besten Freundin. Sie kam sich dumm vor, und es war ihr peinlich. Kovac hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Er hatte schon mit viel schlimmeren Dingen zu tun gehabt als einem untreuen Ehemann.
Sie setzte sich auf Davids Schreibtischstuhl und nahm ihr Handy, um ihn anzurufen. Sie hatte seine Nummer gespeichert. Er meldete sich, bevor der erste Klingelton verklungen war.
»Kovac.«
»Ich bin's, Carey. Es geht mir gut. David ist weg.«
»Sie klingen aber nicht so, als ob es Ihnen gut ginge.«
»Ich bin sehr müde«, sagte sie, bestürzt, wie zittrig ihre Stimme klang.
»Wollen Sie darüber reden? Soll ich vorbeikommen? Ich bin relativ nah.«
»Sie stehen in meinem Vorgarten, oder?«
»Ja. Sie können mir gern sagen, was ich tun soll«, sagte er, »ich tue trotzdem, was ich will.«
Sie brachte ein kleines Lächeln zustande – das waren ihre Worte. »Touché«, sagte sie. »Danke für das Angebot, Sam, aber ich will einfach nur noch ins Bett.«
»Ich bin Ihr Freund und Helfer, das ist mein Job.«
»Ich weiß.«
Einen Augenblick lang blieb es merkwürdig still in der Leitung. Carey hatte den Eindruck, dass er noch etwas hinzufügen wollte, aber schließlich sagte er nur: »Ich rufe Sie morgen früh an.«
Carey schaltete das Handy aus und steckte es seufzend in ihre Hosentasche. Hoffentlich war es bald morgen.
33
Kovac schaltete das Blaulicht ein, als er losfuhr und versuchte, David Moore einzuholen. Er wäre jede Wette eingegangen, dass Moore auf dem Weg zu dem Apartment war, für das er zahlte. Er hätte auch wetten können, dass Ginnie Bird hier wohnte.
Als er den großen Mercedes, der an der nächsten Ampel stand, nahe genug vor sich hatte, schaltete er das Blaulicht aus.
Moore überquerte die Kreuzung und nahm die Auffahrt zum Freeway. Kovac folgte ihm, dann trat er aufs Gaspedal, scherte aus und raste an ihm vorbei. Moore kannte seinen Wagen nicht und würde sowieso nicht nach ihm Ausschau halten. Er war im Geist vermutlich noch mit der Szene beschäftigt, die sich gerade zwischen ihm und seiner Frau abgespielt hatte, und überlegte, was er als Nächstes tun sollte.
Kovac verließ den Freeway und fuhr direkt zu dem Apartmenthaus. Ein hübsches Gebäude in einer teuren Gegend. Relativ neu, mit einem gepflegten Rasen und einer gesicherten Tiefgarage. Aber kein Pförtner.
Er parkte auf der anderen Straßenseite, stieg aus und ging zum Eingang.
Die Namen der Bewohner standen auf einem Klingelschild aus Messing neben der Tür, die in
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