KR137 - Ich stürzte den Senator
»Ich hatte ausdrücklich Befehl gegeben, mich sofort zu verständigen!« Langsam begann es mir in den Fingerspitzen zu jucken. Zum Glück kam mir Phil mit der Antwort zuvor, sonst hätte ich zurückgeballert. Phil stand auf, pflanzte sich dicht vor den Captain hin und sagte ganz freundlich: »Verzeihen Sie uns noch dieses eine Mal, Mr. Hilfspolizist?«
Damit marschierte Phil hinaus.
Der Captain holte tief Luft, und ich wartete schon auf ein fürchterliches Gewitter, worauf ich ihm den nächsten Dämpfer verabreicht hätte, da machte der Diener irgendeine harmlose Bewegung. Aber der ohnehin schon bis zur Weißglut erhitzte Captain hielt es in seiner üppigen Phantasie wohl gleich für einen Fluchtversuch oder für was weiß ich, jedenfalls donnerte er statt zu mir plötzlich zu dem Diener.
»Bleiben Sie stehen! Machen Sie keinen Fluchtversuch! Sie sind verhaftet! Gestehen Sie, Professor Bradforth ermordet zu haben!«
Jetzt erlebte ich meine Überraschung. Der Diener fragte zuerst ganz verblüfft: »Wieso? Den Professor ermordet zu haben? Was soll denn das heißen?«
»Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind!« fauchte der Captain. »Geben Sie es zu!«
Und da brach der Diener plötzlich zusammen. Er schlug die Hände vors Gesicht und stöhnte dumpf: »Es ist meine Schuld! Ich wußte es! Ich wußte es! Es ist meine Schuld!«
Der Gedanke, der mir auf einmal einfiel, durchfuhr mich wie ein Blitz. Ich riß dem Diener die Hände vor seinem Gesicht herunter, versuchte, ihm fest in die Augen zu sehen, und rief: »Wer war es? Forster, sagen Sie uns den Namen! Den Namen, Forster!«
In diesem Augenblick fiel von der Tür her ein Schuß. Noch bevor wir uns umdrehen konnten, knallte die Tür schon wieder zu, und draußen im Korridor waren hastige Schritte zu hören. Ich wollte zur Tür rennen, aber der Körper des Dieners war direkt in meine Arme gefallen.
Während der Captain hinausrannte, bettete ich den Diener auf sein Bett. Aus seiner linken Brustseite quoll helles warmes Blut. Ehrlich gesagt, ich gab in diesem Augenblick keinen Cent mehr für sein Leben. Nach meiner Meinung war der Schuß unmittelbar ins Herz gegangen.
Trotzdem stürzte ich selbstverständlich zum Telefon und rief die nächste Unfallstation an. Ich schrie richtig in den Apparat hinein, daß es sich um Minuten handeln könne, dann warf ich den Hörer auch schon wieder auf die Gabel.
Ziemlich sinnlos lief ich im Zimmer auf und ab. Ich weiß nicht mehr, wie lange es dauerte, bis ich draußen die grelle Sirene des Rettungswagens in der Straße hörte, jedenfalls war plötzlich ein Arzt mit einigen Krankenträgern zur Stelle.
Der Arzt war einer von der Sorte, die schnell handeln können, ohne doch ihre ruhige Sicherheit zu verlieren. Er warf nur einen kurzen Blick auf die Wunde, zog dann prüfend ein Augenlid des Bewußtlosen hoch, dann hatte er auch schon eine Spritze in der Hand, holte eine Ampulle aus einem Kästchen, brach die gläserne Spitze ab, tauchte die Injektionsspritze hinein, saugte die gelbliche Flüssigkeit ein und machte dann seine Injektion. Behutsam wie etwas ungeheuer Kostbares wurde der Verletzte dann auf die Bahre gehoben und hinausgetragen.
»Wird er es überstehen?« fragte ich.
Der Arzt sah mich einen Augenblick lang schweigend an, dann sagte er mit einem müden Achselzucken: »Das wird ein anderer als wir Ärzte bestimmen. Aber es ist wenig Hoffnung. Guten Tag.«
Damit ging er.
Ich hatte eine Mordswut im Bauch. So eine Frechheit hatte ich noch nicht erlebt. Vor den Augen von zwei Polizeibeamten einen Mann einfach wie einen tollen Hund abzuknallen!
Aber Phil hatte doch draußen im Korridor gestanden! Er mußte doch etwas von dem Täter gesehen haben. Wo war Phil?
Ich rannte hinaus auf den Korridor.
Kein Mensch zu sehen.
Ich blieb stehen und versuchte, erst einmal meine Gedanken zu ordnen. Bevor der Schuß gefallen war, hatte Phil das Zimmer verlassen, um weiteren Streitigkeiten mit dem aufgeblasenen Captain aus dem Wege zu gehen. So wie ich Phil kannte, würde er draußen auf dem Korridor auf mich gewartet haben, wenn ihn nicht irgendein besonderes Ereignis zwingen sollte, seinen Posten zu verlassen.
Die Ankunft des Mannes, der dann durch die Tür auf den Diener geschossen hatte, war aber ohne allen Zweifel ein solches besonderes Ereignis. Zu diesem Zeitpunkt konnte Phil nicht mehr im Korridor gestanden haben, sonst wäre der Mann nicht zum Schießen gekommen, das war sicher. Also war er schon vorher, das heißt
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