Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
Vom Netzwerk:
er fort, »so muß ich sagen, daß wir den Erfolg des Tages am meisten dieser Batterie und der heroischen Standhaftigkeit des Kapitän Tuschin verdanken.« Ohne eine Antwort abzuwarten, stand er auf und verließ den Tisch.
    Fürst Bagration sah Tuschin an. Augenscheinlich wollte er keinen Zweifel an dem scharfen Urteil Bolkonskys aussprechen, war aber auch nicht imstande, vollkommen daran zu glauben. Er nickte Tuschin zu und sagte, er könne gehen. Fürst Andree verließ nach ihm die Hütte.
    »Ich danke Ihnen, Sie haben mir herausgeholfen«, sagte Tuschin.
    Fürst Andree blickte Tuschin an, ohne ein Wort zu sagen. Er verließ ihn und fühlte sich tief bekümmert. Das alles war so seltsam, so ganz anders, als er gehofft hatte.
    Am andern Tag erneuerten die Franzosen ihren Angriff nicht, und der Rest von Bagrations Truppen vereinigte sich mit Kutusows Armee.

43
    Fürst Wassil handelte nicht nach sorgfältig überlegten Plänen und noch weniger dachte er daran, jemand Böses zuzufügen; um sich einen Vorteil zu schaffen. Er war nur ein Mensch, der Erfolg hatte in der Welt und beständig, je nach den Umständen und den Menschen, mit denen er in Berührung kam, in verschiedener Weise handelte, ohne sich selbst Rechenschaft darüber zu geben.
    Er verschaffte Peter die Stellung eines Kammerjunkers, welcher damals den Rang eines Staatsrats hatte, und bestand darauf, daß der junge Mann mit ihm zusammen nach Petersburg fahren und in seinem Hause wohnen solle.
    Nachdem Peter so unerwartet reich und Graf Besuchow geworden war, nach so langer Einsamkeit und Müßigkeit, fühlte er sich so sehr von Arbeit überladen, daß er nur im Bett allein mit sich selbst sein konnte. Er mußte Papiere unterzeichnen, bei verschiedenen Behörden vortreten, von deren Bedeutung er keinen klaren Begriff hatte, sich mit seinem Hauptverwalter beraten, auf sein Gut fahren und eine Menge Personen empfangen, von deren Dasein er früher keine Ahnung gehabt hatte. Alle diese verschiedenartigen Personen, Geschäftsleute, Verwandte, Bekannte, alle hegten die freundschaftlichsten Gesinnungen für den reichen Erben, und alle schienen von seinem hohen Wert unzweifelhaft überzeugt zu sein. Beständig hörte er Redensarten wie die folgenden: »Bei Ihrer ungewöhnlichen Gutherzigkeit« und »bei Ihrem vortrefflichen Herzen«, oder »wenn er so klug wäre wie Sie«, und so weiter, so daß er selbst anfing, an seine ungewöhnliche Gutherzigkeit und seine seltene Begabung zu glauben. Selbst Leute, welche ihm früher feindlich gesinnt waren, wurden jetzt freundschaftlich und liebenswürdig. Die boshafte, ältere Fürstin kam nach dem Begräbnis zu Peter ins Zimmer und sagte ihm seufzend und mit niedergeschlagenen Augen, sie bedauere sehr die früheren Mißverständnisse und halte sich jetzt nicht für berechtigt, um etwas zu bitten, außer vielleicht um die Erlaubnis, nach dem Schlag, der sie getroffen, noch einige Wochen in dem Hause zu bleiben, das sie so liebte und wo sie so viele Opfer gebracht habe. Dann brach sie in Tränen aus. Peter ergriff erschüttert ihre Hand und bat um Vergebung, ohne zu wissen, wofür. Von diesem Tage an war ihr Wesen ganz verändert.
    »Tue das für sie, mein Bester! Sie hat doch viel von dem Verstorbenen gelitten«, sagte Fürst Wassil, indem er Peter ein Papier zugunsten der Fürstin zu unterschreiben gab. Fürst Wassil hatte sich überlegt, diesen Knochen, einen Wechsel über dreißigtausend Rubel, müsse man der armen Fürstin immerhin zuwerfen, damit ihr nicht etwa einfalle, von seinem Anteil an der Geschichte mit der Mosaikmappe zu schwatzen. Peter unterschrieb den Wechsel, und von dieser Zeit an wurde die Fürstin noch geschmeidiger. Auch die jüngeren Schwestern benahmen sich ebenso liebenswürdig gegen ihn, besonders die jüngste, hübsche, mit dem Muttermal, welche Peter durch ihr Lächeln oft in Verwirrung brachte.
    Am meisten Einfluß auf Peter hatte um diese Zeit der Fürst Wassil. Seit dem Tode des Grafen Besuchow ließ er ihn nicht aus seinen Händen. Solange er sich noch in Moskau aufhielt, ließ er Peter oft zu sich kommen, oder ging selbst zu ihm und schrieb ihm vor, was er tun müsse, in einem Ton der Ermüdung, als ob er jedesmal sagen wollte: »Du weißt, ich bin mit Geschäften überhäuft, aber es wäre unbarmherzig, dich so zu verlassen, und du weißt auch, daß das, was ich dir sage, das einzig Richtige ist.« »Morgen fahren wir, ich gebe dir einen Platz in meinem Wagen. Hier ist alles Wichtige abgemacht,

Weitere Kostenlose Bücher