Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
Narses nach Italien, später nach Konstantinopel geflohen. Dort »lud« ihn 581 eine Gesandtschaft, angeführt von Herzog Gunthram Boso, einem hochintriganten Rebellen, nach Gallien ein. Durch Kaiser Tiberios I. reich ausgestattet, landete Gundowald im September 582 in Marseille. Zwar mußte er, schäbig verraten von Gunthram Boso, zunächst auf eine provenzalische Insel ausweichen, fand dann aber, zumal im Süden und Westen des Reiches, starken Zulauf, wirkte sich jetzt ja schon die steigende Bedeutung des Hochadels aus, die noch geschichtsbestimmend werden sollte.
Die Revolte des Gundowald war vielen willkommen. Fürsten und Grafen besonders aus Neustrien wie Burgund, doch auch aus Austrien, schlössen sich ihm an: Desiderius etwa, der Herzog von Toulouse, und Herzog Bladast, zwei Große Chilperichs I.; Eunius Mummolus, ein Herzog König Guntrams und dessen bester Feldherr; Gunthram Boso, der Herzog Childeberts II.; Waddo, der Hausmeier der Königstochter Rigunthe. Aber auch viele Prälaten wechselten das Lager.
Gleich nach Gundowalds Landung in Marseille nahm ihn Theodorus, der Ortsbischof, mit offenen Armen, »mit der größten Güte« auf und stellte ihm sogar eine Reitertruppe zur Verfügung. Auch die Bischöfe Nicasius von Angoulême und Antidius von Agen gingen zu Gundowald über. Ebenso hing ihm ein Bischof Epiphanius (mit unbekannter Diözese) an und kam deshalb durch Guntram noch in Haft, in der er »nach vielen Leiden starb«. Immer mehr Magnaten vergrößerten Gundowalds Feldschar. Er gab reiche Geschenke und beherrschte Aquitanien bald nahezu ganz. Bischof Sagittarius von Gap zählte zu seinen nächsten Vertrauten. Ähnlich Bischof Bertram von Bordeaux, der dem Usurpator Gundowald, so Gregor von Tours wieder, »in enger Freundschaft verbunden«, mit König Guntram aber (mütterlicherseits) verwandt war, weshalb dieser ihm dann vorwarf, er habe über seine eigene Sippe die ausländische Pest (pestem extraneam) gebracht. (In enger Freundschaft verbunden war Bischof Bertram von Bordeaux auch Königin Fredegunde; der Kirchenfürst soll sie sehr getröstet haben. Er und Bischof Palladius von Saintes warfen sich an der königlichen Tafel zum Vergnügen vieler gegenseitig Unzucht, Ehebruch und Meineid vor.) Und auch Bischof Palladius von Saintes, der den König »schon öfters hintergangen hatte«, durch gleich dreifachen Meineid nämlich, und der Abt von Cahors, den Guntram später geißeln und einkerkern ließ, unterstützten den Rebellen. Im Osten zählte hoch wahrscheinlich wieder Bischof Egidius von Reims zu den Verschwörern; in Burgund, nach Fredegar, vor allem Bischof Syagrius von Autun und Bischof Flavius von Chalon-sur-Saône. 16
Im Dezember 584 proklamierte man den Prätendenten in Brives-la-Gaillarde (Limousin) durch Schilderhebung zum König. Doch Anfang des nächsten Jahres kam es zu einer abermaligen Annäherung Guntrams und Childeberts II., der das Mündigkeitsalter von 15 Jahren erreicht hatte. Der Senior der Merowingerdynastie erneuerte Childeberts Einsetzung zu seinem Erben, rüstete ein Heer und drang bis in baskisches Gebiet vor. Im äußersten Süden Aquitaniens, in St-Bertrand-de-Comminges (Lugdunum Convenarum) im Pyrenäenvorland, wurde Gundowald belagert, von seinen Anhängern, an deren Spitze Herzog Eunius Mummolus und Bischof Sagittarius, erneut verraten und bei einem Ausbruchsversuch heimtückisch getötet. Guntrams Schwertträger Cariatto, behauptet jedenfalls Fredegar, »der diese Sache gefördert hatte, erhielt zur Belohnung dafür den Bischofsstuhl von Genf«. Gundowalds Leiche wurde geschändet und unbestattet liegengelassen.
Die Verräter, »die vornehmsten Männer in der Stadt«, brachten alle Schätze an sich, auch »die heiligen Kirchengeräte«, dann ließen sie die Tore öffnen. Guntrams Heer brach darauf ein und metzelte »alles Volk« nieder; »die Priester des Herrn mit ihren Gehilfen tötete man an den Altären der Kirchen selbst. Nachdem alle niedergemacht waren, daß keiner übrigblieb, der männlich ist, steckte man die ganze Stadt mit den Kirchen und den übrigen Gebäuden in Brand und ließ dort nichts zurück als den nackten Boden.« Die Tat des hl. Guntram (Fest: 28. März), der doch die besten Beziehungen zu den Bischöfen unterhielt, von Gregor von Tours als »gütig und stets zum Erbarmen geneigt« charakterisiert, der als »König und Priester« gefeiert wird. Tatsächlich aber konnte Guntram gegen rebellische oder widersetzliche Große erbarmungslos
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