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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Der Wind schnitt wie ein Messer durch die Zeltplanen und heulte wie ein vom Schmerz gequältes Tier. Mit glasigen Augen durchwühlten die Eingeschlossenen ihre wenigen Habseligkeiten nach irgendetwas Essbarem. Gold und Münzen warfen sie weg, die hatten keinen Wert mehr für sie. Zwei Wochen lang hatten sie nun schon ohne Essen vegetiert und nur von geschmolzenem Eis gelebt, das sie in kleinen Schlucken tranken.
    Rebecca O’Ross, von jeher keine besonders kräftige Frau, starb als Erste den Hungertod. Als eine Woche später einer der Schumann-Brüder an Lungenentzündung starb, zögerten die Überlebenden zum ersten Mal bei der Vorbereitung der Beerdigung. Es wurde kein Wort gesagt, und jeder mied den Blick des anderen, aber ein Gedanke ging allen durch den Kopf: Hier, in der Gestalt von Helmut Schumann, lag frisches Fleisch.
    »Um Himmels willen, nein!«, rief Matthew entsetzt, als ihm die Bedeutung ihres Schweigens aufging. »Wir sind doch keine Tiere!«
    »Sind wir doch«, erklärte Mr. Hopkins traurig. »Menschliche Wesen, vielleicht, und Gottes Kinder, aber trotzdem Kreaturen, und wir brauchen etwas zu essen.« Seine Frau Albertina schlug weinend die Hände vors Gesicht. In der klapprigen Gestalt mit dem schlotternden Kleid war die Frau mit dem herrischen Gebaren von einst nicht mehr wiederzuerkennen. Aber ihre zwei Kinder waren tot, ihr Mut gebrochen.
    »Und was ist mit mir?«, empörte sich Manfred Schumann. »Ich kann doch nicht meinen eigenen Bruder essen!« Das bedeutungsvolle Schweigen der Gruppe verriet ihm, dass Helmut nur der Erste war, weitere würden folgen. Matthew stürzte nach draußen.
    Tränenblind stolperte er durch den Schnee, sank auf die Knie und begann herzzerreißend zu schluchzen. Als Emmeline ihn einholte, zog er sie in die Arme. Er konnte spüren, dass sie unter ihren Kleiderschichten nur noch Haut und Knochen war. Aber in ihren Augen, die sein Gesicht mit Sorge und Mitgefühl erforschten, war immer noch Leben, und in ihren Lippen, als sie mit den seinen verschmolzen.
    »Das können wir nicht tun«, schluchzte er an ihrem Hals. »Wir können uns nicht so erniedrigen.«
    »Haben wir denn eine Wahl? Sollen wir uns dem Tod überlassen? Matthew, wir sitzen in der Falle. Und wir werden bis zum Frühjahr ausharren müssen. Wir haben keine Nahrung…« Dann brach auch sie weinend zusammen. Sich in den Armen wiegend, hielten sie einander fest, und ihr verzweifeltes Schluchzen stieg zu dem eisigen, gleichgültigen Himmel empor.
    Schließlich fand Emmeline die Fassung wieder. Sie half Matthew auf die Füße. »Sie brauchen einen Anführer. Sie brauchen jemanden, der ihnen Kraft gibt und Mut macht. Sie respektieren dich.«
    »Ich tauge nicht zum Anführer. Du bist tapfer, Emmeline. Das warst du bereits, als du beschlossen hattest, allein in den Westen zu reisen.«
    Ihr Blick glich dem eines verwundeten Tieres. »Ich bin nicht tapfer. Nicht mehr. Ich habe ganz schreckliche Angst. All dieser Mut
    – nur bloßes Gerede, weil alles so einfach schien. Aber jetzt, wo es darauf ankommt, merke ich, dass ich gar nicht mutig bin. Du hast Glück, denn du hast den Kristall der Träume, der dich lenkt. Ich habe nur mich, und ich bin kein guter Anführer.«
    Matthew nahm den blauen Stein hervor und versuchte, den Lenkenden Geist darin zu finden, den seine Mutter stets beschworen hatte. Mit einem Mal wichen alle Hoffnungen und falschen Erwartungen an den Stein einem schrecklichen Gefühl von Hunger und Verzweiflung. »Alles nur Humbug!«, rief er aus und schleuderte den Stein weit weg.
    »Nein!«, wandte Emmeline ein, denn obwohl sie selbst nicht an die Zauberkraft des Steins glaubte, wusste sie doch, dass Matthew es tat. Sie stolperte durch den Schnee davon, um nach dem blauen Kristall zu suchen. »Warte!« Matthew eilte ihr nach.
    Als sie den Stein fanden und Emmeline sich gerade nach ihm bücken wollte, entdeckte Matthew etwas im Schnee. Er runzelte die Stirn, kniete nieder und schaute genauer hin. Kein Zweifel: Da waren Bärenspuren.
    »Was ist?«, fragte Emmeline, als sie seinen Gesichtsausdruck sah. Matthew richtete sich wieder auf und schaute sich um. Die Landschaft war blendend weiß und nahezu konturlos. Er verhielt einen Moment.
    Dann rümpfte er die Nase. »Riechst du das?« Emmeline schnupperte in die Luft. »Was für ein Gestank!«
    »Ich glaube, ich weiß, was das ist.« Er rannte in den tiefen Schnee voran, Emmeline auf den Fersen.
    Vor einem kleinen Haufen Bärenkot blieben sie stehen. Er stank

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