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Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition)

Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition)

Titel: Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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schnelle und leise Bewegung gewesen sein. Das Tier schaute noch immer zu ihr hinüber, horchte noch immer auf die Musik, doch zweifellos nicht mehr mit der gleichen hingerissenen Begeisterung wie bei dem Stück von Liszt. Schon der Umstand, dass es die Klavierbank verlassen hatte, schien ein kleines, aber deutliches Zeichen von Enttäuschung zu sein.
    «Was ist denn los?», fragte Louisa, als sie fertig war. «Magst du Schumann nicht? Was ist eigentlich so Wunderbares an Liszt?» Die Katze sah sie unverwandt mit ihren gelben Augen an, in deren Zentrum kleine pechschwarze Striche lagen.
    Jetzt wird die Sache wirklich interessant, sagte sich Louisa – sogar etwas unheimlich, wenn man’s recht bedenkt. Doch sie beruhigte sich rasch, als sie einen Blick auf die Katze warf, die sehr aufmerksam, sehr interessiert in der Sofaecke kauerte und offensichtlich auf weitere Darbietungen wartete.
    «Gut», sagte sie, «weißt du was? Ich werde mein Programm ändern, eigens für dich. Du scheinst Liszt besonders zu lieben und sollst noch mehr von ihm hören.»
    Sie zögerte einen Moment, suchte in ihrem Gedächtnis und entschloss sich für den Weihnachtsbaum. Sie spielte leise das erste der zwölf kleinen Stücke und beobachtete dabei die Katze genau. Sie stellte fest, dass die Barthaare wieder zu zucken begannen. Das Tier sprang auf den Teppich, blieb einen Augenblick stehen, zitternd vor Erregung und mit gesenktem Kopf, ging dann langsam um das Klavier herum, war mit einem Satz auf der Bank und setzte sich neben Louisa.
    So weit waren sie, als Edward hereinkam.
    «Edward!», rief Louisa und lief ihm entgegen. «Edward, Liebling, stell dir vor, was passiert ist!»
    «Was ist denn los?», knurrte er. «Ich möchte Tee haben.» Sein schmales, scharfnasiges und leicht gerötetes Gesicht glänzte von Schweiß und erinnerte an eine lange, nasse Traube.
    «Es handelt sich um die Katze!» Louisa deutete auf das Tier, das ruhig sitzen geblieben war. «Du wirst staunen, wenn du hörst, was geschehen ist!»
    «Habe ich nicht gesagt, du sollst sie zur Polizei bringen?»
    «Aber Edward, hör doch zu. Es ist schrecklich aufregend. Dies ist eine musikalische Katze.»
    «Ja?»
    «Sie liebt Musik und versteht sie auch.»
    «Red keinen Unsinn, Louisa, und kümmere dich gefälligst um den Tee. Ich bin todmüde, nachdem ich all die Brombeersträucher ausgerissen und verbrannt habe.» Er setzte sich in einen Sessel, nahm aus der Dose neben ihm eine Zigarette und zündete sie mit einem großen Feuerzeug an, das auf dem Tisch bereitlag.
    «Bitte, begreife doch», sagte Louisa, «während du im Garten warst, hat sich hier in unserem Haus etwas unglaublich Aufregendes ereignet, etwas, was sogar … nun … folgenschwer sein könnte.»
    «Aha.»
    «Edward, bitte !»
    Louisa stand neben dem Klavier, ihr kleines rosiges Gesicht war rosiger denn je, mit einem purpurroten Fleck auf jeder Wange. «Wenn du es wissen möchtest», fuhr sie fort, «will ich dir sagen, was ich denke.»
    «Ich höre, meine Liebe.»
    «Wir befinden uns in diesem Augenblick – jedenfalls halte ich das für durchaus möglich – in Gegenwart von …» Sie verstummte, als wäre sie sich auf einmal der Absurdität ihres Gedankens bewusst geworden.
    «Nun?»
    «Du wirst mich vielleicht für verrückt halten, Edward, aber ich bin fest davon überzeugt …»
    «In Gegenwart von wem, zum Donnerwetter?»
    «Von Franz Liszt persönlich!»
    Edward zog kräftig an seiner Zigarette und blies den Rauch zur Decke hinauf. Er hatte hohle Wangen mit straffer Haut, wie ein Mann sie hat, der seit Jahren ein künstliches Gebiss trägt, und sooft er den Rauch inhalierte, fielen die Wangen noch mehr ein, und die Knochen stachen hervor wie bei einem Gerippe. «Was soll das heißen?», erkundigte er sich.
    «Hör zu, Edward. Nach dem, was ich heute Nachmittag mit eigenen Augen gesehen habe, scheint es sich tatsächlich um eine Art Wiedergeburt zu handeln.»
    «Meinst du etwa die lausige Katze?»
    «Lieber, bitte, sprich nicht so.»
    «Du bist doch nicht krank, Louisa, wie?»
    «Danke schön, mir geht’s ausgezeichnet. Gewiss, ich bin ein wenig durcheinander, aber wer wäre das nicht nach dem, was geschehen ist? Edward, ich schwöre dir …»
    «Was ist denn geschehen, wenn ich fragen darf?»
    Louisa erklärte es ihm. Während sie sprach, lag ihr Mann im Sessel, beide Beine lang ausgestreckt, zog an der Zigarette und blies den Rauch zur Decke hinauf. Um seinen Mund spielte ein kleines zynisches

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