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Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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seinen Eingeweiden rumorte es, als wollte er seinen Darm
entleeren, sich übergeben oder beides.
    - Mr. Kehar?
    Die Stimme war nicht in seinen Ohren. Es war eine virtuelle, eine
Gedankenstimme. Er befand sich in einer künstlichen Umgebung.
Das erklärte immerhin einiges. Offenbar hatte er irgendeine
Verjüngungskur gebucht. Jetzt lag er sicher und bequem unter
Narkose in einer Klinik, wahrscheinlich einer, die ihm selbst
gehörte. Es hatte wohl einen Fehler bei der Aufwecksequenz
gegeben, man hatte seine Vitalzeichen nicht richtig überwacht.
Eine Spur von Schmerzmittel, ein Antidepressivum, ein
Panikkiller… den Cocktail sollte nun wirklich jede
Verjüngungsklinik beherrschen. Der Fehler mochte banal sein,
aber es war und blieb ein Fehler. Er würde sich das Personal zur
Brust nehmen.
    Das Problem war nur, er hatte nichts gebucht. Er hatte sogar einen
seiner regelmäßigen Check-up-Termine verschoben, bis die
Krise vorüber wäre. In nächster Zeit standen keine wie
auch immer gearteten Behandlungen an.
    Ein Angriff. Während sie auf der Jacht waren und schliefen,
musste es einen Angriff gegeben haben. Und nun war er irgendwo in
einem Krankenhaus, in einem Tank. Verdammt, womöglich war er
wirklich schwer verletzt worden. War er womöglich nur noch ein
Kopf?
    - Hallo?, sendete er. Es fiel ihm ganz leicht, nur in
Gedanken zu sprechen, es war wie ein raffiniertes Spiel – oder
– noch einmal – wie im Krankenhaus nach einem schweren
Eingriff.
    - Sie sind Saluus Kehar?
    Wieso kannte man seinen Namen nicht?
    Hatte man ihn vielleicht mit Drogen abgefüllt, seine
Erinnerungen gelöscht?
    Verdammt, hatte man ihn etwa entführt?
    - Wer sind Sie?, fragte er.
    - Bestätigen Sie Ihre Identität.
    - Haben Sie nicht verstanden? Ich habe gefragt, wer Sie sind. Eine Schmerzwelle ging, angefangen bei den Zehen, durch seinen
ganzen Körper, hinauf bis zum Kopf. Ein unheimlicher Schmerz, so
erstaunlich rein, so unpersönlich. Er verschwand so schnell, wie
er gekommen war, und hinterließ nur ein dumpfes Pochen in
seinen Eiern und seinen Zähnen.
    - Wenn Sie nicht kooperieren, sagte die Stimme, – wird der Schmerz stärker werden.
    Er würgte, wollte mit dem Mund sprechen, schaffte es
nicht.
    - Verdammte Scheiße, was sollte das?, sendete er
endlich. – Was habe ich…? Also gut, ich bin Saluus
Kehar. Wo bin ich?
    - Sie sind Industrieller?
    - Ja. Ich bin der Besitzer von Kehar Heavy Industries. Wo liegt
das Problem? Wo bin ich?
    - Woran erinnern Sie sich als Letztes, bevor Sie aufwachten?
– Was? Seine letzte Erinnerung? Er überlegte. Woran
hatte er eben noch gedacht? Liss. Sie waren auf der Jacht gewesen,
auf Schiff 8770, und er hatte sich schläfrig
gefühlt. Was war wohl aus Liss geworden? Wo mochte sie sein? War
sie hier, wo immer ›hier‹ war? War sie tot? Sollte er sie
erwähnen oder besser nicht?
    - Antworten Sie.
    - Ich war am Einschlafen.
    - Wo?
    - Auf einer Jacht. Einem Raumschiff mit Namen Schiff
8770.
    - Und wo war das?
    - Im Orbit um Nasq. Hören Sie, könnten Sie mir nicht
verraten, wo ich bin? Ich bin durchaus kooperationsbereit, ich werde
Ihnen alles sagen, was Sie wissen wollen, aber ich brauche einen
gewissen Kontext. Ich muss zumindest wissen, wo ich bin.
    - Waren Sie mit jemandem zusammen?
    - Eine Freundin war bei mir, eine Kollegin.
    - Name?
    - Sie heißt Liss Alentiore. Ist sie auch hier? Wo ist
sie? Und wo bin ich?
    - Wie steht sie zu Ihnen?
    - Sie? Sie ist meine Assistentin, meine Privatsekretärin. Stille. Nach einer Weile sendete er. – Hallo?
    Stille.
    Etwas klickte, dann wich die Dunkelheit, es wurde hell. Saluus
kehrte in eine reale Welt zurück, in einen realen Körper.
Die Decke über ihm glänzte wie Silber und war von Hunderten
von Leuchtstreifen durchzogen. An Licht fehlte es jedenfalls
nicht.
    Er lag in einem Bett, bei etwa einem halben Ge oder weniger,
gehalten von… er konnte sich nicht bewegen. Vielleicht wurde er
gar nicht physisch niedergedrückt, aber Arme oder Beine waren
immer noch wie gelähmt. Jemand in der Kleidung eines Arztes oder
einer Krankenschwester hatte ihm soeben einen Helm vom Kopf genommen.
Saluus zwinkerte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Im
Gesicht und im Hals registrierte er eine gewisse Beweglichkeit, aber
das war auch alles. Den restlichen Körper glaubte er immerhin zu
spüren, sicher war er allerdings nicht. Vielleicht war er doch
nur noch ein Kopf?
    Ein großer, dünner Mann, eine unheimliche Gestalt mit
rot glühenden Augen schaute auf ihn

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