Kurtisanen leben gefährlich
ihrer Arbeit beschäftigt und nahm mich nicht wahr, als ich aus der Kajüte ins Freie trat.
Und so erblickte ich zum ersten Mal die Stadt Faridah, das Juwel des Südens und die Hauptstadt des Reiches Marabesh, in all ihrer Pracht. Es war ein wahrhaft atemberaubender Anblick. Goldene, von der Sonne überzogene Kuppeln reckten sich in den tiefblauen Himmel, der von keiner Wolke getrübt wurde. Nie zuvor hatte ich seine Farbe so intensiv empfunden, obgleich der Himmel über Terrano ebenfalls von leuchtendem Blau war. Weißer, von feinen Adern durchzogener Marmor war als Material für die prachtvollen, hohen Bauten benutzt worden, deren spitzbogige Fenster über keine Glasscheiben, dafür aber über feine Gitter und luftige Vorhänge verfügten. Sie tanzten in vielen Farben in der leichten Brise und ließen alles bunt und lebhaft erscheinen. Doch trotz all der Pracht erblickten meine Augen auch ärmlichere Bauten, die aus einem sandsteinartigen Material errichtet worden waren und die den Hafen säumten.
Nicht weit von meinem Standpunkt entfernt, hörte ich die lauten, fremden Geräusche, die von einem Markt herrühren mussten, den ich zwischen den Häusern nicht erkennen konnte. Fremdartige, betörende Gerüche berührten meine Nase, die sie nicht einzuordnen vermochte. Mein Blick schweifte über die lebendigen Menschen, die am Hafen stritten und lachten.
Das Leben hier erschien mir so intensiv und greifbar, dass sein Echo durch meinen Körper pulsierte und mich unruhig werden ließ. Zu gerne wollte ich mich unter diese Menschen mischen und all das Neue in mir aufnehmen.
Auch Sadira wurde an meiner Seite von einem Gefühl ergriffen, das ihre Augen leuchten ließ und ihre Haut mit einem warmen Glühen überzog. Sie war nach Hause gekommen.
Am Hafen lagen viele Schiffe, die beladen wurden oder deren Ladung nun den Weg zu ihrem Bestimmungsort finden sollte. Einige der Schiffe wirkten fremdartig und exotisch, nicht viel anders als das prachtvolle Schiff der Prinzessin, das sich ebenfalls auf dem Weg zu diesem Ort befinden musste und bald irgendwo am Hafen anlegen würde. Andere waren weitaus gewöhnlicher. Dies waren die Schiffe, die ich aus meiner Heimat kannte.
Ein ungutes Gefühl ergriff Besitz von mir, als ich an Delilah und den Traum dachte, in dem ich eine fremde Alesia und die tanzende Prinzessin gesehen hatte. Was mochte die Bedeutung dieses Traumes gewesen sein? War es nur mein Unterbewusstsein, das mir diese Vision gesandt hatte oder war dort mehr?
Vielleicht war es Alesia möglich gewesen, mit mir in Kontakt zu treten, um mich zu warnen oder um mir eine Nachricht zukommen zu lassen. Wenn dies die Wahrheit war, so hatte sich ihre Macht in kurzer Zeit noch um ein Vielfaches verstärkt und sie musste etwas besitzen, das ihr eine Verbindung zu mir ermöglichte. Dieser Gedanke beunruhigte mich zutiefst. Ich wünschte mir sehnlichst, sie fragen zu können, aber ich war der Hexerei der Artiste nicht mächtig, also blieb mir nur die zwiespältige Hoffnung, dass der Traum wiederkehren möge.
So stand ich also nachdenklich an Deck der Promessa und wartete darauf, dass der Narbenmann zurückkehrte, um mich endlich von dem Schiff zu bringen. Einem unbekannten Schicksal entgegen, das noch in den Sternen stand.
Kapitel 14
D
omenico Verducci ließ uns nicht lange warten und kehrte schon bald mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck zu uns zurück, um mich an meinen Bestimmungsort zu bringen.
Sadira verabschiedete sich lächelnd von mir und versprach, dass wir uns bald wiedersehen würden, bevor sie ihre Aufmerksamkeit auf den Kapitän konzentrierte, um ihn besorgt zu mustern. Ich beobachtete ihn von meinem Standort aus, als er voll unterdrückter Wut, die man in jeder seiner Bewegungen erkennen konnte, auf mich zu trat. Zum ersten Mal seit Tagen richtete er das Wort an mich.
»Es wird Zeit, das Schiff zu verlassen, Signorina. Ich hoffe, dass Ihr in ausreichendem Maße wohlauf seid, denn man erwartet Euch bereits.«
Wie so oft bei Gesprächen mit Verducci, nahm ich eine kühle und abweisende Haltung ein. Es mochte nicht zu unserer besseren Verständigung beitragen, doch irgendetwas an seinem Verhalten provozierte es einfach.
»Vielen Dank, Signore Verducci, es geht mir gut. Mein Befinden wäre jedoch wesentlich besser, wenn Ihr mir endlich mitteilen würdet, was Ihr mit mir vorhabt – oder wer mich erwartet.«
Verducci blickte mich finster an, aber dennoch meinte ich, eine Spur von Unsicherheit in seinen Augen zu
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