Kuss der Finsternis - Cole, K: Kuss der Finsternis
nächstgelegenen Stadt, einen Jeep gemietet hatte, kurz bevor sie selbst aufgebrochen war.
Mit einem Mal erbebte der gesamte Tunnel. Ein wütender Basilisk war bereit zu töten und tat seinen Zorn kund, indem er mit seinem massigen Schwanz gegen die Wände des Tunnels peitschte. Bei jedem Schlag prasselten Felsbrocken von der Decke herab und zwangen Kaderin, um sie herum zu rennen, zu springen und ihnen auszuweichen, wobei ihre Füße die ganze Zeit über durch alte Knochen wateten.
Basilisken waren furchtbare Geschöpfe, doch sie bewegten sich nur schwerfällig durch ihren Bau, und sie wusste, sie konnte einen, vielleicht sogar zwei auf einmal, töten. Aber das wollte sie gar nich t – sie empfand eine gewisse Verbundenheit mit Ungeheuern.
Kaderin diente der Nachkommenschaft niederer Mythenweltkreaturen selbst oftmals zur Warnung: „Esst schön brav euer Fresschen auf, sonst schleicht sich Kaderin die Kaltherzige unter euer Bett und beißt euch den Kopf ab.“
Sie wandte sich um, in Richtung Eingang, und rannte an Wänden voller gespenstischer Malereien vorbei, bis sie die Kreuzung dreier Wege am Zugangsweg erreicht hatte. Die Sonne hieß sie willkommen und erleuchtete eine ganz andere Art von Höhlenmalereien. Bevor man sie hier einschloss, hatte man jeder geopferten Jungfrau ein mit Farbe gefülltes Schilfrohr gegeben. Sie legte dann ihre Hand auf die Wand und blies in das Rohr, sodass die Farbe ihren Umriss markierte. Dieser Handabdruck war das einzige Denkmal, das sie zurückließ. Es gab Tausende von ihne n …
Kaderin erspähte Bowen auf der gegenüberliegenden Seite. Die lang erwartete Konfrontation. Die Zeit schien langsamer zu vergehen. Er hatte die Hälfte ihrer Konkurrenten ausgeschaltet, darunter sämtliche Favoriten, bis auf Lucindeya, Kaderin und Sebastian. Sie wusste, dass er dem jetzt Abhilfe schaffen wollte.
Seine Augen glühten in der Dunkelhei t – genau wie ihr e –, und er blickte sie mit bedrohlicher Miene an. Ein gezackter Schnitt verunstaltete sein Gesicht, ohne dass ein Anzeichen von Regeneration zu sehen gewesen wäre. Erschöpfung schien seine Schultern niederzudrücken. Der Fluch der Hexe. Also war es wahr.
Ihr Kopf zuckte nach recht s – in die Richtung, in der ihr einziger Fluchtweg lag.
Als er sich in Richtung Eingang bewegte, erkannte sie sofort, was er vorhatte: Er wollte sie hier einsperren, genau wie die anderen. Sie grub ihre Zehen in das Geröll und legte all ihre Kraft in den Angriff.
Sie war schnell für eine Walküre, aber trotz des Fluches schlug er sie. Sobald er in der Sonne stand, blickte er nach oben. Sie hatte noch eine Chance zu entkommen, bevor er die Felsen herabprasseln ließ …
Mit einem hässlichen Grinsen griff er in die Tasche seiner Jeans. Furcht überkam sie. Er holte die Diamanthalskette hervor. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich gegen derartige Versuchungen zu wappnen, zu trainiere n …
Das Schmuckstück glitzerte in der Sonne, sprühte blau-weiße Lichtpunkte in alle Richtungen. Ich habe ihm meine Schwäche offenbart, sie ihm auf dem silbernen Tablett präsentiert. Bezauberndes Licht, scheinbar endlo s …
Er warf die Kette in ihre Richtung. Sie nur einmal berühre n … Es gelang ihr nicht, den Blick abzuwenden, während sie durch die Luft flog, bis sie zu ihren Füßen auf dem Geröll landete. Sie erstarrte, gebannt, fiel auf die Knie, als ob sie dieses atemberaubende Schmuckstück anbeten wollte. So etwas Wunderschönes durfte nicht im Dreck liegen bleiben. Das nicht. Sie hob es mit beiden Händen auf und fuhr liebevoll mit den Daumen über die Steine.
Sie hörte Bowen draußen arbeiten, seine gälischen Flüche, hörte, wie seine Klauen über die Felsen kratzten, als er versuchte, sie aus der Wand zu lösen. Aber sie schaffte es nicht, ihre Augen loszureißen.
Nicht ehe sich die Höhle mit lautem Krachen verdunkelte und das Glitzern aufhörte.
Als Sebastian Kaderin an diesem Morgen verließ, hatte sie friedlich geschlafen. Er hatte sich dann wie immer in ihre Wohnung transloziert, um zu duschen und zu trinken.
Während er sich ankleidete, dachte er darüber nach, dass er im Lauf der letzten Woche keinen erkennbaren Fortschritt mit Kaderin gemacht hatte. Schon allein aus diesem Grund musste er unbedingt nach Blachmount, denn bislang hatte er eine Quelle ignoriert, die er dringend benötigte: Sein Bruder war immerhin mit einer Walküre verheiratet. Einer, die mit Kaderin blutsverwandt war. Wo sonst käme er leichter an die
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