Lady Sunshine und Mister Moon
passiert sein!
„Ich bin sicher, dass du recht hast“, pflichtete sein Onkel ihm bei. Allein diese ernsthafte Haltung sorgte dafür, dass Nik sich nicht länger ängstlich, sondern schon viel sicherer fühlte. Vor allem als Wolf ihm die warme Hand sanft auf die Stirn legte und ihn mit einem aufrichtigen Blick bedachte. „Aber selbst wenn da etwa sein sollte – je eher sie es finden, desto eher können sie dich heilen. Wenn die Ärztin also meint, du bräuchtest eine Computertomografie, dann brauchst du eine. Sie ist diejenige, die acht Jahre lang Medizin studiert hat. Nicht du oder ich.“
„Aber …“
„Kein Aber. Es wird nicht wehtun, und es ist klug, so etwas zu machen. Und du hast deine guten Noten schließlich nicht, weil du dumm bist.“
„Okay. Aber du bringst mich nach Hause, sobald diese Untersuchung vorbei ist.“ Das war alles, was er im Moment wollte.
„Wenn die Ärztin damit einverstanden ist. Carly und ich werden nirgendwohin gehen, bis wir dich wieder mitnehmen können.“
Wolf neigte seinen Kopf an Niks Ohr. „Und wegen der Geschichte von vorhin“, flüsterte er. „Es tut mir leid. Ich hätte dir sagen sollen, dass ich den Job nicht …“
„Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle: Ich bin Mike.“ Ein junger Mann, der von den Handgelenken bis zum Bizeps tätowiert war, kam ins Zimmer und blieb vor Niks Bett stehen. Er beugte sich hinunter, um die Bremsen zu lösen, während Nik auf die dollargroßen Löcher in den Ohrläppchen des Pflegers starrte. Das sah nicht gerade aus wie das angenehmste Modebekenntnis der Welt. „Bist du fertig, Kumpel?“ Er begann Nik aus dem Zimmer zu fahren.
Obwohl Nik alles wehtat, drehte er sich nach seinem Onkel um. „Ihr seid noch da, wenn ich zurückkomme, oder?“
„Natürlich“, antwortete Wolf ernst, und befreite Nik damit von der letzten Angst, er könnte zurückkommen und wieder allein sein.
Er atmete hörbar aus. „Na gut.“ Bis vor wenigen Minuten hatte Nik nicht gewusst, wie sehr ihm Onkel Wolf in den letzten Wochen ans Herz gewachsen war. Aber er bedeutete ihm viel – er bedeutete ihm alles. Sein Onkel war zuverlässig und unaufdringlich, und er war immer da. Und Nik wusste, dass er sich auf das, was er sagte, verlassen konnte.
Er hatte allerdings keine Ahnung, wie er das jemals in Worten ausdrücken sollte. Und er wusste ganz gewiss nicht, wie er sich angemessen für all die Dinge, die er angerichtet hatte, entschuldigen sollte. Dafür, dass er Wolfs Auto gestohlen und es zu Schrott gefahren hatte. Und dafür, dass er gebrüllt hatte, dass er ihn hassen würde, obwohl das doch überhaupt nicht der Wahrheit entsprach. Also ließ er es dabei bewenden, Onkel Wolfs Blick zu erwidern, während der tätowierte Pfleger ihn aus dem Zimmer schob. Den Gedanken, Las Vegas zu verlassen, hasste Nik zwar immer noch, aber trotzdem …
„Vielleicht ist es gar nicht so schlimm in Ohio“, sagte er, kurz bevor die Tür sich schloss. „Solange du da bist.“
Dann sah er Mike an und sagte: „Lassen Sie es uns hinter uns bringen. Ich möchte nach Hause.“
„Oh, Carly. Verfluchter Mist.“
Als sie Wolfgang auf die geschlossene Tür starren sah, brach es Carly fast das Herz. Der Schock, seine hilflose Liebe, seine Hoffnung – all das spiegelte sich in seinem Gesicht wider. Sie trat hinter ihn, als er den Kopf in den Händen barg, und streckte ihre Hand aus, um ihm über die Schulter zu streichen.
„Siehst du?“, sagte sie sanft, während sie mit den Daumen seine verkrampften Schultern bearbeitete. „Er liebt dich.“ Der Gedanke daran, dass Wolf – dass beide Jones-Männer – sehr bald die Stadt verlassen würden, steckte wie ein Splitter in ihrem Herzen. Aber sie ignorierte den Schmerz, so gut es ging. „Ich möchte nie wieder hören, dass du dich als lausigen Onkel bezeichnest, hörst du?“
Die Krankenschwester steuerte zur Tür. „Falls Sie Hilfe benötigen, wenn Ihr Neffe zurückkommt, klingeln Sie einfach“, sagte sie, bevor sie stehen blieb, um Wolf und Carly anzusehen. „Wissen Sie, ich habe hier schon eine Menge lausiger Eltern erlebt. Und Sie gehören ganz sicher nicht dazu, das können Sie mir glauben!“ Damit verließ sie das Zimmer.
„Siehst du?“, lächelte Carly. „Damit schließe ich mein Plädoyer.“
Sie konnte zusehen, wie Wolf sich wieder sammelte. Er ließ seine Hände sinken, straffte seine Schultern und wirbelte herum, um sie anzusehen. Doch statt sich auf das zur Diskussion stehende Thema zu beziehen,
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