Land Spielen
wir zu ihnen gehören wollen, dass wir alles falsch machen, dass wir spinnen, dass wir alles von Hand machen, dass wir Land spielen, ausgerechnet hier, wo sie arbeiten müssen. Wir haben uns fürs Land entschieden, sie haben keine andere Wahl. Die Felder, die sie geerbt haben, sind zu klein, ihre Schufterei bringt wenig ein, sie bräuchten mehr Freizeit, mehr Land, mehr Kühe, mehr Geld, aber niemanden, der sie schlecht imitiert.
Stumpen werden angezündet, gesagt wird nichts. Die Dorfstraße eingenebelt von den schweigenden Stumpenrauchern, wir im Pollentanz, ein Fest für Groß und Klein, drei Tage lang.
Drei Tage später ist die Sensenmusik verstummt, aber zu tun und zu schauen gibt es noch reichlich. Wir ziehen unsere Rechen über das Stoppelgras, türmen die ausgedorrten Grashalmleichen aufeinander, wir stechen mit den Heugabeln in den Heustapel, stapeln das Heu um und auf das ausgebreitete Netz. Anleitungen gab es keine im Dorfladen, aber ein Buch weiß Rat: Man muss den Stapel groß genug machen, dann die Enden des Netzes über dem Stapel in die Mitte bringen, die Seilenden durch die Holzschiffchen ziehen. Das hält, das lässt sich später von den Netzöffnern wieder öffnen. Aber erst muss der Netzträger die Sennenkutte anziehen, muss die Kapuze hochziehen, wir wollen uns nicht den Nacken zerstechen.
Aus dem Stumpennebelmeer von der Straße her er„klingt ein raunendes Murren, als unser Netzträger vor dem großen, rund geschnürten Netz in die Knie geht, als er den Rücken dagegendrückt, als er ins Netz greift, es festhält und aufsteht. Atlas mit unserer neuen Welt auf der Schulter. Das Murmeln und Husten und Ascheabklopfen ist unser Applaus, wir umringen Atlas, lobpreisen seine Stärke, unser erster Ballen Heu wird wie eine Trophäe nach Hause getragen, nach Hause in die Scheune, an der eine große Leiter steht. Der Netzträger ist schwindelfrei, nur eine Hand ist noch am Netz, die andere an der Leiter, er nimmt Sprosse für Sprosse, wir jubeln ihm zu, immer hastiger und atemloser ziehen die Dorfbewohner an ihren Stumpen, bald ist der Akrobat oben, bald heißt es das große Netz in die kleine Luke unter dem Scheunendach zwängen. Die Stumpenwolke wird größer und größer, der Sommer hält den Atem an.
Das erste Geräusch, das wieder zu hören ist, stammt vom Heunetz, das im Scheuneninnern auf die noch leere Heubühne fällt. Ein knisternder Doppelschlag, es ist vollbracht.
Wir empfangen den Heuträger am Fuße der Leiter, die Kleineren von uns werden in die Scheune geschickt, mit geschickten Fingern müssen die Schiffchen wieder aus den Schlingen gezogen werden, das Netz wird ausgebreitet, Heugabeln stechen in den Heustapel, das Heu wird aufs Neue verteilt, diesmal auf dem nackten Holzboden der Heudiele. Jeder Grashalm soll etwas Luft bekommen und das restliche Wasser hergeben, das er bis jetzt in sich trug, nichts darf faulen, damit wir im Winter, wenn die Tiere da sind, leckeres Futter haben. Damit die Tiere kräftig und wohlgenährt werden. Damit wir sie erst streicheln und dann schlachten können. Leckere Würste gehören zum Landleben mit dazu.
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Wir sind wir. Wir sind zu fünft. Wir sind der Größe nach: Moritz, Vera, Ralf, Fabian, Ada. Wir werden fünfeinhalb. Fünf reicht. Aber wir werden fünfeinhalb. Aber dazu später.
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Unser Haus ist abgelegen. Wie alle Häuser hier abgelegen sind und verstreut über die Wiesen. Abgelegen ist die ganze Gegend, die »hier hinten« heißt, das Dorf eingekesselt von Hügeln und Bergen und nicht wirklich ein Dorf, eine Streusiedlung, ein Flecken höchstens, nicht mehr lange und es wird zusammengelegt mit dem Nachbardorf, dem angrenzenden Flecken, in dem wenigstens eine Fabrik und das Altersheim stehen. Aber auch das Nachbardorf ist abgelegen, es heißt »da vorne«. »Hier hinten« geht man »ins Dorf«, wenn man zum Dorfladen geht oder einen trinken, der Dorfkern, das sind das Gemeindehaus und der Hirschen und dahinter die Brücke über dem Dorfbach. Aber wenn der Hirschen woanders stünde, wäre auch der Kern an einem anderen Ort.
Im Hirschen pafft man Stumpenwolken und haut auf Tische, bestellt noch eine Runde. Wir sehen das Licht, wir hören die Stimmen, wir gehen am Hirschen vorbei und über die Dorfbachbrücke und dann erst die Straße und dann den Weg entlang zu unserem neuen Zuhause, wo wir zu Hause sind. Wir sind wir, wir sind uns einig, wir sind eins, haben uns geeinigt, dass wir uns genügen. Nebelmeere interessieren uns nicht, schon gar
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