Latin Lover verzweifelt gesucht
laut gesagt hatte.
“Hey.” Er griff ihr unters Kinn und hob es an. “Alles klar mit dir?”
Sie nickte schniefend. “Natürlich.”
Zärtlich wischte er ihr eine weitere Träne ab. “Na, wie ist es? Bist du bereit für den üblichen Trennungsausflug?”
“Dafür lebe ich.”
“Okay, dann fahr hinter mir her. Ich habe etwas Neues entdeckt.”
Kyra sah ihm nach, als er mit federnden Schritten zu seinem Wagen ging. Groß, mit breiten Schultern, schmalen Hüften und pechschwarzem, glänzendem Haar war Michael Romero ein ungemein attraktiver Mann. Zudem wusste sie, dass er einen guten Schuss Indianerblut in den Adern hatte, was ihm einen exotischen Anstrich verlieh.
Er blieb neben seinem Auto stehen, wandte kurz den Kopf, und sie bewunderte sein markantes Profil, das sich gegen den Abendhimmel abhob. Sie schnappte nach Luft, bevor sie schluckte.
Er ist dein bester Freund, ermahnte sie sich.
Michael legte Kyra die Hand an den Rücken und schob sie vor sich her in den kleinen Buchladen. Gleich, als er ihn entdeckt hatte, hatte er gewusst, dass sie davon begeistert wäre. Und er sollte recht behalten. Während sie mit großen Augen die vollgestopften Regale bewunderte, die fast jeden Zentimeter des Raumes einnahmen, schien sie Holsom und das Auseinanderbrechen einer Beziehung, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen war, vergessen zu haben.
“Oh”, meinte sie fast andächtig. “Wie herrlich.”
“Ich dachte mir schon, dass es dir gefallen würde”, sagte er und schaute auf seine Uhr. “Ich gebe dir genau eine halbe Stunde Zeit.”
Sie stöhnte.
“Na gut, fünfundvierzig Minuten. Sonst gehe ich ohne dich.”
Sie strahlte ihn an und gab ihm einen Kuss auf die Wange, ohne zu wissen, welch einen Aufruhr der Gefühle sie damit bei ihm auslöste. “Du würdest niemals ohne mich gehen.” Schon war sie zwischen den Regalen verschwunden.
Michael folgte ihr und verfluchte sich dafür, dass er sich wie Kyras guter Freund benahm, obwohl er sich immer mehr wünschte, er wäre ihr Liebhaber.
“Hast du das schon gelesen?”, fragte sie ihn, als er bei ihr angekommen war, und zog ein Buch heraus.
Er schüttelte den Kopf. “Nein. Werde ich auch nicht.”
Sie lächelte geheimnisvoll und sagte: “Dann weißt du nicht, was dir entgeht.”
Das ist ja das Problem, dachte er, und sein Blick heftete sich unwillkürlich auf ihren lächelnden Mund. Er wusste sehr wohl, was ihm entging.
Kurz entschlossen nahm er ihr das Buch aus der Hand, stellte es ins Regal zurück und ging weiter.
Nein, nein und nochmals nein. Auch wenn die Versuchung groß war, durfte er nicht zulassen, dass sich ihre Beziehung in diese Richtung entwickelte. Dafür war ihm ihre Freundschaft inzwischen viel zu wertvoll.
Als Kyra in seiner Firma angefangen hatte, war er zu der Zeit gerade gebunden gewesen, sonst hätte sich womöglich schon damals eine Liebesromanze zwischen ihnen entwickelt. Manchmal bereute er es, dass es nicht so weit gekommen war, doch dann war er wiederum froh darüber. Denn das Chaos, das aus einer Affäre unweigerlich entstanden wäre, hätte mit Sicherheit dazu geführt, dass sie nicht nur die Firma verlassen, sondern dass er auch die bisher für ihn wichtigste Beziehung in seinem Leben verpasst hätte.
Als Einzelkind, dessen Mutter aus Peru und dessen Vater aus Spanien stammte, verbrachte er viel Zeit damit herauszufinden, wer er wirklich war. Und auch wenn Kyra ihm bei dieser Suche nicht unbedingt half, so bestand sie zumindest darauf, dass er diese Suche hin und wieder vergaß. Und dafür würde er ihr ewig dankbar sein. Sei einfach du selbst, sagte sie ihm immer wieder, du bist niemandem Rechenschaft schuldig. Und so empfand er auch. Jedenfalls dann, wenn er mit ihr zusammen war.
Meistens. Jetzt blickte er auf die Uhr und überlegte, um wie viele Minuten sie sein Zeitlimit überschreiten würde.
“Tick, tack”, sagte Michael hinter Kyra.
Sie schaute auf, sah, dass er auf seine Uhr tippte, und nickte. Dann lief sie weiter am Regal entlang, wobei sie mit dem Finger über die einzelnen Buchrücken strich. Schließlich blieb sie stehen und holte tief Luft. Sie liebte den Geruch von Büchern. Und nicht nur das. Eigentlich liebte sie alles, was mit Büchern zusammenhing. Das Rascheln, wenn man sie durchblätterte, den dumpfen Laut, wenn man sie zuschlug, die bunte Vielfalt der Einbände. Ob Romane, Sachbücher, Gedichtbände oder obskure literarische Raritäten, der Text zwischen den Buchrücken war
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