Latin Lover verzweifelt gesucht
1. KAPITEL
Lektion 1: Mut zur Veränderung
Verflixt, woran lag es nur, dass diese Frau ihm immer wieder die Ruhe raubte?
Michael Romero rieb sich nachdenklich den Nacken und beobachtete Kyra White, die zwei Tische von ihm entfernt saß. Sie waren in der Lolita-Bar, einem beliebten Lokal in Tampa, Florida, das hauptsächlich von den Angestellten der umliegenden Firmen besucht wurde. Dazu gehörte auch das Architektenbüro, in dem sowohl er als auch Kyra arbeiteten. Er war einer der vier Inhaber, während sie die Buchführung machte. Als sie vor vier Jahren bei “Fisher, Palmieri, Romero und Tanner” angefangen hatte, waren ihr während der ersten Woche eine Reihe kleiner Fehler unterlaufen, und seine Partner hatten sie wieder entlassen wollen. Doch Michael hatte erkannt, wo das Problem lag – in ihrer Angst, den Job nicht gut genug zu machen –, und hatte sich ein wenig um sie gekümmert. Worüber er jetzt froh war, denn sie hatte sich als eine hervorragende Kraft entpuppt. Und es hatte nicht lange gedauert, bis sie die besten Freunde wurden, was ihn in seine derzeitige heikle Lage versetzte. Nämlich, dass er eine Frau begehrte, die für ihn tabu war.
Aber Kyra hatte auch etwas an sich, das ihn von Tag zu Tag mehr faszinierte, während sie nicht die leiseste Ahnung hatte, in welche Richtung seine Gedanken gingen.
Erschwerend kam hinzu, dass sie wieder einmal mit einem dieser Trottel zusammen war, mit denen sie sich ständig umgab. Doch aus einem unerfindlichen Grund hielten diese Beziehungen nie lange. Sein Blick glitt über ihr langes braunes Haar, ihr schönes Gesicht und ihre schlanke Figur, die sie unter einem weiten Rock und einer viel zu großen Bluse verbarg. Merkwürdig, wenn er mit ihr allein war, wurde er selten von erotischen Gedanken heimgesucht. Dann war sie für ihn nur seine beste Freundin, voller verrückter Ideen und bereit, selbst über seine dümmsten Witze zu lachen.
Doch in Augenblicken wie diesem überlegte er, ob der Typ, mit dem sie dort am Tisch saß, überhaupt ahnte, wie glücklich er sich schätzen konnte, seinen Mund auf diese vollen rosafarbenen Lippen pressen zu dürfen, und ob er überhaupt die leiseste Ahnung hatte, wie man eine Frau wie sie behandelte – wie man sie an den richtigen Stellen berührte, sie streichelte, bis ihr Atem stoßweise kam und ihr Körper sich auf dem Höhepunkt aufbäumte.
Oh, verdammt.
Michael löste den Blick von Kyra und musterte jetzt Trottel Nummer … wie viel? Irgendwann hatte er aufgehört, ihre Liebhaber zu zählen. Wann war das gewesen? Bei Typ Nummer zehn? Aber seitdem hatte es noch den einen oder anderen Mann in ihrem Leben gegeben. Er würde diesen hier einfach als Nummer dreizehn bezeichnen. Craig Holsom, ein aufstrebender junger Anwalt, wirkte äußerst selbstgefällig, aber auch attraktiv, das musste der Neid ihm lassen. Kyra ging inzwischen seit drei Wochen mit ihm aus. Ein Rekord für ihre Verhältnisse. Im Moment schien Holsom allerdings nur Augen für eine wohlproportionierte Kellnerin hinter dem Tresen zu haben. Michael ballte die Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte er Holsom einen Schlag ins Gesicht verpasst.
Frustriert griff er stattdessen nach seiner Bierflasche und nahm einen großen Schluck. Er hätte nach der Arbeit heimfahren sollen, statt mit Kyra in die Lolita-Bar zu gehen. Vor allem, da er gewusst hatte, dass sie sich mit Holsom hier treffen würde. So war ihm nichts anderes übrig geblieben, als sich bei den beiden zu entschuldigen und sich an einen anderen Tisch zu setzen. Heute war die Entschuldigung eine nicht existierende Verabredung gewesen, denn schon vor zwei Stunden war er von Jennifer Polansky versetzt worden, weil sie Überstunden machen musste. Sie hatte die Verabredung verschieben wollen, doch da er nicht sonderlich interessiert war, hatte er sie auf später vertröstet.
Michaels Blick glitt wieder zu Kyra. Er hatte bereits herausgefunden, dass das, was er für sie empfand, zum Teil aus seinem Bedürfnis heraus entstand, sie zu beschützen. Es gab ihm Befriedigung, zu wissen, dass er sie besser als sonst jemand kannte – abgesehen vielleicht von ihrer Schwester Alannah. Er bewunderte ihre Stärke, seitdem er wusste, dass sie in einer schäbigen Zweizimmerwohnung in einem Vorort von Memphis aufgewachsen war und ihre Eltern früh verloren hatte. Bereits mit zehn Jahren hatte sie arbeiten müssen – Babysitting, Hunde ausführen, Zeitungen austragen. Und später hatte sie gekellnert, damit sie und
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