Leben im Käfig (German Edition)
Rausch der Sinne und göttlicher Vereinigung auf mentaler und körperlicher Ebene hatte der Sex nichts zu tun gehabt. Schlussendlich ließ sich am besten sagen, dass es eine sehr eigenartige Erfahrung gewesen war.
Und nun war Andreas verschwunden.
Gähnend stand Sascha auf und fragte sich, ob er ein Arschloch war, weil er hoffte, dass die Abwesenheit seines Freundes kein Vorzeichen für das nächste Missverständnis war. Sein Kreislauf kam nur langsam nach, als er lediglich mit seiner Jeans bekleidet ins Bad ging, um sich gründlich den Mund auszuwaschen.
Schmerzen beim Gehen hatte er nicht. So viel zum Klischee des homosexuellen Mannes, der nach einer wilden Nacht breitbeinig durch den Tag eierte. Aber vielleicht hatten sie es ja nicht richtig gemacht.
Im schmalen Flur vor Andreas' Zimmer blieb er stehen. Die Villa war still. Es war ihm unangenehm, allein nach unten zu gehen. Erst, als er es in der Küche rumoren hörte – und sein Magen das Geräusch mit leisem Grollen erwiderte -, betrat er die Treppe und wagte sich nach unten. In seinem Kopf erschienen Szenarien von Eltern, die unerwartet früh nach Hause gekommen waren und ihn halb nackt in ihrem Haus erwischten.
Als er das Erdgeschoss erreichte, wurde er wirklich überrascht. Aber es war nur Ivana, die aus der Küche kam und mit dem linken Ärmel ihres Wintermantels kämpfte. Ein gemustertes Kopftuch bedeckte ihre kurzen Haare und ließ sie älter wirken, als sie in Wirklichkeit war.
Saschas Herz machte einen Satz vorwärts, bevor er sich daran erinnerte, dass die stille Haushälterin längst Bescheid wusste. Dennoch blieb die Begegnung peinlich. Wer stand schon gerne mit bloßer Brust vor einer so viel älteren Frau?
„Ähm ... guten Morgen“, grinste er schief und scharrte wie ein kleiner Junge mit dem Zeh über die Fuge zwischen den Fliesen.
Ivana lächelte zaghaft zurück und warf einen Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk: „Morgen? Es ist fast zwei Uhr.“
„Oh.“
„Ich habe euch eine Kleinigkeit zum Essen in die Küche gestellt.“
„Hat Andreas auch noch nicht gefrühstückt?“, wollte Sascha wissen.
Ihm war ein wenig mulmig zumute. Verdammt, die letzten Tage hatten wirklich an seinen Nerven gezerrt, wenn er sich verzweifelt wünschte, keinem weiteren Stress ausgesetzt zu werden. Sein Nervenkostüm gab sonst mehr her. Aber er konnte nicht anders: Wenigstens hier wollte er seine Ruhe haben. Wenn schon nirgendwo sonst.
Ein zärtlicher Ausdruck huschte über Ivanas Gesicht: „Nein, er wollte auf dich warten. Und dich ausschlafen lassen.“
Bemüht, ein dummes Grinsen zu unterdrücken, nickte Sascha und fragte: „Wo steckt er denn?“
Trotz mangelnder Bekleidung war ihm auf einmal sehr warm. Er war erleichtert. Das roch nicht nach Ärger.
„Er trainiert.“
„Ohne Frühstück im Bauch?“
Ivana lachte leise: „Sicher. In gewissen Beziehungen kennst du ihn doch noch nicht so gut.“ Sie schloss die Knöpfe ihres Mantels. „Einen angenehmen Tag euch beiden. Ich gehe jetzt.“
„Schönen Feierabend.“
Die Haustür war noch nicht hinter der Haushälterin ins Schloss gefallen, als Sascha schon auf dem Weg in den Keller war.
Zwei Uhr. Und Andreas hatte gewollt, dass er ausschlief und zur Ruhe kam. Das machte die Enttäuschung, allein aufgewacht zu sein, hundertfach wett. In Ermangelung eines Wortes, das nicht nach romantischer Frauen-Schmonzette klang, entschied Sascha, das Handeln seines Freundes nicht mit Adjektiven zu entwerten und freute sich über die Rücksichtnahme.
Der Fitnessraum roch nach Gummi und milde nach kaltem Schweiß, als Sascha eintrat. Andreas lag ausgestreckt auf einer Hantelbank und hob gleichmäßig zwei Gewichte an. Sein blaues T-Shirt zeigte dunkle Flecken unter den Armen und am Bauch. Saschas Blick wanderte lüstern über den schmalen Streifen Haut zwischen Oberteil und Shorts. Er konnte nichts dagegen tun, aber wer wollte ihm das verübeln? Immerhin lag sein Freund vor ihm auf dem Rücken und pumpte wie ein Maikäfer, während man das Spiel seiner Muskulatur bewundern konnte. Es war ein Urinstinkt, ihn in einem hormongesteuerten Winkel des Gehirns ausziehen und über ihn herfallen zu wollen.
Andreas schnaufte und ließ die Hanteln krachend zu Boden fallen, als Sascha sich ihm näherte und sich ihm gegenüber breitbeinig auf die Bank setzte.
„Hier steckst du also“, begrüßte er seinen Freund.
Andreas dehnte sich ausgiebig, bevor er sich mit einer fließenden Bewegung aufsetzte und auf
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