Ledig...Geschieden...Verwitwet Tine (Ledig ...Geschieden...Verwitwet Band 1) (German Edition)
beim Freiluft-Pinkeln erwischen, scheint gefruchtet zu haben.
„Franka?“
Ich reagiere erst, als Ansgar mich das zweite Mal mit (falschem) Namen anspricht. Seit 37 Jahren werde ich Tine gerufen, also bitte ein wenig Verständnis.
„Wenn du willst, dann tauschen wir die Plätze und du kannst dich für den Rest der Strecke auf der hinteren Bank lang machen.“
Wow, wie nett. Der Vorschlag ist wirklich verlockend, denn nach zwölf Stunden Bus-Marathon, schmerzt mein Rücken schon gewaltig. Tine würde gern annehmen, aber Franka lehnt ab. Das hätte das Original auch getan. Nie und nimmer würde Frau Carstensen eine Schwäche gegenüber dem vermeintlich stärkeren Geschlecht zugeben. Wieder grinst er mich an. Irgendwie frech, aber auch geheimnisvoll. Ich kann seinen Blick nicht deuten. Ich nehme den Doktor jetzt genauer ins Visier. In seiner verwaschenen Jeans und seinem kurzärmeligen Shirt wirkt er recht jugendlich. Ich schätze ihn auf Anfang vierzig und ich frage mich, in welchem Fach er wohl promoviert hat. Aber die Zeit für Nachfragen ist abgelaufen. Es geht weiter. Noch fünf Stunden. Dann haben wir endlich die letzte Etappe überstanden und das Ziel erreicht.
Viel kann ich von der Umgebung nicht erkennen. Wir kommen im Dunklen an. Das Château wird von zahlreichen Strahlern von außen beleuchtet und ich sehe kleine Türme, deren Spitzen in den schwarzen Nachthimmel ragen. Romantik pur und ich bin hellauf begeistert. Um das Gepäck kümmern wir uns selbst. Ich folge dem Tross zur Rezeption und erhalte einen Schlüssel für Zimmer 106. Wegen unserer Verspätung gibt es kein warmes Essen mehr, aber auf den Zimmern steht eine Kleinigkeit für uns bereit, erklärt uns der Patron. Mir nur recht. Ansgar verabschiedet uns mit dem Hinweis, dass wir uns um sieben Uhr zum Frühstück treffen. In meinem Zimmer riecht es nach Käse, der unter einer Glashaube mit Früchten und Brot auf seinen Verzehr wartet. Ich stelle die stinkende Komposition auf den Balkon und gehe nach einer heißen Dusche sofort ins Bett. Meinen Wecker habe ich auf sechs Uhr gestellt. Es wird nur eine kurze Nacht. Völlig erledigt schlafe ich ein
Pflücker oder Träger
Wie immer bin ich überpünktlich. Schon um viertel vor sieben trinke ich allein meinen ersten Kaffee und stelle mir aus Obst, Jogurt und den ofenwarmen Backwaren ein leckeres Frühstück zusammen. Fred und Gernot setzen sich wenig später zu mir an den Tisch. Die beiden sind verkatert, denn sie haben die Flasche Begrüßungswein, die zum Käse gereicht wurde, noch ausgetrunken. Statt wie gewohnt um diese Zeit einen Blick in die Morgenzeitung zu werfen, lese ich das Programm, das Ansgar auf allen Tischen ausgelegt hat.
Tag 1
7.00 Uhr Frühstück
7.30 Uhr Packen
Verbringen der Koffer an die Rezeption
8.00 Uhr Treffen auf dem Hof in legerer Kleidung Achtet auf geeignetes Schuhwerk für die anstehende Wanderung durch die Weinberge
12.00 Uhr Mittagessen mit anschließender Aufgabenverteilung
Wie bitte? Wir sollen unsere Koffer packen? Warum denn das? Vermutlich wird es eine Rundreise und wir übernachten in unterschiedlichen Châteaus. Auch nicht übel, obwohl es mir hier bereits richtig gut gefällt.
Mit legerer Kleidung kann ich dienen. Allerdings Wanderstiefel habe ich nicht eingepackt. Warum auch. Ich hasse lange Spaziergänge. Meine Leder Sneakers werden wohl für einen kurzen Gang reichen. Als ich meinen Koffer abgebe und anschließend auf den Hof trete, glaube ich meinen Augen nicht zu trauen. Meine Elf plus Trainer stehen in professioneller Outdoor Kleidung vor mir, so, als wenn sie von Jack Wolfskin für eine Werbeaufnahme gebucht worden wären. Meine albernen Versicherungs-Fuzzis haben sich in echte Männer verwandelt. Ob meine Vermutung stimmt, wird sich noch zeigen, meint Ansgar und grinst. Er will wissen, wo ich meinen Rucksack habe. Meinen Rucksack? Ich besitze gar keinen. Ich antworte ihm nur mit einem fragenden Blick.
„Alles klar. Du bist also Pflücker.“
Ich verstehe kein Wort und laufe bereits in der dritten Stunde wie ein dummes Schaf der Herde hinterher, ohne zu wissen, wohin es geht, was der ganze Quatsch soll und frage mich, warum ich mir dieses Abenteuer überhaupt antue. Meine Vorstellung von Urlaub sieht deutlich anders aus. Lange schlafen, ausgiebig frühstücken, dann aufs Sofa und ein Buch lesen. Mittags in der City eine Kleinigkeit essen. Nachmittags ein Möbelstück frisieren und abends ins Kino oder in die Stammkneipe ums Eck. Ich
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